Bötschi fragtBill Kaulitz: «Schmerz gehört auf jeden Fall dazu»
Von Bruno Bötschi
4.2.2022
Bill Kaulitz: «Deshalb singen Menschen unter der Dusche...»
Bill und Tom Kaulitz sind mit Tokio Hotel berühmt geworden und leben heute als Stars in Los Angeles. Weshalb braucht es Musik, weshalb singen Menschen unter der Dusche und was singt Bill im Auto?
02.02.2022
Heute erscheint der neue Song «Bad Love» von Tokio Hotel. Bill und Tom Kaulitz über den Preis des frühen Ruhms, ihren Umgang mit Stalker*innen – und ja, Heidi Klum ist im Doppel-Interview auch Thema.
Von Bruno Bötschi
04.02.2022, 07:02
27.05.2022, 11:40
Bruno Bötschi
Zoom-Meeting mit Bill und Tom Kaulitz von Tokio Hotel. Die Musiker sind aus Berlin zugeschaltet. 30 Minuten mit den eineiigen Zwillingen. Sie wollen ihre neue Single «Bad Love» promoten, die heute erscheint.
Tom Kaulitz ist ausserdem der Mann von Heidi Klum. Darüber darf man aber nicht sprechen. Man solle bitte nur über Musik sprechen, hat das Management vorgewarnt. Es sei ganz wichtig, dass es «beim Interview um die Musik geht und die neue Single und nicht um Privates/Gossip etc.».
Der Journalist hätte diesen Wunsch gern erfüllt. Aber Bill Kaulitz bringt Heidi, seine Schwägerin, irgendwann selber ins Spiel.
Bill und Tom Kaulitz, zum Einstieg drei Gretchenfragen: Die Ärzte oder Die Toten Hosen?
Bill: Ich mag beide Bands. Müsste ich mich für eine entscheiden, dann wären es Die Ärzte. Ihre Musik hatte während meiner Jugend einen grösseren Einfluss auf mich.
Tom: Ich würde die Toten Hosen wählen.
Bill: Ach, dann sind wir ja beiden Bands gerecht geworden (lacht).
Nina Hagen oder Helene Fischer?
Bill und Tom (im Chor): Nina Hagen.
Tom: Ich liebe Nina Hagen.
Bill: Wir hätten Nina Hagen gerne einmal in unserem Podcast «Kaulitz Hills – Senf aus Hollywood» mit dabei. Darum hier und heute der Aufruf: Liebe Nina, wenn du dieses Interview liest, bitte melde dich.
Bill: Ähh, kann ich nicht beantworten. Wer ist das?
Zwei der erfolgreichsten Schweizer Musikschaffenden, die auch im Ausland bekannt sind.
Bill: Sorry, tut mir leid, dass ich die nicht kenne.
Georg Listing, Gustav Schäfer, Bill und Tom Kaulitz stehen im Musikstudio, um einen neuen Song aufzunehmen: Wer ist der Boss bei Tokio Hotel?
Tom: Ich bin der Boss, sowohl musikalisch also auch in allen anderen Bereichen (lacht).
Zum Autor: Bruno Bötschi
Bild: zVg
blue News-Redaktor Bruno Bötschi spricht für das Frage-Antwort-Spiel «Bötschi fragt» regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland. Er stellt ihnen ganz viele Fragen – immer direkt, oft lustig und manchmal auch tiefsinnig. Dabei bleibt bis zur allerletzten Frage immer offen, wo das rasante Pingpong hinführt.
Wer ist die Heulsuse?
Bill: Die Belastungsgrenze von Georg und Gustav ist nicht ganz so hoch wie die unsrige. Wenn – wie gerade jetzt vor der Lancierung eines neuen Songs – viele Termine anstehen, hängen die nach zwei, drei Tagen meist ganz schön in den Seilen. Die sind den Trubel halt nicht so gewohnt wie wir, weil sie während des Rests des Jahres vor allem Familienmenschen sind.
