Rätsel gelöst? Neuer Wasserkreislauf auf dem Mars entdeckt

AFP

10.5.2019

Verdampft das Wasser auf dem Mars trotz grosser Kälte?
Verdampft das Wasser auf dem Mars trotz grosser Kälte?
Keystone

Wissenschaftler haben einen neuen Wasserkreislauf auf dem Mars entdeckt. Er soll massgeblich zum fortdauernden Wasserverlust unseres Nachbarplaneten beitragen. 

Wohin verschwindet das Wasser auf dem Mars? Die Antwort auf diese Frage könnten Forscher nun entdeckt haben:  Computersimulationen zeigen, wie Wasserdampf Barrieren kalter Luft in der mittleren Marsatmosphäre überwindet und höhere Luftschichten erreicht.

Wie das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) am Donnerstag mitteilte, können die Forschungsergebnisse zu einem besseren Verständnis des massiven Wasserschwunds in der Geschichte des Mars beitragen. Über ihre Forschungsergebnisse berichten die Wissenschaftler des Moskauer Instituts für Physik und Technologie und des MPS mit Sitz in Göttingen in der Fachzeitschrift «Geophysical Research Letters».

Den Hintergrund der neuen Erkenntnisse beleuchtet ein Blick zurück in die Frühzeit unseres Sonnensystems: Vor Milliarden von Jahren gab es auf dem Mars Flüsse und sogar einen grossen Ozean. Doch heute existieren im Marsboden nur noch geringe Mengen gefrorenen Wassers. Laut MPS dürfte der Mars mindestens 80 Prozent seiner ursprünglichen Wasservorräte verloren haben. In der oberen Marsatmosphäre spaltete ultraviolette Strahlung der Sonne Wassermoleküle in Wasserstoff und Hydroxilradikale auf. Der Wasserstoff entwich von dort unwiederbringlich ins All.

Allerdings zeigen Messungen, dass noch immer Wasser auf diesem Wege verloren geht. Unklar war dabei, wie der Wasserdampf in die oberen Luftschichten gelangt – denn eigentlich müsste die kalte mittlere Atmosphärenschicht des Mars das Gas aufhalten, indem es gefriert.

Wasser kommt auf dem Mars nur in gefrorener Form vor – und geht dennoch verloren.
Wasser kommt auf dem Mars nur in gefrorener Form vor – und geht dennoch verloren.
Keystone

Fenster für Wasserdampf

An diesem Punkt setzen die aktuellen Simulationen der russischen und deutschen Forscher ein: Sie fanden einen bisher unbekannten Mechanismus, der laut MPS an eine Art Pumpe erinnert. Die Rechnungen zeigen, dass die normalerweise eiskalte mittlere Marsatmosphäre zweimal am Tag durchlässig wird für Wasserdampf.

Das trifft allerdings nur für einen bestimmten Ort und eine bestimmte Jahreszeit zu. Das Fenster für den Wasserdampf öffnet sich etwa alle zwei Erdenjahre, wenn auf der Südhalbkugel des Mars Sommer herrscht. Nur dort und nur zu dieser Jahreszeit kann den neuen Erkenntnissen zufolge Wasserdampf effizient aus der unteren Atmosphäre in die obere aufsteigen.

«Wenn auf der Südhalbkugel Sommer herrscht, kann dort lokal Wasserdampf zu bestimmten Tageszeiten mit wärmeren Luftmassen aufsteigen und die obere Atmosphäre erreichen», erläuterte Paul Hartogh vom MPS. Dort tragen Winde das seltene Gas bis zum Nordpol. Während ein Teil des Wasserdampfs zerfällt und ins All entweicht, sinkt der Rest in Polnähe zurück nach unten.

Verstärkt durch Staubstürme

Die Oberfläche des Mars ist sehr staubig.
Die Oberfläche des Mars ist sehr staubig.
Keystone

Dieser ungewöhnliche Wasserkreislauf kann durch ein weiteres Marsphänomen verstärkt werden – nämlich die gewaltigen Staubstürme auf dem Roten Planeten. «Die Staubmengen, die während eines solchen Sturms durch die Atmosphäre wirbeln, erleichtern den Transport von Wasserdampf in hohe Luftschichten», erklärte Alexander Medvedev vom MPS.

«Unser Modell bildet in bisher unerreichter Genauigkeit ab, wie der Staub in der Atmosphäre die mikrophysikalischen Prozesse, die bei der Umwandlung von Eis in Wasserdampf eine Rolle spielen, beeinflusst», unterstrich Dmitry Shaposhnikov vom Moskauer Institut für Physik und Technologie, der Erstautor der neuen Studie.

«Die Marsatmosphäre ist offenbar durchlässiger für Wasserdampf als die der Erde», erklärte Hartogh. «Der neue gefundene saisonale Wasserkreislauf trägt massiv dazu bei, dass der Planet weiterhin Wasser verliert.»

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