15 Zentimeter langes Geheimnis Rätsel gelöst: Was es mit der «Alien-Mumie» aus Chile auf sich hat

Andrea Barthélémy, dpa

22.3.2018

Die Herkunft der geheimnisvollen Mini-Mumie aus Chile, die manche als Überreste eines Ausserirdischen ansahen, ist enträtselt. Das winzige, nur 15 Zentimeter lange mumifizierte Skelett mit dem bizarr langgezogenen Schädel und den übergrossen Augenhöhlen ist eindeutig das eines weiblichen Menschen.

Der Fund in einem verlassenen Örtchen in der chilenischen Atacama-Wüste hatte 2003 für einiges Aufsehen gesorgt. Sogar ein Dokumentarfilm über die angeblich ausserirdische Herkunft des Mini-Wesens, nach seinem Fundort Ata genannt, wurde gedreht.

Tatsächlich litt der kleine, wohl durch eine Frühgeburt zur Welt gekommene Mensch an einer Vielzahl genetischer Mutationen, die die diversen Knochen- und Schädel-Fehlbildungen hervorbrachten, wie Forscher der University of California (San Francisco) und der Stanford University (Stanford) nun in einem abschliessenden Artikel im Fachjournal «Genome Research» berichten.

Von vielen dieser Genveränderungen wüsste man bereits, dass sie eine Rolle bei Kleinwuchs, Skoliose und Fehlbildungen an Muskeln und Knochen spielten. Andere Mutationen hingegen seien zwar als mögliche Auslöser von Erkrankungen bekannt, aber bisher noch nie mit solchen Entwicklungsstörungen in Verbindung gebracht worden.

«Ich hatte über einen Freund von dem Körper gehört und mir ein Foto besorgt. Man kann sich das nicht anschauen und denken 'Das ist uninteressant'. Es ist ziemlich beeindruckend», erinnert sich Mikrobiologe Garry Nolan an den Start der DNA-Sequenzierung vor fünf Jahren.

Vorzeitig gealterter Fötus

Heute steht nach einem Abgleich mit Referenzgenomen von Schimpanse und Rhesusaffe fest: Ata war definitiv ein Mensch. Ein geografischer Populationsabgleich lässt zudem auf chilenische Herkunft schliessen und das Verhältnis abgelesener X- und Y-Chromosomen auf weibliches Geschlecht.

Schon bei der ersten Untersuchung waren weitere Ungewöhnlichkeiten aufgefallen: Das kleine Skelett weist nur zehn statt der üblichen zwölf Rippenpaare auf. Ausserdem fand der Knochenexperte Ralph Lachman beim Röntgen heraus, dass bestimmte Knochenteile Atas überraschenderweise aussahen wie die eines sechs- oder siebenjährigen Kindes.

Sollte die winzige Ata mit den ungewöhnlichen Deformationen tatsächlich so lange gelebt haben? Nein, folgern die Forscher heute: Ata sei ein Fötus gewesen, habe aber an einer seltenen Erkrankung gelitten, die die Knochen vorzeitig altern lasse.

Spekulation über Ursache der Fehlbildungen

Dies alles festzustellen, war nur möglich, weil die Wissenschaftler aus Atas Rippen intaktes Erbgut extrahieren und sequenzieren konnten. Das gelang, weil das von der Wüstensonne mumifizierte Skelett nur etwa 40 Jahre alt war.

«Das ist ein grossartiges Beispiel dafür, wie uns die Sequenzierung alter Funde dabei hilft, auch moderne Proben zu analysieren», betont Butte. Und es zeige, dass man sich bei Patienten auf der Suche nach Ursachen für bestimmte Erkrankungen, nicht nur auf eine einzelne Mutation fokussieren solle.

Auch über die Ursachen von Atas zahlreichen Fehlbildungen machten sich die Forscher Gedanken: «Wir können nur spekulieren, aber der Körper wurde in La Noria gefunden, einer von vielen verlassenen Städten der Atacama Wüste, in denen Nitrat abgebaut wurde.» Dies habe möglicherweise bei den vorgeburtlichen DNA-Schädigungen eine Rolle gespielt.

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