Wird es auch einmal richtig laut?
Tom: Ja, vor allem musikalisch.
Bill: Oder wenn wir was zum Lachen haben. Und das haben wir oft.
Heute erscheint eure neue Single «Bad Love». Manche Musiker*innen sagen, wenn eine neue Single erscheine, fühle sich das an, als komme ein Kind auf die Welt. Wie schwanger fühlt ihr euch gerade?
Tom: Hochschwanger (lacht). Wir hatten in letzter Zeit einen hohen kreativen Output. In den nächsten Monaten werden wir viele neue Songs rausbringen und dann soll in diesem Jahr auch noch ein neues Album erscheinen.
Bill: Wir weilen gerade in Berlin und sind mit den Dreharbeiten für das Video für den Song beschäftigt, der nach «Bad Love» erscheinen wird.
Wie war eure Stimmung, als «Bad Love», ein Song über die richtigen Gefühle im falschen Moment, entstanden ist?
Bill: Den Song haben wir vor etwas mehr als einem Jahr geschrieben, zusammen mit den Jungs vom deutschen Musikprojekt Vize. Damals weilten wir ebenfalls in Berlin. «White Lies», unsere letzte Single, und «Bad Love» entstanden während derselben Session. Wir hatten einen total guten Vibe. Es hat super geflutscht. Als Musiker gibt es nichts Schöneres, als wenn du im Studio sitzt und du merkst, dass der Song, der gerade entsteht, etwas Besonderes wird.
Bill, vor vier Jahren sagtest du in einem Interview: «Ich habe das Gefühl, dass ich als Künstler und Sänger immer besser war, wenn es mir nicht so gut geht.»
Bill: Das stimmt.
Tom: Ich glaube, ohne Schmerz kann man nichts machen, was die Leute berührt. Darum sage ich oft zu Bill: «Ich hoffe, du bleibst immer ein bisschen unglücklich.» Aber bitte versteh mich jetzt nicht falsch: Als sein Bruder wünsche ich mir natürlich, dass er ein glückliches Leben hat. Gleichzeitig ist es von der künstlerischen Seite her gesehen gut, wenn er schmerzhafte Erfahrungen in der Musik verarbeiten kann.
Bill: Guck mal, Tom sieht mich nur als Cash-cow. Lieber viel Kohle machen und eine geile Karriere haben statt ein glückliches Leben (lacht).
Tom: Das stimmt so natürlich nicht. Fakt ist jedoch: Bill schrieb immer dann die besten Songs, wenn er gerade nicht so happy war. Aber bei Tokio Hotel gibt es sowieso kaum happy Songs.
Bill: Meine Kreativität kommt immer aus dem Schmerz heraus, egal ob ich Musik oder Mode mache oder meine Autobiografie schreibe.
Heisst das übersetzt, ohne Schmerz kein Erfolg für Tokio Hotel?
Bill: Schmerz gehört auf jeden Fall dazu. Adele schreibt auch fast keine happy Songs. Künstlerisch kann ich das sehr gut nachvollziehen. Aber natürlich gibt es auch Künstler*innen, die es andersherum angehen. Gewisse Songs von Katy Perry sind ja schon fast Comedy.
Erfolg durch Schmerz: Ist es das wirklich wert?
Bill: Auf jeden Fall. Der Schmerz wird ja nicht extra kreiert, um einen Liedtext zu schreiben. Im Endeffekt ist die Sache mit dem Schmerz gar nicht so besonders, denn alle Menschen kennen Schmerz in der einen oder anderen Form. Manche verarbeiten ihre Probleme im Tagebuch, ich mache das während dem Schreiben von Songs.
Im Song «Bad Love» geht es um Stalking. Ein Thema, das ihr nur zu gut kennt. Ihr seid 2010 aus Deutschland nach Los Angeles geflüchtet – auf der Suche nach Normalität. Heute seid ihr 32 Jahre alt und steht seit fast 20 Jahren auf der Bühne: Ehrlich gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, dass euer Leben je normal war.
