«Schatz von Tennessee»Country-Legende Loretta Lynn gestorben
Von Christina Horsten, dpa
4.10.2022 - 19:58
Loretta Lynn galt als die grosse alte Dame der Country-Musik: Jahrzehntelang stürmte die «Tochter eines Bergmanns» mit ihren Songs die Charts. Jetzt ist die Musik-Legende im Alter von 90 Jahren gestorben.
04.10.2022, 19:58
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Loretta Lynn, die grosse alte Dame der Country-Musik, ist tot. Die US-Musikerin sei im Alter von 90 Jahren im US-Bundesstaat Tennessee gestorben, sagte eine Sprecherin ihres Managements am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. «Unsere wundervolle Mutter, Loretta Lynn, ist in ihrer geliebten Ranch in Hurricane Mills im Schlaf friedlich verstorben», hiess es in einer Mitteilung der Familie.
Lynn sei ein «Schatz von Tennessee» gewesen, würdigte sie die republikanische Senatorin Marsha Blackburn. «Sie war eine Wucht, mit der man immer rechnen musste, und eine Vorkämpferin für Frauen in der Country-Musik-Szene», schrieb Blackburn bei Twitter. «Sie wird fehlen.» Lynn habe den Weg geebnet für jüngere Künstlerinnen wie Miranda Lambert oder Taylor Swift, schrieb die Musikzeitschrift «Rolling Stone».
«Wir waren all diese Jahre in Nashville wie Schwestern und sie war ein wundervoller Mensch, ein wundervolles Talent und hatte Millionen Fans, einer davon ich», schrieb Country-Kollegin Dolly Parton (76). «Ich werde sie sehr vermissen, wie wir alle.»
Bis ins hohe Alter hatte Lynn die Bühne und die Nähe zu ihren Fans gesucht, auch wenn sie in den vergangenen Jahren aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten musste. Nicht zuletzt ein Schlaganfall und eine gebrochene Hüfte trugen dazu bei. Doch noch 2018 brachte sie ihr Album «Wouldn't It Be Great» heraus und schaffte es damit in die Country-Charts. Im vergangenen Jahr folgte «Still Woman Enough».
Geboren wurde Lynn 1932 als Loretta Webb in Butcher Hollow im US-Bundesstaat Kentucky als Tochter eines Bergarbeiters – was ihr den Beinamen «Coal Miner's Daughter» einbrachte. Sie trug ihn mit Stolz durchs Leben, nahm ihn auch als Titel ihrer ersten Autobiografie. Die gleichnamige Single kletterte 1970 auf Anhieb an die Charts-Spitze, auch das im Jahr darauf folgende Album war weit oben zu finden. Der 1980 erschienene biografische Film über ihr Leben, in dem Sissy Spacek die Hauptrolle spielte und dafür den Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt, trug schliesslich auch diesen Titel – in Deutschland hiess der Film «Nashville Lady».
Noch in Butcher Hollow lernte Loretta Webb als Teenie ihren Mann Oliver «Doolittle» Lynn kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod 1996 zusammenblieb. Aus der Ehe mit dem Country-Musiker, der auch zu ihrem Manager wurde, gingen sechs Kinder hervor, von denen drei Töchter ebenfalls eine Laufbahn als Musikerinnen einschlugen.
Die Karriere von Loretta Lynn nahm ab 1961 unter der Führung ihres Mannes in Nashville Fahrt auf. Schon 1962 hatte sie ihren ersten Auftritt bei der legendären Grand Ole Opry, der ältesten Radioshow der USA, die seit 1925 wöchentlich Country-Konzerte aus Nashville überträgt. In der Country-Szene gibt es kaum einen besseren Eintrag im Lebenslauf, abgesehen von Grammys, die sie später auch eroberte.
Sie brachte Dutzende Alben heraus, etliche standen an der Spitze der Charts, dazu kamen zahlreiche erfolgreiche Singles. Auf «Honky Tonk Girl» folgte «Don’t Come Home a Drinkin’» – von vielen als musikalische Warnung an ihren Ehemann ausgelegt. «Die Lieder waren immer nah am Leben», sagte Lynn einmal. «Wir haben uns stark gestritten und wir haben und stark geliebt.»
Die Academy of Country Music kürte Lynn in den 1970er Jahren zur «Künstlerin des Jahrzehnts», 1977 folgte ein Stern am Walk of Fame in Hollywood, in den USA alleine verkaufte sie mehr als vier Millionen Alben. «Ich habe über meinen Herzschmerz geschrieben, ich habe über alles geschrieben», sagte sie einmal der «New York Times». «Aber wenn man die Songs hört, lächelt man einfach.»
Sie sei stolz darauf, dass sie immer ihre eigenen Ideen gehabt habe. «Aber ich bin nicht besser als irgendjemand anders. Ich habe mich oft gefragt, warum ich so berühmt geworden bin und vielleicht ist das der Grund. Ich erreiche die Menschen, weil ich einer von ihnen bin.»