Sensationsfund Rehabilitiert nach 2'469 Jahren

tali

23.3.2019

Meeresarchäologen entdeckten einen vorher noch nie gesehenen Bootstyp.
Meeresarchäologen entdeckten einen vorher noch nie gesehenen Bootstyp.
Christoph Gerigk / Franck Goddio / Hilti Foundation

Die Berichte des griechischen Historikers Herodot gelten vielen Forschern als Mythen. Nun fanden Meeresarchäologen einen Beleg für Herodots Worte – in Form eines nie zuvor gesehenen Bootstyps.

Er schrieb über die Feldzüge des achämenidischen Königs Kambyses II., die Unterwerfung der Babylonier und die Schlachten, die Xerxes um Griechenland schlug – und wird dafür seit rund 2'000 Jahren angezweifelt: Unzuverlässig nannte Plutarch um 100 nach Christus den ältesten griechischen Geschichtsschreiber, vom Satiriker Lukian von Samosata wurde Herodot ein paar Jahrzehnte später gar zum Lügner erklärt.

Nun, fast 2'500 Jahre, nachdem Herodot seine umstrittene «Historien» verfasste, fanden Archäologen Belege dafür, dass die Schilderungen des umstrittenen griechischen Historikers der Wahrheit entsprachen – zumindest in einem Punkt: Wissenschaftler der Oxford University haben erkannt, Herodots detailreiche Beschreibung eines ägyptischen Bootstyps genau auf das Wrack einer bisher einzigartien Barke zutrifft, das 2009 im untergegangenen Hafen Herakleion entdeckt wurde.

Von wegen erfunden

Herodot lebte zwischen 490/480 und 430/420 vor Christus und gilt als der Vater der Geschichtsschreibung. Und als recht fantasievoll.
Herodot lebte zwischen 490/480 und 430/420 vor Christus und gilt als der Vater der Geschichtsschreibung. Und als recht fantasievoll.
Getty Images

In seinem zweiten Buch der Historien, das sich mit den Gebräuchen und der Geschichte Ägyptens auseinandersetzt, beschreibt Herodot einen Schiffstyp, der ihm – und bis vor kurzem Archäologen – bis dato unbekannt war: Transportschiffe, deren halbmond-förmiger Rumpf aus Schirmakazien gefertigt wurde. «Aus diesen Bäumen schneiden sie etwa [ein Meter lange] Holzstücke und legen sie wie Ziegel nebeneinander. Sie werden zusammengehalten von einer grossen Zahl langer Bolzen. Und wenn sie das Boot zusammengebaut haben, legen sie Balken darüber». Am Kiel werde ein Loch für ein Ruder gelassen.

Eine Beschreibung, die erstaunlich präzise auf «Schiff 17» zutrifft: Das 17. von über 70 Wracks, auf die der französische Unterwasserarchäologe Franck Goddio und sein Team in der Bucht von Abukir stiessen. «Erst, als wir dieses Wrack entdeckten, realisierten wir, dass Herodot Recht hatte», erklärt Dr. Damian Robinson von der Oxford University, die an der Expedition beteiligt war, im «Guardian». «Wir blickten auf das, was er beschrieben hat».

«Keiner wusste, was er damit meint»

Der Bootsrumpf wurde genauso gefertigt, wie es Herodot 450 vor Christus beschrieben hatte.
Der Bootsrumpf wurde genauso gefertigt, wie es Herodot 450 vor Christus beschrieben hatte.
Christoph Gerigk / Franck Goddio / Hilti Foundation

Alexander Belov, der zu Goddios Forscherteam gehörte, mutmasst in seinem jüngst erschienen Buch «Ship 17: a baris from Thonis-Heracleionsogar» sogar, dass das über Jahrtausende alte Schiff sogar in der Werft gefertigt worden sein könnte, in der Herodot den Fertigungsprozess um 450 vor Christus beobachtete, so genau passe die Beschreibung der Schiffsarchitektur. Bislang waren sich Wissenschaftler noch nicht einmal einig, ob der griechische Historiker die Reisen, von denen er schrieb, überhaupt unternommen hatte.

«Herodot beschrieb Boote mit langen, inneren Rippen. Keiner wusste, was er damit meint», erklärt Robinson Herodots Glaubwürdigkeitsproblem. «Diese Struktur wurde von Archäologen zuvor noch nie gesehen.» Dass jedes Wort in Herodots «Historien» der Wahrheit entspricht, ist damit natürlich nicht bewiesen. Die Glaubwürdigkeit des Autoren, der für manche historischen Ereignisse als einziger Chronist gilt, erhöht sich allerdings – nach 2'469 Jahren.

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