Bei seinem WM-Comeback steht Tyson Fury länger im Ring als erwartet. Es gibt ein Punkturteil: unentschieden. Weltmeister bleibt Deontay Wilder. Danach setzen die Diskussionen ein: Ist das Urteil gerecht?
Es sollte das grösste Schwergewichts-Duell der vergangenen Jahre werden – doch am Ende standen beide Gegner unzufrieden im Ring. Unentschieden lautete das Urteil im WM-Kampf zwischen den Profiboxern Deontay Wilder aus den USA und Tyson Fury aus Grossbritannien.
Wilder und Fury fühlen sich beide als Sieger
115:111 für Wilder, 114:112 für Fury und 113:113 lautete im Staples Center von Los Angeles das Urteil der Punktrichter. Einen Sieger gab es nicht, aber einen Gewinner: Wilder behält den Titel des World Boxing Council (WBC). «Ich habe gewonnen. Ich habe ihn unter Druck gesetzt und gut getroffen», sagte der 33 Jahre alte Titelverteidiger und konnte das Urteil nicht nachvollziehen.
«Ich habe gewonnen», widersprach Fury und kündigte einen Rückkampf an. «Ich bin sicher, dass wir da eine grossartige Show zeigen werden.» Der 20 Kilogramm leichtere Amerikaner willigte ein: «Wo auch immer das Geld zu holen ist, ich bin dabei.» Der 2,06 Meter grosse Fury möchte sich allerdings zunächst seinen Landsmann und Weltmeister Anthony Joshua (WBO, IBF, WBA-Super) vorknöpfen.
Wilder haut Fury in der 9. und 12. Runde auf die Bretter
Wie fast alle seine Gegner wollte der Knockouter Wilder den 116-Kilo-Koloss Fury vorzeitig in die Knie zwingen. 39 seiner 40 Kämpfe hatte der 33-Jährige auf diese Weise gewonnen. Das schien auch aufzugehen. Klitschko-Bezwinger Fury lag zweimal am Boden: in der neunten Runde nach einem rechten Haken, in der zwölften Runde nach einem linken Haken. Beide Male wurde er angezählt. «Ich habe seine Augen rollen gesehen. Da dachte ich, es ist vorbei», sagte Wilder. Zunächst waren die Punkte des kanadischen Kampfrichters Robert Tapper fälschlich als 114:110 für Fury ausgezählt und verkündet worden. Die Wertung wurde später auf 114:112 korrigiert.
Herausforderer Fury war trotz Grösse und Gewichts leichtfüssiger, beweglicher und zeigte einige gelungene Kombinationen. Der «Bronze Bomber», wie Wilder genannt wird, verliess sich auf Einzelschläge, traf den häufig abtauchenden Engländer zunächst aber nicht entscheidend. Eine wilde Schlacht, wie beide vollmundig angekündigt hatten, wurde es nicht. Teilweise gab es Leerlauf.
Letztlich ist das Remis gerecht
Der Kampf war jedoch spannend, weil der 2,01 Meter grosse und nur 96 Kilo schwere Wilder aufgrund seiner enormen Schlaghärte jederzeit den K.o.-Schlag in petto hatte. Dagegen konnte Fury den Amerikaner mit seinen Treffern nicht beeindrucken. Letztlich ist das Remis gerecht. Einige Beobachter am Ring meinten jedoch wütend, mit dem Urteil sei «das grösste Comeback der Sportgeschichte ruiniert» worden. Sie sahen Fury vorn.
Für den Briten ist das WM-Comeback drei Jahre nach dem Titelgewinn gegen Wladimir Klitschko jedoch ein Erfolg. Drogenmissbrauch und Doping kosteten ihn Boxlizenz und WM-Titel (WBO, IBF, WBA-Super). Depressionen und Alkoholexzesse folgten und hätten ihn an den Rand des Selbstmords geführt, behauptete er später. Nach zwei mässigen Aufbaukämpfen war das Duell gegen Wilder der erste ernsthafte Test. Nach dem Kampf übte sich Fury erneut als Showmaster. In dem gut gefüllten Presseraum stimmte er den Song «American Pie» an und das Auditorium sang mit.
Wilder und Fury sind noch unbesiegt
=> Die Kampfbilanz von Wilder
=> Die Kampfbilanz von Fury