Fribourg-Trainer auf Zeit Lars Leuenberger will mehr als Nothelfer sein

dom, sda

30.1.2025 - 05:00

Erfolgsgarant: Mit Lars Leuenberger an der Bande kam bei Fribourg-Gottéron der Umschwung
Erfolgsgarant: Mit Lars Leuenberger an der Bande kam bei Fribourg-Gottéron der Umschwung
Keystone

Mit Lars Leuenberger kehrt der Erfolg zu Fribourg-Gottéron zurück. Im Interview spricht der «Cheftrainer auf Zeit» über den Turnaround, seinen Ruf als Nothelfer und einen ganz speziellen Affen.

Keystone-SDA, dom, sda

Als Spieler hat Lars Leuenberger kurz nach der Jahrtausendwende zwei Saisons lang seine Spuren bei Fribourg-Gottéron hinterlassen. Seit dem 23. Dezember ist der frühere SCB-Meistercoach als Cheftrainer in neuer Rolle für den Klub tätig. Auf die kommende Saison wird er als Assistent des Schweden Roger Rönnberg ins zweite Glied zurücktreten.

Mit dem Gewinn des Spengler Cup nur neun Tage nach seinem Amtsantritt hat der gebürtige Ostschweizer Fribourg-Gottéron die erste Trophäe überhaupt beschert und damit die Euphorie im Klub neu entfacht. Seit Leuenbergers Ankunft tritt die Freiburger Mannschaft wie verwandelt auf, hat in allen zwölf Meisterschaftspartien gepunktet und sich damit Schritt für Schritt den Playoff-Plätzen genähert. Im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA spricht Lars Leuenberger über die Gründe für den Aufschwung, seinen Ruf als Nothelfer und er verrät, was ein Affe mit der Titelpremiere der Drachen zu tun hat.

Lars Leuenberger, Sie blicken auf sehr intensive und erfolgreiche Wochen zurück. Kaum im Amt gab es mit Fribourg-Gottéron mit dem Gewinn des Spengler Cup bereits etwas zu feiern. Das muss sich gerade anfühlen wie in einem Traum.

Es ging alles so unglaublich schnell. Quasi von null auf hundert. Dadurch wurde auch unser Familienleben komplett auf den Kopf gestellt, war doch angedacht, dass ich diesen Winter viel häufiger Zuhause bin. Ich glaube, ich werde das alles erst nach der Saison richtig realisieren. Das klingt komisch, aber genauso fühlt es sich an. Am 23. Dezember habe ich hier meine Arbeit aufgenommen, am 24. Dezember mit der Familie Weihnachten gefeiert und nebenbei die letzten Sachen für den Spengler Cup gepackt. Am nächsten Tag ging es direkt nach Davos. Es war ein tolles Erlebnis, einfach wunderschön.

Für Fribourg-Gottéron war es die erste Trophäe überhaupt, einen besseren Start kann man sich gar nicht vorstellen. Was hat dies im Klub ausgelöst?

Alle waren einfach glücklich. Daraus lässt sich neue Motivation, neue Hoffnung schöpfen. Im Englischen gibt es den Ausdruck ‹having a monkey on your shoulder›, was für eine Last, ein Problem oder eine Sorge steht, die man mit sich herumträgt. Dieser Affe ist jetzt weg. Der Zeitpunkt war natürlich perfekt.

Nach dem Jahreswechsel ging es in ähnlichem Stil weiter. Dem Team ist es gelungen, den Schwung mitzunehmen und trotz Mammutprogramm in allen Meisterschaftsspielen zu punkten. Überrascht Sie das?

Ich sage das der Mannschaft und so lebe ich zurzeit auch: ‹Wir nehmen Spiel für Spiel.› Es mag wie eine Floskel klingen, aber in unserer aktuellen Situation sollten wir nicht auf die Tabelle schauen. Ich bin einfach glücklich, für die gesamte Organisation, die schwierige Zeiten hinter sich hat, und jetzt endlich wieder Siege feiern kann. Wir wissen, dass wir in dieser Liga jeden schlagen können. Wir dürfen einfach die Pace nicht runterfahren. Das war zuletzt teils das Problem. Wir waren nicht mehr so konsequent wie zuvor. Trotzdem haben wir weiterhin Punkte geholt, das ist sehr positiv.

Was sind die Gründe, dass der Turnaround gelang?

Wir haben das System nicht komplett umgekrempelt, aber mittlerweile viele kleine Dinge angepasst. Unser Fokus lag auf der Detailarbeit. Diese Details haben wir besprochen und die Mannschaft konnte das sehr schnell umsetzen – das war enorm wichtig. Der zweite essenzielle Punkt ist der Glaube. Irgendwann verlierst du den Glauben an etwas. Dann kommt plötzlich jemand Neues und bringt diesen Glauben zurück. Wenn du dann gleich noch gewinnen kannst, hilft das ungemein. Es stärkt den Glauben aller Beteiligten. Das gibt der Mannschaft einen echten Boost.