Bill: Normales Leben? Nein, das hatten wir wohl nie so wirklich. Unsere Kindheit war schon ziemlich extrem. Tom und ich hatten immer das Gefühl, nicht hineinzupassen. Tom hatte seine Dreadlocks, ich hatte lange schwarz gefärbte Haare. Normal war unser Leben nie, aber für uns wurde es dann halt doch irgendwann Normalität. Normal ist ja auch für jede und jeden etwas anderes. Und ich glaube, das ist weder schlecht noch gut. So war einfach unsere Normalität. Man kann ja nur Dinge vermissen, die man erlebt hat. Und nachdem wir mit 15 die Schule abgebrochen haben, war für uns ein Leben im Tourbus halt ganz normal.
Stalker*innen sind der Albtraum eines jeden Stars. Normale Fans kommen und gehen mit dem Erfolg, Stalker*innen bleiben.
Bill: Stalker*innen sind auch da, wenn du keine Platte herausgibst und nicht auf Tournee bist. Die wollen ständig und möglichst viel in deinem privaten Leben rumbohren. Tom und ich sind damit aufgewachsen, darum haben wir heute im Umgang mit Stalker*innen wahrscheinlich mehr Gelassenheit. Wir haben uns in all den Jahren ein dickes Fell antrainiert. Mich belastet das Thema «Stalker*innen» privat heute kaum mehr. Ich stehe morgens nicht auf und habe Angst deswegen. Deshalb konnte ich auch ohne schlechte Gefühle das Thema in einen Song packen.
Tom: Wir haben zudem den Vorteil, dass wir eine Band sind, und uns gegenseitig unterstützen. Und was Bill und ich zusammen im Gespräch nicht verarbeiten können, verarbeiten wir in unserem Podcast «Kaulitz Hills – Senf aus Hollywood».
«Bad Love» liegt eine wahre Stalking-Geschichte zugrunde. Bill, willst du mehr darüber erzählen?
Bill: Wir waren gerade gemeinsam im Studio, als eine Nachricht von einer Stalkerin auf meinem Instagram-Account aufploppte. Ich nehme solche Messages natürlich nicht an, lese sie nur in der Vorschau. Diese Frau schreibt mir seit fast 15 Jahren bald jeden Tag seitenlange Briefe. Sie geht fest davon aus, dass wir beide seit Jahren zusammen eine Beziehung haben. Das ist ihre Realität. Sie glaubt, dass jeder Song, den ich schreibe, jeden Post, den ich auf Instagram absetze, alles Zeichen von mir an sie sind. Für diese Person ist es ganz klar, dass wir zusammen sind. Dabei kenne ich diesen Menschen nicht persönlich.
Tom: Es ist eine unglaublich traurige Geschichte. Denke ich mich in diese Person rein, ist für mich ihr Schmerz förmlich spürbar.
Bill: Als ich die Nachricht den anderen im Studio vorlas, kam uns die Idee zu «Bad Love», also ein Song über eine schmerzhafte, traurige Liebe. Diese Stalkerin begegnet mir jeden Tag und ich weiss natürlich, dass sie das unglücklich macht. Jeden Tag ist diese Person diesem Schmerz ausgesetzt, dass sie mich nicht haben kann, dass ich nicht bei ihr bin. Trotzdem träumt sie sich immer wieder in diese Fantasiewelt rein. Schrecklich. Ich kenne das ja auch aus eigener Erfahrung.
Wie meinst du das?
Bill: Ich hatte bisher nie Glück in der Liebe. Deswegen kenne ich die Gefühlswelt dieser Frau nur zu gut. Ich habe mir mehrmals die falschen Partner ausgesucht und war auch schon in einer toxischen Beziehung.
