Unterschätze BäumeEin Hoffnungsschimmer am düsteren Klima-Horizont – dank ETH-Forscher
Philipp Dahm
23.2.2019
Der Klimawandel und das Artensterben machen der Erde zu schaffen. Ein Biologe der ETH Zürich präsentiert nun einen verblüffend einfachen Weg, um gegenzusteuern: Aufforstung im grossen Stil.
Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste: Würde man dieser Tage ausschliesslich Nachrichten aus den Bereichen Umwelt und Klima konsumieren, wäre man wohl ein heisser Anwärter auf eine Depression. Wenn es eine neue Erkenntnis gibt, dann meist jene, dass alles noch viel schlimmer ist als gedacht. Dazu drei Beispiele.
Plastik-Fluch und Artensterben
Plastik sammelt sich nicht nur im grossen Stil in unseren Weltmeeren, sondern auch im Menschen. Schon lange ist bekannt, dass kleinste Kunststoffteile durch Fische in die Nahrungskette gelangen. Aber dass heutzutage eigentlich jedes Meerestier mit Plastik belastet ist und schon einmal ein Wal verendet, weil er von diesen Mini-Schnipseln satte sechs Kilogramm in seinem Körper angehäuft hat, das ist eine neue und mehr und mehr thematisierte Dimension.
Müllschwemme am Strand von Mumbai: Der Fluch des Plastiks
Freiwillige haben in den letzten zwei Jahren versucht, den Versova Beach in Mumbai vom Müll zu befreien. Doch vom Arabischen Meer werden jeden Tag neue Unmengen an Plastikabfall angeschwemmt.
Bild: Dukas
Momentan werden weltweit jedes Jahr 300 Millionen Tonnen Plastik produziert.
Bild: Dukas
Nur neun Prozent vom anfallenden Plastikabfall werden recycelt, etwa zwölf Prozent verbrannt, der Rest landet auf Müllhalden, in der Landschaft - oder im Meer.
Bild: Dukas
Schätzungen gehen von acht Millionen Tonnen Plastikmüll aus, die jedes Jahr in den Weltmeeren landen.
Bild: Dukas
Sollte sich der Trend unvermindert fortsetzen ...
Bild: Dukas
... werden die Ozeane im Jar 2050 mehr Plastikmüll als Fisch enthalten.
Bild: Dukas
Wie beim Erhalt der Arten: Dass mal die eine oder andere Spezies von der Bild- und Erdoberfläche verschwindet, hört und kennt man. Wenn sich nun aber herausstellt, dass 60 Prozent der Tierarten bereits ausgelöscht sind, macht das für die Zukunft bange. Früher stand vielleicht mal eine spezielle Spatzenart auf einer Bedrohungsliste – heute ziehen sich im grossen Stil ganze Vogelarten aus Europas Kulturlandschaften zurück – oder «werden zurückgezogen». Dazu passt, dass Insekten ja auch bald ausgestorben sein sollen.
Klimawandel und Umweltverschmutzung in drastischen Bildern
Forscher vermuten eine neue, illegale Quelle von Trichlorfluormethan in der Atmosphäre. Zu diesem Schluss kommen sie, weil die Stoffmenge seit 2012 langsamer sinkt als nach den geltenden Umweltregelungen zu erwarten wäre.
Bild: NASA
Trichlorfluormethan gehört zu den Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW), die früher unter anderem als Kühlmittel und als Treibmittel in Spraydosen verwendet wurden.
Bild: Keystone
Miami: Urlaubsgäste liegen am Strand vor der Küste Floridas. Unter der Oberfläche fliesst der Golfstrom und transportiert das Wasser bis nach Nordeuropa. Welche Folgen Klimawandel und Umweltverschmutzung haben, sehen Sie hier in drastischen Bildern.
Bild: dpa
Die Gletscher werden weiter schmelzen - selbst wenn sich alle Länder an das internationale Klimaabkommen von Paris halten. Das gilt jetzt offenbar auch für den Nordpol, wie eine neue Studie zeigt.
Bild: Keystone
Eine Art verliert ihren Lebensraum: Ein verhungerter Eisbär auf Spitzbergen, Norwegen, 2013.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Der Klimawandel könnte ihm den Garaus machen: der Grosse Panda könnte in gewissen Regionen verschwinden. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/AP/WONG MAYE-E
Schlittenhunde ohne Schnee. Auch in Grönland spürt man die Folgen des Klimawandels.
Bild: Dukas/Sandra Walser
Ein Sturm braut sich über England zusammen. Die Aufnahme entstand 2012, doch Starkregen und Überschwemmungen haben hier seither deutlich zugenommen.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Die innere Mongolei versandet zusehends – durch anhaltende Trockenheit breitet sich die Wüste immer weiter aus, 2009.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Die Schönheit der Natur trügt. Hier in Island wurde im September 2010 ein riesiges Gebiet überflutet.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Ein Fischer schaut in Tuvalu auf eine zerstörte Insel (2007).
