Erst die Götter, dann das Volk Japans Kaiser wendet sich zum letzten Mal an seine Nation

30.4.2019

Japans Kaiser Akihito hat sich von den Göttern des Landes verabschiedet, dann vom Volk. 30 Jahre lang sass er auf dem Chrysanthementhron der ältesten Erbmonarchie der Welt. Jetzt beginnt eine neue Ära.

Japans Kaiser Akihito hat sich ein letztes Mal an seine Nation gewandt. Er danke seinem Volk aufrichtig für die Unterstützung in seiner Rolle als Symbol des Staates, sagte der 85-jährige Monarch bei der Abdankungszeremonie in seinem Palast.

Letzter Auftritt als Tenno

Er und seine Gemahlin, Kaiserin Michiko, wünschten sich, dass die am Mittwoch beginnende neue Ära «Reiwa» (schöne Harmonie) unter seinem ältesten Sohn Naruhito «stabil und fruchtbar» werde. Formal dankt Akihito um Mitternacht (17 Uhr MESZ) ab.

Er habe während seiner 30-jährigen Regentschaft namens «Heisei» (Frieden schaffen) seine Pflichten als Kaiser mit tiefem «Vertrauen in und Respekt für die Menschen» wahrgenommen. Er betrachte sich als äusserst glücklich, dazu in der Lage gewesen zu sein, sagte der im Volk beliebte Akihito.



Es war seine letzte Botschaft (O-Kotoba) als Tenno. Fortan wird Akihito ein Privatmann sein. Der Tradition nach bleibt ein Kaiser in der ältesten Erbmonarchie der Welt eigentlich bis zu seinem Tode im Amt. Der bislang letzte Monarch, der abdankte, war Kaiser Kokaku 1817. Akihito hatte im Sommer 2016 in einer seltenen Botschaft an sein Volk deutlich zu erkennen gegeben, angesichts seiner nachlassenden Kräfte zurücktreten zu wollen. Das Parlament erlaubte ihm dies per Sondergesetz. Für Naruhito gilt wieder die alte Regel.

Zuerst die Götter

Vor seiner letzten Amtshandlung als Tenno hatte Kaiser Akihito am Vormittag (Ortszeit) den Göttern des asiatischen Inselreiches seine Abdankung angekündigt. Zu den tief religiösen Riten in den drei Schreinen seines Palastes in Tokio erschien der Monarch in der modernen Version einer jahrhundertealten höfischen Tracht aus goldbrauner Robe und hoch aufragender schwarzer Kopfbedeckung. In den Heiligtümern der japanischen Ur-Religion Shinto wird unter anderem die Sonnengöttin Amaterasu Omikami verehrt. Den Mythen nach sind die japanischen Kaiser unmittelbare Nachfahren von Amaterasu Omikami.

An der kurzen und einfachen Zeremonie zur Inthronisierung seines Sohnes Naruhito am Mittwoch wird Akihito nicht mehr teilnehmen. Laut der japanischen Nachkriegsverfassung hat der Kaiser keinerlei politische Macht, sondern ist nur ein Symbol der Einheit der Nation.

Akihito war der erste Repräsentant eines moderneren, dem Volke näheren Hofes. Als Kronprinz hatte er 1959 mit der fast 2'000 Jahre alten Hoftradition gebrochen und mit der Unternehmertochter Michiko Shoda eine Bürgerliche geheiratet. Zwar darf sich Japans Kaiser zu politischen Fragen nicht äussern. Dennoch wurde Akihito zum Verfechter der pazifistischen Nachkriegsverfassung. Trotz seiner eigenen angeschlagenen Gesundheit setzte er sich mit Michiko für die Opfer von Katastrophen ein, spendete den Menschen Trost und machte Mut.

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