Die Umstellungen haben sich insbesondere im Defensivverhalten bemerkbar gemacht.

Ja, vor allem in der eigenen Zone und im Spiel ohne Puck haben wir uns stark verbessert. Das war ein zentraler Punkt für mich. Das Ganze ist ein Prozess, und wenn dieser stimmt, folgen automatisch auch die Resultate.

Samuel Walser und Reto Berra feiern nach dem Sieg im Spengelr Cup.
Samuel Walser und Reto Berra feiern nach dem Sieg im Spengelr Cup.
KEYSTONE

Sie haben den Ruf, als Trainer ein Nothelfer zu sein. Stört Sie das?

Das lässt mich eigentlich ziemlich kalt. Es wurde schon viel über mich geschrieben, das gehört zum Geschäft. Ich war zwar in Bern zweimal eingesprungen, später auch in Biel, doch zuletzt war ich fast drei Jahre lang in Olten tätig. Ich sehe mich nicht als klassischen Feuerwehrmann.

Sie sprechen das Kapitel EHC Olten an. Dort wurden Sie vor ziemlich genau einem Jahr zum ersten Mal in ihrer Karriere entlassen. Wie sind sie damit umgegangen?

Natürlich war es anfangs unangenehm, aber in diesem Business ist man sich solcher Risiken bewusst. Ich konnte die Situation schnell verarbeiten. Nach kurzer Zeit war die Welt für mich wieder in Ordnung. Es ist nie schön, ohne Job dazustehen, aber das gehört dazu.

Und dann klopfte Fribourg an ...

Es gab einige interessante Offerten. Die Verantwortlichen von Fribourg sind frühzeitig auf mich zugekommen. Von ihren Plänen war ich überzeugt. Ich hatte also früh Gewissheit, was in der nächsten Saison auf mich zukommt. Das hat mir viel Druck genommen. Dadurch konnte ich den Winter entspannter angehen.

Sie machen nach dieser Saison den Schritt zurück vom Chef- zum Assistenztrainer. Der umgekehrte Weg ist die gängige Praxis. Birgt das ein gewisses Risiko?

Dieser Schritt war für mich ein Thema, als kurz vor Weihnachten die Anfrage kam, einzuspringen. Ich habe mich mit meiner Frau aber auch mit Gerd (Zenhäusern, Fribourgs Sportchef – Red.) intensiv darüber unterhalten. Es ist wirklich eine spezielle Situation. Du erhoffst dir, dass es gut läuft, weil es auch für die Zukunft wichtig sein kann. Irgendwann musst du dir sagen: ‹Ich stürze mich in dieses Abenteuer und überlege nicht zu viel, was in fünf Monaten sein kann.› Das Leben ist zu kurz, um vor solchen Dingen ständig Angst oder Respekt zu haben.

Wirkt sich das auch auf Ihren Coaching-Stil aus?

Es ist sicher ein Unterschied, ob du eine Mannschaft in der Sommerpause übernimmst und deine Philosophie implementierst, oder du mitten in der Saison einspringst. So gesehen braucht es jetzt eine ‹Art Light-Version›.

Dabei tauschen Sie sich auch mit dem zukünftigen Freiburger Cheftrainer Roger Rönnberg aus, der noch bis Ende Saison bei Frölunda in Schweden tätig ist. Wie sieht dieser Austausch konkret aus?

Wir telefonieren zwischendurch. Nicht mehr so häufig, wie noch vor Beginn meines Engagements. Wir tauschen uns darüber aus, wie es gerade bei uns in Freiburg läuft und was bei ihm in Schweden aktuell ist. Klar gibt es da auch Gespräche über die Zukunft, aber mehrheitlich geht es ums Tagesgeschäft. Das ist uns wichtig, dass wir den Blick nicht zu weit nach vorne richten.

Seit Ihrer Ankunft in Freiburg geht es Schlag auf Schlag, der Spielrhythmus gleicht jenem in den Playoffs. Bis zur Nationalmannschaftspause spielt Gottéron noch in Kloten und daheim gegen die Rapperswil-Jona Lakers, danach ruht der Spielbetrieb fast zwei Wochen lang. Sehnen Sie sich diesen Unterbruch herbei?

Für mich persönlich weniger, ich bin jetzt erst seit gut fünf Wochen dabei. Für die Mannschaft war es mental und körperlich aber eine grosse Belastung. Deshalb ist es wichtig, dass die Spieler einmal abschalten und sich erholen können. So haben wir endlich wieder die Möglichkeit, richtig zu trainieren, was in den letzten Wochen kaum möglich war.

Wann ist die Saison als Erfolg zu werten?

Schwierig, jetzt schon eine Antwort zu geben. Wir wollen als Team einen guten Prozess sehen und dann schauen, wohin das führt. Aber natürlich bleibt es das Ziel – wie bei allen anderen 13 Mannschaften auch -, die Playoffs zu erreichen.