«Pamela: A Love Story» Das Pin-up der 90er hat Frieden mit sich und der Welt gemacht

Von Fabian Tschamper

1.2.2023

Pamela Anderson schaut in ihrer eigenen Doku zurück auf ihr Leben im Rampenlicht. Es ist eine intime und berührende Retrospektive, die buchstäblich ungeschminkt daherkommt.

Von Fabian Tschamper

Pamela Anderson ist also ein ganz normaler Mensch. Natürlich ist sie das. «Pamela: A Love Story» ist ihr Versuch, ihre eigene Geschichte zurückzufordern.

Bisher haben andere ihre Geschichte für sie erzählt, ironischerweise. Allen voran Disney+, der Streamingdienst hatte 2022 «Pam & Tommy» veröffentlicht, die Serie in Form einer schwarzen Komödie stiess der heute 55-Jährigen mächtig sauer auf.

Sie wartet noch immer auf eine öffentliche Entschuldigung der Macher.

Das Leben der Kanadierin war wirklich, wirklich heavy. Die Gesellschaft sah sie immer nur als Sexobjekt. Schon im Alter von vier Jahren sei sie von ihrer Nanny missbraucht worden: «Ich habe mir gewünscht, dass sie stirbt. Und einen Tag später ist sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen», erzählt sie und spricht von Magie. Weiter verrät sie, mit 12 Jahren von einem 25-Jährigen vergewaltigt worden zu sein. Pamela legt die Karten auf den Tisch.

Als Anderson mit 22 für ihr erstes Playboy-Shooting vor der Kamera stand, schrieb sie dazu in ihrem Tagebuch: «Zuerst war ich scheu, am Ende der Woche mussten mich die Leute daran hindern, nackt aus der Tür zu rennen.» Sie wurde über Nacht zum Pin-up eines Jahrzehnts, feierte international riesige Erfolge als «Baywatch»-Star – und befand sich schliesslich in einer Abwärtsspirale, als das berüchtigte Sextape von ihr und Tommy Lee als wohl erstes Video der Internetgeschichte überhaupt viral ging.

«Fühlte sich wie Vergewaltigung an»

Du kannst es ihr wirklich nicht verübeln, nun einen Film zu machen, in dem sie den Ton angibt. Sie ist herzig, selbstbewusst und kann über sich lachen. Überraschend ist auch die komplette Abwesenheit jeglicher Eitelkeit, über die knapp zwei Stunden Laufzeit siehst du keine Spur von Make-up.

Und ganz ehrlich, welche andere berühmte Frau würde dies heutzutage so handhaben?

Sie spricht eloquent über den Shitstorm ihres Sextapes, das in ihren Flitterwochen entstanden war – Tommy Lee und Pam kannten sich vier Tage, bevor sie sich das Jawort gaben. Für sie war das Tape desaströs, für Tommy Lee ein Segen, mit dem Rockstar-Lifestyle und so.

Der Diebstahl und die Verbreitung des Sextapes «fühlte sich wie Vergewaltigung an», eine Wortwahl, die angesichts ihrer Erlebnisse nicht ignoriert werden kann.

Unterstützung von ihren Söhnen

Generell ist die Doku allerdings sehr zurückhaltend, wohl auch, weil sich Pamela Anderson entschieden von ihrem jahrzehntelangen Sex-Image distanzieren will. Unterstrichen wird dies noch durch Bilder, die sie in einem weissen Baumwollkleid durch ihren Garten schwebend zeigen, Blumen pflückend. Hin und wieder streifen wir den Kitsch.

Weiter stellt der Regisseur keine provozierenden Fragen und die einzigen anderen Menschen, die im Film vorkommen, sind ihre beiden Söhne Brandon und Dylan. Ihre Präsenz dürfte auch der Grund sein, warum Anderson kein schlechtes Wort über Tommy Lee verliert, den Vater der beiden.

Inzwischen ist Pamela Anderson in ihr Elternhaus auf Vancouver Island zurückgekehrt. Denselben Ort, an den Harry und Meghan während des royalen Fallouts geflüchtet sind. Eine zufällige Gemeinsamkeit, bei der sich ein Vergleich der beiden Dokus anbietet. Der grosse Unterschied ist, dass Anderson trotz der öffentlichen Entwürdigung und aufsässigen Paparazzi scheinbar keine Spur von Bitterkeit in sich trägt.

«Pamela: A Love Story» läuft derzeit auf Netflix.