Der neue FCB-Besitzer David Degen spricht in einem Interview über seinen Umgang mit Vorgänger Bernhard Burgener, über die neue Ausrichtung im Klub und seine Ziele mit dem FC Basel.
«Die drei Monate von Mitte Februar bis Mitte Mai 2021 sind mit Abstand das Intensivste, was ich je erlebt habe», blickt David Degen in einem Interview mit dem «Tagesanzeiger» auf den gewonnenen Machtkampf mit Bernhard Burgener zurück.
Durch sein Vorkaufsrecht hatte der 38-Jährige den entscheidenden Trumpf in der Hand, damit Burgener seine Anteile nicht an die britischen Investoren von Centricus verkaufen konnte. Als der Gang vor Gericht nicht mehr zu verhindern schien, konnten sich die beiden Parteien doch noch einigen. Er hätte sein Recht auf Erfüllung der Aktienübertragung eingeklagt, betont Degen.
Gleichzeitig verrät er, dass er womöglich aber aufgegeben hätte, wenn Burgener den Fall noch weiter gezogen hätte und an die nächsthöhere juristische Instanz gelangt wäre, um bis auf Weiteres FCB-Besitzer zu bleiben. «Ich war lange sicher, dass ich dann aufgeben würde. (...) Aber das wäre für den Club und für mich eine ziemlich düstere Perspektive gewesen», so Degen.
Der ehemalige FCB-Profi ist dennoch nicht nachtragend. Er glaubt, dass es auch Burgener stets um das Wohl des Klubs ging. «Ich schätze Bernhard. Ich finde es toll, dass er seine Loge im Stadion behält, und hoffe, dass er das auch nie ändert.» Degen sagt aber auch: «Er hat mich sicher unterschätzt. Und vielleicht haben wir vor ihm auch etwas zu viel Respekt gehabt. In den Verhandlungen jedenfalls ging schliesslich vieles einfacher als vermutet.»
Auch wenn die beiden jetzt nicht mehr viel miteinander zu tun haben, gebe es noch einige Dinge, die zu lösen sind. «Zum Beispiel das Indien-Engagement, das den FCB Geld kostet und von dem klar ist, dass es in der bisherigen Form nicht weitergeht.»
Die neue Ausrichtung des FCB
Degen spricht in dem Interview auch über den neuen Verwaltungsrat und erklärt die Aufgaben der Mitglieder. Präsident Reto Baumgartner sei stark in der Saisonkarten-Kampagne involviert. Marco Gadola kümmere sich um die Stadion-Angelegenheiten. Andreas Rey führe Gespräche mit Partnern und Stakeholdern. Sophie Herzog sei prädestiniert für den Nachwuchs, die Leistungsdiagnostik und die Frauen. Johannes Barth sei mit den Finanzen beschäftigt. Und Christian Gross und Degen kümmern sich um sportliche Belange.
Bei seiner Vorstellung im Mai hatte Degen angekündigt, wieder einen Sportchef engagieren zu wollen. Nun scheint er sich da nicht mehr ganz so sicher zu sein. In der neuen Technischen Kommission mit Christian Gross, Ruedi Zbinden, Philipp Kaufmann und Degen habe man bereits viel Kompetenz und Erfahrung. «Wir sind zum Schluss gekommen, dass da gar kein eigentlicher Sportchef mit eigenen Ideen mehr reinpasst.»
Degen erläutert: «Zbinden ist sehr wertvoll, wenn es um die Zusammenstellung des Kaders geht. Gross hat eine riesige Erfahrung und ein grosses Netzwerk und bringt die Perspektive des Trainers an den Tisch. Kaufmann ist jünger, hat aber sehr interessante Ansätze und Ideen. Und ich bringe durch meinen Weg den Aspekt des Spielers und des Agenten ein.»
Wenn es darum gehe, etwa bei einer Trainerentlassung Stellung zu nehmen, würde wohl Degen selbst vor die Medien treten. Auch wenn er «meine Zitrone nicht in jede Kamera strecken» müsse. «Wenn es nicht läuft, bin ich da – keine Angst.»
Cabral-Verkauf deutet sich an
Im Kader hat sich bereits einiges getan. So wurden etwa die auslaufenden Verträge von Luca Zuffi und Timm Klose nicht mehr verlängert. «Ich schätze Luca und Timm als Menschen, das sind ganz feine Typen. Aber es war eine sportliche Entscheidung, und da muss man ehrlich sein: Ich bin der Meinung, dass wir auf beide verzichten können», sagt Degen und verrät, dass es «auch Gespräche gab, die etwas emotionaler waren».
Weitere Abgänge sind zu erwarten. Denn der Kader wird «definitiv» kleiner sein als in der letzten Saison, sagt Degen. Und kündigt trotzdem auch einige Neuzugänge an. Man brauche «einen Flügelspieler, einen Innenverteidiger, einen Linksverteidiger, einen Back-up für Silvan Widmer und einen dynamischen Spieler fürs Zentrum (Anm. d. Red.: Der Zuzug von St. Gallens Jordi Quintilla gilt bereits als fix). Und bei einem allfälligen Abgang von Arthur Cabral einen Mittelstürmer.»
Auf Verkaufsseite sei Cabral laut Degen «der einzige Spieler, an dem konkretes Interesse anderer Clubs existiert». Der Brasilianer, den man erst vor einem Jahr fix verpflichtet hat, ist wohl trotz seiner Wichtigkeit und vielen Tore der Top-Kandidat auf der Verkaufsliste. Denn der FCB braucht dringend Einnahmen, wie Degen durchsickern lässt.
«Wir haben in diesem Jahr ein strukturelles Defizit von gegen 28 Millionen Franken. Das ist unsere verdammte Challenge! Der FCB steht bei weitem nicht so gut da, wie viele immer meinen», sagt der neue Klubboss. Man sei zuletzt zu grosszügig mit dem Geld umgegangen. «In zwei, drei Jahren muss der FCB an einem ganz anderen Punkt stehen.»
«Nach den letzten vier Jahren wäre es unvernünftig, jetzt den Titel als Ziel auszugeben.»
David Degen will zwar um Titel mitspielen, hält sich mit Zielen aber zurück.
Und wie will man die Probleme lösen? «Unser Ziel ist es, 20'000 Abos zu verkaufen, das wäre extrem wichtig für uns und ein Zeichen für den Aufbruch. Wenn wir erneut 10, 15 Prozent verlieren, so wie in den letzten Jahren, dann brennt der Baum. Dann brennt er aber richtig», so Degen. Wichtig wäre auch die Qualifikation für die Conference League. Und eben Einnahmen durch Spielerverkäufe – Stichwort Cabral.
Man wird beim FCB in den nächsten Jahren wohl kleinere Brötchen backen müssen. Entsprechend hält sich David Degen auch mit grossen Zielen zurück. «Wir wollen so lange wie möglich oben mitspielen», sagt er. «Nach den letzten vier Jahren wäre es unvernünftig, jetzt den Titel als Ziel auszugeben. In der übernächsten Saison ist das womöglich anders.»