Kampf der Tech-Giganten Facebook erklärt Apple den Krieg

dj

17.12.2020

Werden in diesem Leben keine Freunde mehr: Tim Cook und Mark Zuckerberg.
Werden in diesem Leben keine Freunde mehr: Tim Cook und Mark Zuckerberg.
Keystone

Facebook zieht in den PR-Krieg gegen Apple. Auslöser sind von Apple geplante Einschränkungen in Bezug auf die Werbeverfolgung auf iOS.

Facebook hat eine gross angelegte PR-Kampagne gegen Apple lanciert. Gestern und heute erschienen in der «New York Times», der «Washington Post» und dem «Wall Street Journal» — den grossen meinungsbildenden Zeitungen der USA — jeweils ganzseitige Anzeigen, in denen Facebook proklamiert, sich «im Namen von Kleinunternehmen überall» gegen Apple zu stellen.

Auslöser sind für Anfang 2021 geplante Änderungen bei iOS, oder, wie Facebook es nennt, ein «Zwangsupdate». Hierbei müssen Nutzer dann bei jeder App einzeln erklären, dass sie einer Verfolgung zu Werbezwecken zustimmen. Die vermutlich zutreffende Vermutung von Facebook ist, dass kaum ein Nutzer freiwillig dieser Verfolgung zustimmen würde.

Facebook: Apple will Kleinunternehmen schädigen

Das Geschäftsmodell von Facebook — hochpersonalisierte Werbung anzubieten — würde dann also ab nächstem Jahr, zumindest auf iPhones, dramatisch eingeschränkt. Und Facebook argumentiert nun, dass diese Werbeverfolgung essenziell für den Erfolg von kleinen Unternehmen ist, die über Online-Anzeigen neue Kunden finden. Gerade in der Pandemie sei das für viele kleine Betriebe der einzige Weg, Einnahmen zu generieren. Apple würde ihnen nun die Möglichkeit nehmen, gezielt die Nutzer anzusprechen, die am wahrscheinlichsten zu Kunden werden könnten, so Facebook.

In Bezug auf Apps würden dann zukünftig mehr Entwickler auf Bezahlmodelle setzen müssen, weil sie mit Werbung alleine nicht mehr ihre Kosten decken könnten. Von den von Apple geplanten iOS-Änderungen würde der iPhone-Macher dann konkret finanziell profitieren, weil man ja an In-App-Käufe mitverdient, so der Vorwurf von Facebook.



Apple: Wir sorgen uns einzig um die Nutzer

Apple entgegnete, dass man sich ja nur für die eigenen Nutzer einsetzen würde. Diese hätten das Recht, über die Verwendung der eigenen Daten zu bestimmen. Und ausserdem könnte die Werbeverfolgung ja wie bisher weiterlaufen, man müsse sich ja nur das Einverständnis der Nutzer holen.

Es ist für einen einzelnen Nutzer aber einfach nicht rational, hier zuzustimmen, und das weiss Apple auch. Wer würde schon freiwillig und ohne konkrete Gegenleistung einem Grossunternehmen wie Facebook mehr persönliche Daten zur Verfügung stellen? De facto wird mit dem iOS-Update also tatsächlich die bisherige Werbepraxis auf den Kopf gestellt.

Einen kleinen Vorgeschmack auf die zukünftig nicht mehr so einfach sammelbaren Daten lieferten bereits iOS 14.3 lancierte Transparenz-Vorschriften, die App-Entwickler zur Offenlegung der von ihnen erhobenen Nutzerdaten zwingt. Das sieht bei Facebook tatsächlich überhaupt nicht hübsch aus:

Wen soll man anfeuern?

Wer ist nun im Recht? Natürlich hat keiner der beiden Tech-Giganten noble Motive. Höchstwahrscheinlich ist Facebook das Wohlergehen von Kleinunternehmen nur um deren willen völlig egal. Wenn Facebook sich so sehr um die Einnahmen von kleinen Geschäften sorgen würde, könnte es ja einfach seine Preise für die Schaltung von Online-Werbung reduzieren, um allfällige Verluste der Kleinunternehmen auszugleichen. Im milliardenschweren Facebook-Gewinn jedes Quartal dürfte da sicher Spielraum für sein.

Allerdings ist ebenfalls schon sehr praktisch für Apple, dass die eigenen finanziellen Interessen nahezu perfekt mit dem Bedürfnis der Nutzer nach mehr Privatsphäre korrelieren. Eine Plattform wie das iPhone ist mit mehr Privatsphärenschutz attraktiver für Nutzer, die dafür dann auch mehr bezahlen würden. Aufgrund Apples Marktmacht wird es sich aber dennoch kein Anbieter erlauben können, das iPhone zu ignorieren, auch wenn man dort mit Werbung nicht mehr so viel verdienen könnte wie zuvor. Sie müssen dann vermutlich wirklich auf alternative Einnahmequellen umsteigen — wie In-App-Käufe — an denen dann Apple kräftig mitkassieren kann.

Kampagne an die Politik gerichtet

Facebooks Kampagne gegen Apple dürfte nicht primär an die allgemeine Öffentlichkeit gerichtet sein. Wer ganzseitige Anzeigen in der «New York Times», «Washington Post» oder dem «Wall Street Journal» schaltet, will damit nicht den Durchschnittsamerikaner erreichen, sondern die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik. Es ist relativ offensichtlich, dass sich Facebook wünscht, dass Apple auch ein wenig von dem kartellrechtlichen Druck abbekommt, der derzeit vor allem auf Facebook und Google niederregnet.

Und Apples komplette Kontrolle über den App Store und das iOS-Ökosystem steht in der Tat bereits im Fokus von Kartellbehörden auf beiden Seiten des Atlantiks. Sowohl die EU-Kommission als auch das US-Justizministerium haben bereits Untersuchungen gestartet. Spielehersteller Epic Games klagt derzeit bereits wegen der App-Vorschriften gegen Apple — und soll jetzt auch noch Unterstützung dabei von, genau, Facebook bekommen.

Der Konflikt zwischen Apple und Facebook ist übrigens nicht neu, sondern erreicht nur eine neue Eskalationsstufe. Apple-Chef Tim Cook hat wiederholt Facebooks Geschäftsmodell kritisiert, das einzig alleine darauf beruhe, so viel persönliche Daten der Nutzer aufzusaugen wie möglich. Facebook-CEO Mark Zuckerberg entgegnete daraufhin meistens, dass Apple ja einzig Produkte für reiche Menschen machen würde und nur Werbung es ermögliche, Online-Angebote einem breiten Teil der Bevölkerung zugänglich zu machen.


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