Solothurner Filmtage«Immer und ewig»: Hingabe ohne Aufopferung
SDA
27.1.2019 - 11:03
Vor zehn Jahren hat Fanny Bräuning den ersten «Prix de Soleure» der Solothurner Filmtage gewonnen. Nun kehrt sie zurück in den Wettbewerb mit einem sehr persönlichen Dokfilm: «Immer und ewig» ist das Porträt der ungewöhnlichen Liebe ihrer Eltern.
Was verlangt es einem Menschen ab, sich 20 Jahre lang Tag und Nacht um einen anderen Menschen zu kümmern? Sich um einen Menschen zu kümmern, der weder selber laufen noch essen oder sich kratzen kann? Niggi Bräuning würde sich diese Frage niemals stellen, auch wenn er genau das tut für seine Frau Annette.
Die beiden, ein Ehepaar Ende 60, sind die Protagonisten von Fanny Bräunings neuem Dokumentarfilm. «Immer und ewig» feierte am Samstagabend an den 54. Solothurner Filmtagen Schweizer Premiere und ist einer von neun Filmen, die für den «Prix de Soleure» nominiert sind. Die Auszeichnung ist mit 60‘000 Franken dotiert, die Baslerin gewann sie vor zehn Jahren für «No More Smoke Signals».
Als Bräuning ein kleines Mädchen war, wurde bei ihrer Mutter Multiple Sklerose diagnostiziert. Inzwischen ist Annette Bräuning seit 20 Jahren vom Hals abwärts gelähmt und braucht rund um die Uhr Betreuung.
Doch Niggi und Annette lassen sich in ihrer Abenteuerlust nicht einschränken: Er, Fotograf und Tüftler, baute einen Bus so aus, um mit seiner Frau zusammen die Welt bereisen zu können. Tochter Fanny begleitete ihre Eltern mit einem kleinen Filmteam auf ihren Reisen durch den Süden Europas, nach Griechenland, Albanien und Italien.
Herausfordernde Doppelrolle
Bräuning drehte bereits während ihres Filmstudiums in Zürich einen Kurzfilm über ihre Mutter, doch es habe Jahre gedauert, bis sie realisiert habe, dass sie mit der Geschichte ihrer Eltern auch eine gute Filmgeschichte zu erzählen habe, wie sie sagt. Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA trifft die 43-Jährige, die seit 14 Jahren in Berlin lebt, vor der Premiere ihres Films in Solothurn.
Ihre Eltern seien sofort bereit gewesen, sich mit der Kamera begleiten zu lassen. «Sie waren sehr offen und grosszügig und haben im Vorfeld keine Tabus definiert.» Trotzdem hat Bräuning Szenen, die sie als zu voyeuristisch empfand, am Ende nicht verwendet. So setzt sich die Würde, nach der das Ehepaar Bräuning in seinem schwierigen Alltag strebt, auch im Film fort.
Ein Porträt über die eigenen Eltern zu drehen sei eine «anstrengende, aber spannende Doppelrolle» gewesen. Da ist etwa eine Szene im Film, in der Niggi seiner Frau die Haare frisieren soll. Annette ist nicht zufrieden, er reagiert zunehmend genervt und zerzaust ihr am Ende das Haar – was sie wiederum wütend macht.
«Als Tochter war mir diese Situation unangenehm. Doch als Regisseurin fand ich sie total spannend, denn du denkst ‹Endlich haben sie auch mal einen Konflikt›.»
Tatsächlich gehen Annette und Niggi rührend – und trotzdem auf Augenhöhe – miteinander um. Sie verabschieden sich stets mit einem Kuss, lachen viel und offenbaren ein Faible für schwarzen Humor. Niggi stellt den Bus gerne auf den bestmöglichen Platz direkt am Meer, gerne auch im Parkverbot: «Wir nutzen das Krüppel-Privileg aus.»
Das Beste aus dem Leben machen
Sie habe dank der Dreharbeiten ihre Eltern «ein Stück weit neu entdeckt», erzählt Bräuning. Beispielsweise den humorvollen Umgang ihrer Eltern miteinander habe sie kaum noch wahrgenommen, zu nah dran war sie als Tochter. «Die Distanz als Regisseurin war wichtig, um ein neues, freieres Bild von ihnen zu gewinnen.»
Dieses Bild, das nun in «Immer und ewig» transportiert wird, zeigt ein Paar, das «das Allerbeste aus einer schwierigen Ausgangslage zu machen versucht», wie die Tochter es ausdrückt. Denn Niggi und Annette Bräuning sind nicht bereit, auf das Leben zu verzichten – und dafür nehmen beide viel in Kauf.
Annette etwa ein ständiges Ringen um ein kleines Stückchen Autonomie und Niggi Arbeit, die den alternden Mann immer öfter an körperliche Grenzen bringt. Auch diese schwierigen Momente spart die Regisseurin nicht aus – ohne sie zu stark zu gewichten. So ist ein Bild entstanden, das weder Niggi als selbstlosen Helden noch Annette als ausschliesslich Bedürftige zeigt.
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Bild: Warner / Ascot Elite / Universal
Weil ihr Mann Willy zu viel Geld ausgibt, muss nun auch Colette (Keira Knightley) anfangen zu schreiben – mit überraschend grossem Erfolg.