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
In Shishmaref, einer kleinen Insel zwischen Alaska und Sibirien, steht eine Einheimische am Strand - genau dort, wo einst ihr Haus war, 2004.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Öl-Fässer und anderer Zivilisationsschrott 2008 in Grönland.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Im März 2009 wird im chinesischen Suihua die Luft durch Kohlewerke extrem belastet.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Der Russell-Gletscher in Grönland schmilzt, 2008.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
In Chacaltaya in Bolivien erstrahlen Seen 2015 in allen Farben. Der hübsche Effekt resultiert tatsächlich aus hochgiftigen Chemikalien aus den anliegenden Minen.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Ein Meer aus Schwimmwesten von gestrandeten Flüchtlingen an der griechischen Küste im Jahr 2015.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Ein Ölvorkommen wird 2014 in Kalifornien intensiv geschröpft.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Wenn der Mensch in die Natur eingreift: Die Schneisen in Malawi sind nur zu deutlich aus der Luft zu sehen, 2015.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Völlig verdreckt: Müll schwimmt im Bishnumati-Fluss in Nepal, 2012.
Bild: Bulls/Ashley Cooper/Barcroft Images
Die Folgen sind Überschwemmungen, Trockenheit und Erosion, all das zieht wiederum Hunger, Krankheit und Migration nach sich. Dies nur, weil die Menschheit nicht in der Lage ist, ihren CO2-Ausstoss zu kontrollieren.
«Mächtigste Waffe im Kampf gegen den Klimawandel»
Damit die Sorge nicht überhandnimmt, ist also jede gute Nachricht recht. Und wenn es stimmt, was Professor Tom Crowther von der ETH Zürich herausgefunden hat, gibt es sogar wieder Anlass für verhaltenen Optimismus: Der Mensch hat im Kampf gegen Klimawandel und Artensterben Verbündete, die ihm seit jeher fest zur Seite stehen und offenbar arg unterschätzt werden: Bäume.
Dass diese CO2 aufnehmen, ist ja eigentlich hinlänglich bekannt. Beim Projekt «Drawdown», das eine Liste der besten machbaren Massnahmen zur CO2-Verringerung führt, rangiert lebendes Holz bisher nur auf Platz 15: Durch Aufforstung könnten 18 Gigatonnen Co2 eingespart werden, aber durch Fleischverzicht 66,1 Gigatonnen – und durch Windturbinen sogar 84,6 Gigatonnen.
Dennoch hat Professor Crowther beim Treffen der American Association for the Advancement of Science in Washington darauf hingewiesen, dass Bäume «unsere mächtigste Waffe im Kampf gegen den Klimawandel» seien. Was den ETH-Biologen zu dieser Aussage verleitet hat, ist die neue Datenlage: Zusammen mit Kollegen hat der Forscher Statistiken, Untersuchungen am Boden und diverse Aufnahmen von Satelliten ausgewertet: Die Gruppe schätzt den weltweiten Baumbestand neu auf drei Billionen Bäume.
Im englischsprachigen Video: Wie die Forscher herausgefunden haben, wie viele Bäume die Erde hat.
Einfach konkret
Die Wissenschaftler haben deshalb in diesem Kontext Flächen ins Visier genommen, die brachliegen, und ausgerechnet, wie viele Bäume hinzukommen könnten: Demnach gäbe es noch Platz für weitere 1,2 Billionen – und die würden laut Crowther die CO2-Bilanz um viele Gigatonnen senken. Die genauen Zahlen sollen bald offiziell werden.
Die zunehmende Trockenheit bringt den Schweizer Wald in Gefahr.
Bild: Keystone
Bedrohtes Idyll: Ein Waldstück mit umgestürzten Bäumen bei Kestenholz im Kanton Solothurn zeigt das Ausmass des Sturmtiefs Burglind.
Bild: Keystone
Der Gantrisch Panoramaweg bietet einen Blick auf die Alpen über den Jura bis zum Schwarzwald. Ein Abstecher auf den Gäggersteg zeigt, wie der 1999 durch den Sturm Lothar zerstörte Wald wieder nachwächst.
Bild: swiss-image.ch
Eine Strasse windet sich durch den Wald bei la Chaux-de-Fonds.
Bild: Keystone
Die Ofenpassstrasse aufgenommen im Schweizerischen Nationalpark.
Bild: Keystone
Blick auf das verschneite Bedretto-Tal.
Bild: Keystone
Verschneite Wipfel in der Nähe von Glaubenberg im Kanton Obwalden.