Du bist erst 32. Du kannst also immer noch auf die grosse Liebe hoffen.
Bill: Das stimmt.
Wann habt ihr zuletzt die Polizei einschalten müssen, weil ein/e Stalker*in zu hartnäckig geworden ist?
Bill: Das ist schon etwas länger her. Mit unserem Erfolg kam auch Hass dazu. Wir waren sehr jung, sehr erfolgreich. Ich glaube, es war viel Neid dabei. Die Leute haben mit Sachen nach uns geworfen, mit Flaschen und Eiern. Es gab sogar Demonstrationen gegen unsere Band, es entstand eine richtige «Anti-Tokio-Hotel»-Bewegung. Und es gab sogar Morddrohungen. Ich wurde deshalb mit 15 unter Polizeischutz gestellt.
In deiner Autobiografie «Career Suicide: Meine ersten dreissig Jahre» schreibst du, Bill, dass nachdem Tokio Hotel berühmt geworden war, du dir oft wie ein Tier in einem Gehege vorgekommen bist. Einmal bist du ohne Bodyguard im Auto gesessen und hast Todesangst bekommen.
Bill: Zum Glück gibt es solche Momente heute kaum mehr. Was auch mit dem Älterwerden zu tun hat. Ich bin heute gelassener und selbstbewusster.
Tom: Mit 15, 16 bist du auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und fragst dich: Wer bin ich? Was will ich?
Bill: Natürlich hat da unser Umzug nach Los Angeles auch viel dazu beigetragen, dass wir heute mehr Abstand zu diesen Dingen haben. Heute lassen wir uns von Stalker*innen nicht mehr so schnell unterkriegen, stattdessen verarbeite ich das Thema lieber kreativ. Trotzdem gibt es nach wie vor Momente, in denen ich Angst habe …
Tom: … solche Erlebnisse als Teenager hinterlassen halt doch ihre Spuren …
Bill: … und Narben. Gleichzeitig weiss ich, Narben hat jeder Mensch. Ich nehme deshalb an, dass meine Narben nicht grösser sind als die von anderen Menschen. But I don’t know.
Es gibt zum Glück auch viele coole Fans. Gestern Nachmittag habe ich mir einige Folgen von eurem Podcast «Kaulitz Hills – Senf aus Hollywood» reingezogen. Ihr sprecht darin unter anderem über Reaktionen von Fans, die total berührend sind.
Tom: Der Podcast macht uns unglaublich viel Spass und ganz besonders die Kategorie, wo wir uns mit der Fanpost beschäftigen. Wir bekommen auch viele Mails von Menschen, die erst durch den Podcast auf uns aufmerksam wurden, die Musik von Tokio Hotel also gar nicht richtig kennen.
Bill: Früher hätten wir uns niemals so öffnen können. Wir waren sehr verschlossen, hätten niemals die Tür zu unserer privaten Beziehung aufgemacht. Heute gehen wir damit entspannter um. Deshalb funktioniert der Podcast auch so gut.
Tom: Etwas vom Schönsten, was dir als Musiker passieren kann, ist doch, wenn du es schaffst, einen Soundtrack für das Leben deiner Zuhörer*innen zu kreieren. Kürzlich schrieb uns ein Mann, er habe seine Freundin mit 15 in Köln während eines unserer Konzerte kennengelernt. Heute sind die beiden verheiratet und haben zwei Kinder. Solche Geschichten berühren mich total.
Sänger Robbie Williams wurde wie ihr als Teenager entdeckt. Er sagte einmal: «Ruhm vergrössert deine Empfindlichkeiten, er verstärkt deine Schwächen, und er offenbart die unheimlichsten Seiten deines Charakters.» Tom, welches sind Bills Schwächen, die dir auf den Wecker gehen?
Tom: Bill hat nur eine Schwäche und das ist seine Diszipliniertheit. Kommen wir einmal zwei Minuten zu spät zu einem Interview und wollen ein bisschen auf Rockstar machen, wird er gleich ungehalten (lacht).