Bild: DCM
Colette (Keira Knightley) und ihr Mann Willy (Dominic West) überlegen, wie viele Damen um sie herum «Claudine in der Schule» bereits gelesen haben oder es noch tun werden.
Bild: DCM
«Colette» bietet mit Keira Knightley in der Titelrolle ein warmherziges, sehr kluges und verehrungsvolles Porträt der bedeutendsten französischen Autorin des 20. Jahrhunderts.
Bild: DCM
Nachdem ihre Partnerin wegen Betrugs im Gefängnis landet, muss Chela (Ana Brun, rechts) ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Eines Tages lernt sie die jüngere Angy (Ana Ivanova) kennen.
Bild: Cineworx
Um Geld zu verdienen, bietet Chela (Ana Brun, links) Fahrdienste an. Auch Angy (Ana Ivanova) nimmt diese in Anspruch.
Bild: Cineworx
«Las Herederas» ist das hochgelobte Debüt des paraguayischen Regisseurs Marcelo Martinessi und wurde auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.
Bild: Cineworx
Zain (Zain Al Rafeea) ist vermutlich zwölf Jahre alt – sein wahres Alter kennt niemand, seine Eltern wissen nicht, wenn er genau geboren wurde.
Bild: Filmcoopi Zürich
Zain (Zain Al Rafeea) reisst von zu Hause aus und schlägt sich fortan alleine in den Strassen von Beirut durch.
Bild: Filmcoopi Zürich
«Capernaum – Stadt der Hoffnung» überzeugt mit eindrucksvollen Bildern. Nach dem Preis der Jury in Cannes kann sich Regisseurin Nadine Labaki auch Hoffnungen auf eine weitere Auszeichnung machen: Der Libanon schickt das Drama ins Rennen um den Auslands-Oscar.
Bild: Filmcoopi Zürich
1519 sorgt die Ankunft des jungen Priesters Huldrych Zwingli (Max Simonischek) für Aufruhr.
Bild: Ascot Elite Entertainment Group
Der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli (Max Simonischek) prangert bestehende Werte und Missstände an und reformiert das religiöse und gesellschaftliche System.
Bild: Ascot Elite Entertainment Group
Das Drama «Zwingli» vom Zürcher Regisseur Stefan Haupt beschreibt das Wirken des Reformators sowohl aus dessen als auch aus der Perspektive von Zwinglis Frau Anna.
Bild: Ascot Elite Entertainment Group
Die Bestie (James McAvoy) ist zurück – und sie ist gefährlicher denn je.
Bild: Universal Pictures
Elijah Price alias Mr. Glass (Samuel L. Jackson, links), Kevin Wendell Crumb (James McAvoy) und David Dunn (Bruce Willis) landen in der Psychiatrie. Haben sie wirklich Superkräfte?
Bild: Universal Pictures
Mit dem Mysterythriller «Glass» liefert Regisseur M. Night Shyamalan den dritten und abschliessenden Teil seiner «Eastrail 177»-Trilogie ab.
Bild: Universal Pictures
Rocky Balboa (Sylvester Stallone) unterstützt Boxer Adonis Creed (Michael B. Jordan) bei seinem wohl härtesten Kampf.
Bild: 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures and Warner Bros. Entertainment
Adonis Creed (Michael B. Jordan) muss die Balance finden zwischen dem Boxen und seiner wachsenden kleinen Familie.
Bild: 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures and Warner Bros. Entertainment
Nach dem grossen Erfolg von «Creed: Rocky's Legacy» (2015) kehrt Adonis Creed (Michael B. Jordan) nun zurück in den Boxring.
Bild: 2018 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures and Warner Bros. Entertainment
Pianist Dr. Don Shirley (Mahershala Ali) braucht für seine Tournee einen Fahrer. Den findet er in Italo-Amerikaner Tony Lip (Viggo Mortensen, rechts).
Bild: Ascot Elite Entertainment Group
Obwohl sie aus zwei so unterschiedlichen Welten stammen, freunden sich Don (Mahershala Ali, links) und Tony (Viggo Mortensen) an.
Bild: Ascot Elite Entertainment Group
Regisseur Peter Farrelly hat mit «Green Book» ein zutiefst bewegendes und trotzdem komisches Drama geschaffen, das als Favorit ins Oscarrennen geht.
Bild: Ascot Elite Entertainment Group
Earl Stone (Clint Eastwood) wird auf seine alten Tage zum Drogenkurier für ein mexikanisches Kartell.
Bild: 2018 Warner Bros. Entertainment Inc.
Natürlich traut niemand dem alten Earl (Clint Eastwood) zu, dass er im Kofferraum Drogen transportiert.
Bild: 2018 Warner Bros. Entertainment Inc.
Beim Thriller «The Mule» steht Clint Eastwood sowohl als Hauptdarsteller vor, als auch als Regisseur hinter der Kamera. In weiteren Rollen sind Bradley Cooper und Eastwoods Tochter Alison zu sehen.
Bild: 2018 Warner Bros. Entertainment Inc.
Pauline (Mélanie Thierry) und Alex (Pierre Deladonchamps) haben sich ihren Traum vom selbstbestimmten Leben im Einklang mit der Natur verwirklicht.
Bild: Filmcoopi Zürich
Als der Ingenieur Samuel zu ihnen stösst, geraten Paulines (Mélanie Thierry) Gefühle völlig durcheinander.
Bild: Filmcoopi Zürich
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