Retrospektive Locarno Film Festival – was für eine Ära!

Von Fabian Tschamper

29.7.2020

Das Locarno Film Festival findet dieses Jahr mehrheitlich digital statt.
Das Locarno Film Festival findet dieses Jahr mehrheitlich digital statt.
LFF

Das Locarno Film Festival blickt auf eine über 70-jährige Geschichte zurück. Im Rahmen der diesjährigen Ausgabe schaut «Bluewin» auf die ersten Schritte eines der heute grössten Filmfestivals überhaupt.

Gerade mal 60'000 Franken kostete das allererste Festival in Locarno – damals noch im Grand Hotel. 1946 spielte es die Hälfte des aufgebrachten Budgets wieder ein. 15 Filme wurden gezeigt – unter anderen «Roma, città aperta» von Roberto Rosselini und «Double Indemnity» von Billy Wilder. Raimondo Rezzonico, der spätere Präsident (1981 bis 1999), arbeitete nicht nur damals schon hinter den Kulissen, er war auch Mitbegründer des Festivals.

Das erste Festival zeigte gerade mal 15 Filme.
Das erste Festival zeigte gerade mal 15 Filme.
LFF

Über die Jahre sind natürlich unzählige Stars über den Roten Teppich Locarnos geschritten: 1960 war dies beispielsweise Marlene Dietrich («In 80 Tagen um die Welt»), die seit 1999 zu den 25 grössten weiblichen Leinwandlegenden aller Zeiten gehört. Das SRF folgte ihr damals auf Schritt und Tritt, sie wollte in Ascona einfach nur einkaufen gehen.

Erst 17 Jahre nach der Gründung – und wohlgemerkt jährlichen Ausgabe – unterstützt der Bund das Locarno Film Festival erstmals mit 20'000 Franken. Heute greift die nationale Regierung dem wichtigen Anlass mit 1,3 Millionen Franken unter die Arme – das Gesamtbudget beläuft sich heutzutage auf rund 10 Millionen.

Der grosse Umzug 1971 ging vielen gegen den Strich: Statt im Garten des Grand Hotels würde das Festival nun auf der Piazza Grande seine Zelte aufschlagen. Gewerbetreibende protestierten gegen diesen Schritt, da sie aufgrund fehlender Parkplatzeinnahmen um ihre Existenz fürchteten.

Penélope Cruz darf auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken.
Penélope Cruz darf auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken.
Keystone

Immer wieder fanden sich Stars der heutigen Zeit schon früh in Locarno ein und zeigten ihre Werke. So zum Beispiel Regisseurin Kathryn Bigelow, die 1981 ihr Debüt «Loveless» präsentierte. 29 Jahre später gewann sie als erste Frau überhaupt den Oscar für den besten Film und zwar für die Geschichte über ein Bombenentschärfungskommando in «The Hurtlocker». Aber auch eine 19-jährige Penélope Cruz gab dem Schweizer Fernsehen 1993 ein Interview, auch sie ist heute eine Oscarpreisträgerin («Vicky Cristina Barcelona», 2009).

Schockmomente oder Skandale hatte das Festival in seiner über 70-jährigen Geschichte nur vereinzelt: 2006 kollabiert Direktor Frédéric Maire auf der Piazza-Bühne, glücklicherweise «nur» ein Schwächeanfall.

Skandalös könnten eigentlich nur Gäste bezeichnet werden, die nicht der Norm entsprechen. Ein Beispiel wäre da der argentinische Regisseur Gaspar Noé, der 2016 offen über seine Opium-Sucht referierte und die Leute dazu ermutigte, selber Drogen zu nehmen: «Nehmt alle Drogen! Auf Drogen sein, ist toll!» Eigentlich wurde er eingeladen, um über Filmmusik zu reden, er verbrachte die 90 Minuten aber damit über Suchtmittel zu sprechen – und das definitiv nicht negativ.

Die deutsch-amerikanische Schauspielerin Marlene Dietrich war ein Publikumsmagnet.
Die deutsch-amerikanische Schauspielerin Marlene Dietrich war ein Publikumsmagnet.
Keystone

Dieses Jahr findet das Locarno Film Festival zwar statt, aber aufgrund der Coronapandemie passiert dies überwiegend digital. Mehr Infos zum jährlichen Anlass gibt es hier.

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