Erst «La La Land», dann «Moonlight» - nach einem riesigen Fauxpas endete die letzte Oscar-Gala im Chaos. Die Verwechslung der Siegerumschläge machte weltweit Schlagzeilen. Wie kann eine solche Panne verhindert werden? Mit Handy- und Hausverbot?
Vor einem Jahr flanierten Brian Cullinan und Martha Ruiz noch strahlend über den roten Teppich, doch diese Ehre haben sie sich gründlich verscherzt. Jetzt herrscht ein striktes Oscar-Verbot für die langjährigen Mitarbeiter der Prüfgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Schliesslich wird ihnen einer der grössten Patzer in der Geschichte der glamourösen Filmpreise zugeschrieben. Es waren Ruiz und Cullinan, die bei der 89. Gala-Show Backstage die Umschläge mit den Namen der Oscar-Gewinner verteilten. Nach alter Tradition kennen nur diese beiden PwC-Auserwählten bereits vor der Verleihungszeremonie die Gewinner.
Unter Polizeischutz brachten sie in zwei Aktentaschen zwei identische Sets der Siegerkarten ins Dolby Theatre und drückten dort hinter der Bühne den Laudatoren - unmittelbar vor der Verkündung der Gewinner - die entsprechenden Umschläge in die Hand. Das ging vor einem Jahr beim Höhepunkt der Show spektakulär daneben.
Ratlose Stars, ratloses Publikum
Die Schauspieler Warren Beatty und Faye Dunaway präsentierten den Oscar für den besten Film. Er öffnete den roten Umschlag, schaute verdutzt auf das Kärtchen und reichte es zögerlich an seine «Bonnie und Clyde»-Kollegin weiter. Die las laut «La La Land» vor. Während die Produzenten des Filmmusicals schon ihre Dankesreden hielten, wurde nach Schreckensminuten korrigiert: Das Drama «Moonlight» ist der Gewinner. Die Stars im Saal in Hollywood waren ebenso ratlos wie Millionen Zuschauer weltweit.
Minutenlanges Chaos auf der Bühne, erst später klärte sich der Riesenpatzer auf. Beatty hielt den falschen Umschlag für «Actress in a Leading Role», also Hauptdarstellerin, in der Hand. Das war Emma Stone für «La La Land». Sie hatte kurz davor ihre Trophäe in Empfang genommen.
Das Missgeschick passierte hinter der Bühne, wo Beatty und Dunaway schlicht den falschen Umschlag erhalten hatten. Die Verantwortlichen von PwC baten später zerknirscht um Entschuldigung: «Wir untersuchen derzeit, wie das passieren konnte, und bedauern zutiefst, dass das vorgefallen ist.»
Abgelenkt durch Twitter?
Wie kam es zu dem Fehler? Wenige Minuten vor dem Fauxpas hatte Brian Cullinan noch ein Foto von Schauspielerin Emma Stone nach ihrem Oscar-Sieg getwittert. US-Medien spekulierten, dass der Prüfer dadurch möglicherweise abgelenkt war.
Und viel wichtiger - wie kann ein derartiger Patzer bei der 90. Jubiläumsgala verhindert werden? Ruiz und Cullinan haben nach Entscheid der Oscar-Akademie nun Hausverbot. Mit der Firma PricewaterhouseCoopers, die seit mehr als 80 Jahren für die geheime Auszählung der Oscar-Gewinner verantwortlich ist, wird aber weiter kooperiert. Sie schicken am Sonntag den Veteranen Rick Rosas ins Rennen, der schon vierzehn Mal die Umschläge austeilte.
Handys verboten
Ihm stehen zwei weitere Prüfer zur Seite, also statt doppelter nun dreifache Kontrolle. Auch Tim Ryan, US-Chef des Unternehmens, will persönlich bei der Oscar-Show anwesend sein. Zudem gilt ein Handy-Verbot. Das Posten von Fotos, Kommentaren oder Tweets in den sozialen Medien ist für PwC-Mitarbeiter Backstage tabu.
Die Oscar-Akademie reagiert auf den Fauxpas inzwischen auch mit Humor. Bei dem chaotischen Ende der Show sagte Gastgeber Jimmy Kimmel mit einem Augenzwinkern: «Ich verspreche, ich komme nie wieder». Nun steht er am Sonntag erneut auf der Bühne. In einem Werbespot auf einer Therapeuten-Couch witzelte er kürzlich, er träume jede Nacht von der Panne und könne seine Briefumschläge nicht mehr öffnen. Am Ende des Videos entpuppt sich Warren Beatty als sein Psychotherapeut.
Es ist noch ein Geheimnis, welche Laudatoren beim Finale der diesjährigen Show den Gewinner in der Königskategorie «Bester Film» verlesen. Vermutlich nicht die «Bonnie und Clyde»-Kollegen Beatty und Dunaway. Es wäre eine gute Gelegenheit, die Macher des Oscar-Preisträgers «Moonlight» auf die Bühne einzuladen. Schliesslich wurde ihr Triumph von dem Chaos vor einem Jahr überschattet. Den eigentlichen Gewinnern des Abends blieben nur wenige Minuten im Rampenlicht, um gebührend gefeiert zu werden.
Die Oscars werden in der Nacht von Sonntag, 4. März, auf Montag, 5. März, zum 90. Mal verliehen.
Haben die Oscar-Panne 2017 zu verantworten und deshalb bei der Goldmännchen-Verleihung künftig Hausverbot: Martha L. Ruiz und Brian Cullinan von PricewaterhouseCoopers.
Sie waren die Gelackmeierten: Emma Stone und Ryan Gossling freuen sich über den vermeintlichen Sieg für ihren Streifen «La La Land».
Doch dann muss Warren Beatty korrigieren musste: «Moonlight» und nicht wie verkündet «La La Land» hat den Oscar in der Sparte «Bester Film» gewonnen.
Das Publikum ist schockiert, als klar wird, dass es eine Verwechslung gab.
Nach der falschen Bekanntgabe des besten Films zeigt Jordan Horowitz (l.), Produzent des Films «La La Land», während der Verleihung der Oscars 2017 neben Warren Beatty den Umschlag mit dem wirklichen Gewinner des Awards für den besten Film «Moonlight».
Dann sorgt er für die wohl grössten Geste des Abends: Als Jordan Horowitz bemerkt, dass nicht sein Film, sondern «Moonlight» gewonnen hat, umarmt er Regisseur Barry Jenkins herzlich.
Sie können ihr Glück kaum fassen: Die «Moonlight»-Darsteller rasten vor Freude aus, als rauskommt, dass eigentlich sie den Oscar für den besten Film bekommen.
The show must go on, scheint Warren Beatty hier zu signalisieren. Er kann auch nichts dafür, denn hat den falschen Umschlag bekommen und geöffnet.
Brian Cullinan von PricewaterhouseCooper und Warren Beatty (r.) diskutieren den Fehler. Faye Dunaway (l.) steht ratlos daneben.
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