Bill: Ich bin auch am meisten mit der Band verheiratet, denn ich bin der einzige von uns vier, der Single ist. Georg, Gustav, Tom haben alle jemanden an ihrer Seite. Für mich war und ist die Band das Wichtigste in meinem Leben, meine alleroberste Priorität. Ich sage deshalb oft, einer von uns vier muss das so halten, sonst wäre die Karriere beleidigt. Ich denke, es ist auch wichtig für die Dynamik innerhalb der Band.
Bill, welches sind Toms Schwächen?
Bill: Wir sind eineiige Zwillinge, im Sternzeichen Jungfrau geboren und uns charakterlich absolut ähnlich. Aber ich sage mal so: Mit dem Älterwerden und unserem Umzug nach Los Angeles nahm das mit der Unpünktlichkeit je länger, desto mehr zu. Tom und Heidi (Klum, Ehefrau von Tom Kaulitz, Anmerkung der Redaktion) sind zudem nicht sehr soziale Menschen. Man könnte schon fast sagen, sie funktionieren eigenbrötlerisch. Beide haben zudem keinen wahnsinnig grossen Freundeskreis. Ich würde sogar behaupten, Tom hätte gar keine Freunde, gäbe es mich nicht (lacht). Die Leute kommen immer zu mir und sagen «Hey, wir würden uns gern mit euch treffen». Auf Tom dagegen geht kaum jemand direkt zu und fragt ihn, ob er ein Bier trinken komme. Oft ist es deshalb so, dass ich den beiden einen Kick geben muss, sie also anrufe und sage: So, heute Abend gehen wir zusammen aus.
Mit welchem eurer Lieder sollte ein Tokio-Hotel-Laie, also ein Mensch, der eure Musik nicht kennt, einsteigen?
Tom: Dieser Song entstand kurz nachdem wir uns von unserem ersten Produzenten, mit dem wir viele Jahre gearbeitet haben, getrennt hatten und erstmals unabhängig waren. Es war ein Befreiungsschlag. Deshalb würde ich sagen, dass dieser Song unseren Stil am besten beschreibt.
In welchem eurer Songs erfährt der Tokio-Hotel-Kenner am meisten über Bill und Tom Kaulitz?
Die Corona-Pandemie brachte den Kulturbetrieb weltweit zum Stillstand. Ab April 2022 wollt ihr wieder auf Tournee gehen. Wie fühlt sich das an?
Tom: Gut.
Bill: Es ist, als müsste ich nochmals Laufen lernen, weil wir schon so lange keine Konzerte mehr spielen durften. In den nächsten Wochen werde ich ganz viel an meiner Kondition arbeiten. Kürzlich haben wir drei Songs nacheinander gespielt. Danach war ich so verschwitzt wie früher nach einem zweistündigen Konzert. Letzte Woche sagte ich zu Tom: Ich mache jetzt eine gesunde Woche, trinke weniger Alkohol, gehe wieder mehr ins Training und esse mittags Salat statt Döner.
Tom: Heute Mittag hast du aber einen Döner gegessen (lacht). Aber es stimmt, wir sind bereits intensiv mit der Planung der Tournee «Beyond The World» beschäftigt, die Mitte April in Mailand starten soll. Gestern haben wir zum ersten Mal ein Modell der Bühne gesehen und die ersten Zeichnungen unserer Kostüme.
Kennt ihr Rituale kurz vor einem Konzert?
Bill: Wir sind eine Band, die oft und gerne herumalbert. Das hat auch damit zu tun, dass wir seit fast 20 Jahren zusammen Musik machen. Ich denke oft, wenn wir vier uns heute treffen täten, würde aus uns keine Band werden. Wir haben so komplett unterschiedliche Interessen, wir würden einfach aneinander vorbeilaufen. Aber weil wir uns seit unserer Kindheit kennen, gibt es eine grosse Verbundenheit und eine tiefe Liebe zwischen uns. Wenn wir zusammenkommen, fühlte es sich jeweils sofort wieder so an wie mit 15.