Bild: Keystone
Das Naturreservat Derborence im Kanton Wallis liegt auf 1500 Meter. Im Herbst verwandelt sich der unberührte Wald in ein farbenfrohes Märchen.
Bild: swiss-image.ch
Der Naturpark Pfyn-Finges im hinteren Turtmanntal im Kanton Wallis.
Bild: swiss-image.ch
Wintermärchen in Adelboden.
Bild: swiss-image.ch
Der Sihlwald ist für die Zürcher Erholungsraum und eindrückliches Naturerlebnis direkt vor der Haustür.
Bild: swiss-image.ch
Das Albishorn zwischen Hausen am Albis und Morschwand im Naturpark Sihlwald.
Bild: swiss-image.ch
Sonnenstrahlen durchbrechen ein Waldstück auf dem Gurnigel im Kanton Bern.
Bild: Keystone
Der God dal Fuorn im Schweizer Nationalpark nahe Zernez.
Bild: Keystone
Blick durch die Lärchen von der Alp Grimmels in Richtung Nationalpark.
Bild: Keystone
Die Rhätische Bahn auf dem Albulaviadukkt in der Kulturlandschaft Albula / Bernina.
Bild: swiss-image.ch
«Es sind 400 Gigatonnen, die die drei Billionen Bäumen binden», rechnet der Forscher aus der Schweiz im britischen «Independent» schon einmal vor, «und wenn man diese um eine Billionen aufforste, würden mindestens zehn Jahre menschenbedingter Emissionen komplett herausgenommen. Dabei haben wir nicht an urbane oder landwirtschaftliche Flächen gedacht, sondern an abgewirtschaftete oder verlassene Gebiete.»
Die Massnahme würde noch ein weiteres Umweltproblem angehen: «Sie hat das Potenzial, zwei der grössten Herausforderungen unserer Zeit anzugehen – den Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt. Und im urbanen Umfeld machen Bäume buchstäblich glücklicher: Sie verbessern die Qualität der Luft, des Wassers und dienen der Natur. Es ist so eine einfache, aber konkrete Sache», sagt der 32-jährige Engländer.
9 Tipps, wie Sie die Welt ein bisschen verbessern können
Noch ist die Frühlingssonne weit weg, aber sich mit dem Velo fortzubewegen ist auch im Winter eine gute Variante, um etwas für die Umwelt zu tun.
Bild: Keystone/Salvatore Di Nolfi
Kaufen Sie Produkte aus der Region, denn bei diesen entfallen die CO2-Emissionen von internationalen Gütertransporten.
Bild: Keystone/Gaetan Bally
Führen Sie einen vegetarischen Tag pro Woche ein, die weltweite Fleischproduktion ist ein enormer Ressourcenfresser.
Bild: Keystone/Thomas Kienzle
Benutzen Sie keine Einweg-Plastiktüten mehr, sondern bringen Sie Ihre wiederverwendbare Tragtasche mit zum Einkauf.
Bild: Keystone/Gaetan Bally
Kaufen Sie Textilien aus umweltfreundlicher Baumwolle, welche ohne Insektizide gewachsen ist.
Bild: Keystone/Erik S. Lesser
Ob Küche oder Wohnzimmer: Geräte, die Strom verbrauchen, sind nicht wegzudenken. Jedoch können wir sie bewusst einsetzen und damit Strom und Geld sparen. So spielt es zum Beispiel eine Rolle, wo man die Butter im Kühlschrank platziert oder ob der Laptop bei Nichtgebrauch am Strom angeschlossen ist.
Bild: Keystone/Martin Ruetschi
Heizen Sie bewusst, denn bei der Heizung haben wir das grösste Energiesparpotenzial im Haushalt. Erhöht man die Temperatur um ein Grad, so steigt der Energieverbrauch um ganze sechs Prozent.
Bild: Keystone/Gaetan Bally
Mit dem Flieger in die Ferien zu reisen ist schnell und praktisch, aber extrem umweltschädlich. So verursacht ein Flug von Zürich nach Neuseeland gleich viel CO2-Emissionen wie acht Monate Alltagsleben in der Schweiz. Reisen Sie 2018 mit dem Zug in die Ferien oder sogar mit dem Fahrrad.
Bild: Keystone/Alessandro Della Bella
Steigen Sie auf papierlose Rechnungen um, denn durch E-Rechnungen, Online-Banking und Daueraufträge können Sie sehr viel Papier einsparen.
Bild: Keystone/Christof Schuerpf
Nicht jeder Arbeitgeber unterstützt Home-Office. Wer aber die Möglichkeit hat und nutzt, schont damit die Umwelt. Das Auto kann sich in der Garage ausruhen, die Vespa lässt Sie mit dem lauten Gebrumm in Ruhe und der Zug wird entlastet.
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