Zum zweiten Mal Seine «letzte Chance, zu überleben» – Londoner Ärzte heilen HIV-Patienten

phi

5.3.2019

Der «Berliner Patient»: Timothy Ray Brown aus Seattle ist bis dato der einzige Infizierte gewesen, der vom HI-Virus befreit werden konnte. Hier erklärt er 2012 die Gründung einer eigenen Aids-Stiftung.
Der «Berliner Patient»: Timothy Ray Brown aus Seattle ist bis dato der einzige Infizierte gewesen, der vom HI-Virus befreit werden konnte. Hier erklärt er 2012 die Gründung einer eigenen Aids-Stiftung.
Bild:  Keystone

Vor über zehn Jahren konnten deutschen Ärzte einen amerikanischen HIV-Patienten heilen – eine Wiederholung gelang aber nicht. Bis jetzt: In London gibt es einen Nachfolger des «Berliner Patienten». 

Timothy Ray Brown ist eigentlich einzigartig. Der Amerikaner ist bisher der einzige Mensch, bei dem HIV geheilt werden konnte. 2006 wird eine neuartige Therapie bei dem Mann aus Seattle angewandt.

Sie löst beim «Berliner Patienten» die gesundheitliche Kehrtwende aus: Er erhält Knochenmark eines Spenders mit einem veränderten Gen, das rund ein Prozent der Europäer in sich trägt.

Spezielle Gen-Mutation

Das neue Knochenmark stellt das Immunsystem des Patienten neu auf. Der Clou am speziellen CCR5-Gen: Wenn man beide Varianten davon hat, fehlt dem HI-Virus quasi die Tür, um in die körpereigenen Immunzellen einzudringen.

Timothy Ray Brown im März 2019: Der schwule Übersetzer lebt heute in San Francisco.
Timothy Ray Brown im März 2019: Der schwule Übersetzer lebt heute in San Francisco.
Bild: Keystone

Diese Menschen sind also gegen HIV immun, und auch bei Timothy Ray Brown können seither keine HI-Viren mehr entdeckt werden: Die Stammzellentherapie des heute 52-Jährigen, die 2009 Eingang ins ehrwürdige «New England Journal of Medicine» findet, geht in die Geschichte der Medizin ein.

Nur: Bisher ist es Forschern und Ärzten nicht gelungen, an den Erfolg anzuknüpfen, wobei die Knochenmarktransplantation allerdings auch keine Therapie ist, die dem Gros der weltweit 37 Millionen Infizierten helfen könnte.

«Es war seine letzte Chance, zu überleben»

Doch nun ist es Wissenschaftlern in London offenbar gelungen, einen weiteren Menschen von der potenziell tödlichen Krankheit zu befreien. Auch diese Person erhielt vor drei Jahren Stammzellen via Knochenmark mit dem veränderten CCR5-Gen – und ist heute HIV-frei.

Das Team um Professor Ravindra Gupta ist mit dem Begriff Heilung beim «Londoner Patienten» zwar noch vorsichtig, doch der Arzt und Biologe bestätigt der Nachrichtenagentur «Reuters»: «Es gibt kein Virus, das wir nachweisen können. Wir können nichts entdecken.»

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Ein Glück für den «Londoner Patienten», dessen letztes Stündlein schon zu schlagen schien. Der Mann infiziert sich 2003, 2012 wird dann auch noch eine besonderer Blutkrebs diagnostiziert, der ihn innerlich zerstört. 2016 entschliessen sich die Ärzte um Cambridge-Professor Gupta zur Transplantation: «Es war seine letzte Chance, zu überleben.»

Kein Allheilmittel, aber dennoch ein Meilenstein

Die Operation verläuft ohne Komplikationen und nach dem Eingriff können keine Viren mehr gefunden werden. Dennoch nimmt der «Londoner Patient» zur Sicherheit weitere 16 Monate Medikamente, weiss die «Zeit». 18 Monate vergehen – ohne jeglichen HIV-Fund.

Der Austausch von Knochenmark sei eine verzweifelte «Ultima Ratio» in der medizinischen Behandlung von Leukämie oder Lymphkrebs, erklärt das deutsche Wochenblatt weiter: Die Methode ist teuer, komplex – und vor allem müssen erst passende Spender gefunden werden.

Doch auch wenn der «Londoner Patient» nicht zum Hoffnungsträger für die grosse Masse der Infizierten taugt, macht seine Geschichte Mut: Nach einer zweiten Transplantation besiegt der Mann auch den Blutkrebs. Sein Überleben ist der nächste Meilenstein auf dem beschwerlichen Weg hin zur endgültigen Heilung von HIV.

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