Tom: Es ist deshalb auch immer sehr laut, wenn wir zusammen sind, weil wir ständig am Rumalbern sind.
Wie würdet ihr euren Geisteszustand während eines Konzerts beschreiben?
Bill: Für mich ist es immer …
Tom: … Blackout.
Bill: Für mich auch. Fragen mich Menschen nach einem Konzert, wie es war, kann ich diese Frage meistens nicht beantworten. Mir kommt es oft so vor, als würde auf der Bühne ein anderer Bill meinen Körper übernehmen.
Fallt ihr nach einem Konzert in ein Tief?
Bill: Früher, also vor allem in den ersten Jahren, war das so. Da konnte ich damit nicht gut umgehen, wollte nach Konzerten oft die Karriere hinschmeissen. Heute kann ich es geniessen. Konzerte sind meine grosse Liebe.
Tom: Dass wir Konzerte mehr geniessen können, hat auch damit zu tun hat, dass wir heute neben der Band noch ein anderes Leben haben. Wir haben Familien, die uns auffangen, die mit uns durchs Leben gehen.
Welche Lieder singt ihr, wenn ihr mit dem Auto im Stau steckt?
Bill: Während des Autofahrens singe ich bei allen möglichen Songs mit. Wer meine Playlist anschaut, denkt möglicherweise, ich sei bipolar oder schizophren (lacht). Besonders gerne singe ich jedoch bei Adele mit.
Bill: Stimmt – und «Easy On Me» mag ich auch sehr. Ehrlich gesagt, ich mag fast alle Songs von Adele.
Würdest du mit Adele gerne ein Duett singen?
Bill: Oh mein Gott, dafür würde ich alles tun.
Liebe machen – mit oder ohne Musik?
Tom: Sowohl als auch.
Bill: Ich finde es gut, wenn es nicht ganz still ist im Schlafzimmer.
In welchen Momenten – ausser im Bett, wenn ihr schlaft – möchtet ihr unter keinen Umständen Musik hören?
Tom: Während des Lesens mag ich es überhaupt nicht, wenn Musik spielt.
Bill: Ich auch nicht.
Tom: Multitasking ist überhaupt nicht mein Ding. Ich kann mich nur mit einer Sache beschäftigen. Mache ich Musik, mache ich Musik. Höre ich Musik, höre ich Musik. Lese ich ein Buch, lese ich ein Buch. Ich kann nicht einmal eine E-Mail lesen und dazu Musik hören.
Tom, wann erscheint deine Autobiografie?
Tom: Das weiss ich nicht.
Bill: Ich habe es ihm verboten (lacht).
Tom: Den Titel für meine Autobiografie habe ich aber bereits gefunden.
Wie lautet er?
Tom: «Meine Sicht der Dinge» (lacht schallend).
Bill, wieso hast du Tom verboten seine Autobiografie zu publizieren, nachdem du deine ja bereits herausgebracht hast?
Bill: Tom musste bei meiner Autobiografie alle Kapitel, die ich über ihn geschrieben habe, freigeben. Das heisst, er musste fast mein ganzes Leben freigeben, weil wir fast alles zusammen gemacht haben. Vor der Publikation musste er deshalb fast das ganze Buch lesen. Hat er aber nicht gemacht, weil er etwas lesefaul war …
Tom: … nein, weil ich Bill blind vertraue.
Bill: Nachdem Tom meine Biografie freigegeben hat, sagte ich im Spass zu ihm: «Deine Biografie werde ich niemals freigeben.»
Warum nicht?
Bill: Tom würde die genau gleiche Geschichte aufschreiben wie ich. (Bill und Tom lachen beide schallend)
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