Interview «Kein Zweifel: Harry wird nie in der wirklichen Welt ankommen»

Von Gil Bieler

21.1.2020

Vom Brexit zum Megxit – diese Dramen seien Balsam für die britische Volksseele, sagt Shane Norton. Der in Zürich lebende britische Comedian würde Harry und Meghan in Zukunft gern in einer Sitcom sehen. 

Herr Norton, erst der Brexit, jetzt auch noch der Megxit – was stellen diese Dramen mit der britischen Seele an?

Oh, sie geben unseren Seelen Nahrung! Wir lieben ein gutes Drama, einen Konflikt – eigentlich jeden Grund, uns in eine Kontroverse zu stürzen und zu vergessen, dass wir in einem verregneten Land mit bröckelndem Wohnungsbestand und verblassender historischer Grösse leben.

Sind Sie eigentlich froh um den Schritt von Harry und Meghan? Immerhin gibt es jetzt endlich ein neues Gesprächsthema statt des ewigen Brexits.

Zur Person

Shane Norton stammt aus Essex – wo «die Aargauer von England» leben, wie er findet. Seit zehn Jahren lebt er in Zürich. Als Comedian tritt er regelmässig auf, meist bei den von ihm organisierten Comedy-Kiss-Shows. Nächste Termine: am 29 Februar und 1. März in Basel und Zürich mit dem kanadischen Komiker Craig Campbell. 

Ja, es ist grossartig zu sehen, dass Menschen von solcher Statur meine Entscheidung, das Vereinigte Königreich zu verlassen, bestätigen. Plus: Ich liebe alles, was veraltete Einrichtungen stört, wie zum Beispiel ein asiatisches Restaurant im Appenzellerland.

Glauben Sie, Harry kann in der realen Welt bestehen?

Ich habe keinen Zweifel daran, dass ein Mann seiner Privilegienstufe niemals in der wirklichen Welt ankommen wird.

Der royale Titel ist nun futsch. Welche Jobs trauen Sie den beiden denn zu?

Harry hat schon eine grosse Liebe für Kostüme und Striptease bewiesen. Auf dem Markt gibt es immer einen Platz für Männer mit diesen Vorlieben. Was Meghan betrifft, sie hat echten Charme, Schönheit und Geschick ... – ich würde sie bezahlen, nur damit sie mit mir in einem Raum sitzt. Ansonsten sehe ich grosses Potenzial für eine neue Sitcom, in der Meghan Harry über die reale Welt unterrichtet und Eddie Murphys Figur aus ‹Coming to America› als ihr weiser alter Mentor fungiert.

Comedian Shane Norton ist gebürtiger Engländer, lebt aber seit zehn Jahren in Zürich. 
Comedian Shane Norton ist gebürtiger Engländer, lebt aber seit zehn Jahren in Zürich. 
Bild: zVg

Ihr liebster Witz über die Royals?

Man muss keine Witze über die Royals machen – schau nah genug, und die Komödie ist schon da.

Wie steht es um Boris Johnson, den britischen Premier: Ist er ein besserer Comedian oder Politiker?

Komödie entsteht immer aus der Tragödie. Was Boris traurigerweise Fähigkeiten in beiden Rollen verleiht.

Würden Sie sich eine Johnson-Comedyshow denn anschauen gehen?

Ehrlich gesagt, würde ich lieber meine Augen geschlossen halten und so tun, als würde ich die echte Johnson-Comedyshow, die um uns herum stattfindet, nicht bemerken.



Wie verliefen eigentlich die Tischgespräche während der Feiertage? Reden Sie in Ihrer Familie noch über Politik?

Das ganze Land ist es mittlerweile leid, über Politik zu reden. Und meine Familie ist da nicht anders. Es war die friedlichste Festtagszeit, an die ich mich erinnern kann, da niemand die Energie hatte, über Politik zu sprechen.

Machen Sie auch politische Witze in Ihren Comedyprogrammen?

Ich habe ein paar tolle Witze über den Brexit, aber die hebe ich mir für diejenigen auf, die sich meine Shows ansehen wollen.

Bald werden die Briten – wie die Schweizer – nicht mehr Teil der EU sein. Was können sie von den Schweizern lernen?

Die Briten könnten von der politischen Fähigkeit der Schweiz, zuzuhören und einen Konsens zu erzielen, wirklich profitieren. Die Schweizer könnten im Gegenzug vielleicht auch lernen, einfach etwas öfter ihre Meinung zu sagen, anstatt sich im Dunkeln zu beklagen.

Das Interview wurde schriftlich geführt. 

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