Neuseeland Polizei befürchtet Dutzende Tote nach Vulkanausbruch

SDA/AFP/dpa/uri

9.12.2019

Nach dem Vulkan-Ausbruch auf der Insel White Island schwindet die Hoffnung. Die Polizei gehe "nicht davon aus, dass noch Überlebende auf der Insel sind".

Aus dem Tagesausflug auf eine Vulkaninsel vor der Küste Neuseelands ist möglicherweise für Dutzende Urlauber ein tödliches Abenteuer geworden. Bei einem plötzlichen Ausbruch des Vulkans von White Island kamen am Montag mindestens fünf Menschen ums Leben. Befürchtet wird, dass noch viel mehr Todesopfer zu beklagen sind. Mehr als 20 Besucher wurden in der Nacht (Ortszeit) vermisst. Die Polizei vermutet, dass es auf der Insel keine Überlebenden mehr gibt. Wegen der Gefahr weiterer Eruptionen konnten die Rettungskräfte sie nicht betreten.

Der Vulkan brach gegen 14.11 Uhr Ortszeit (2.11 Uhr MEZ) aus. Auf Aufnahmen einer Beobachtungskamera ist zu sehen, wie sich kurz zuvor noch eine grössere Gruppe von Wanderern auf den Krater zubewegt. Dann wird das Bild schwarz. Die Polizei schätzt, dass zu diesem Moment bis zu 50 Menschen auf der Insel waren. Bis zum Abend wurden 23 Menschen geborgen. Fünf von ihnen erlagen aber ihren schweren Verletzungen. Auch einige der 18 Überlebenden erlitten demnach schwere Verbrennungen.

Dieses von GeoNet zur Verfügung gestellte Foto zeigt Touristen auf einem Pfad in der Nähe des Vulkankraters auf der neuseeländischen Insel White Island. 
Dieses von GeoNet zur Verfügung gestellte Foto zeigt Touristen auf einem Pfad in der Nähe des Vulkankraters auf der neuseeländischen Insel White Island. 
Bild: Uncredited/GeoNet/AP/dpa

Keine Lebenszeichen

Mit Flugzeugen und Hubschraubern wurde bis in den späten Abend aus der Luft nach Überlebenden gesucht. Ein Polizeisprecher sagte: «An keinem Ort sind Lebenszeichen gesichtet worden. Auf Grundlage der vorliegenden Informationen glauben wir nicht, dass sich auf der Insel noch Überlebende befinden.» Sie bemüht sich nach eigenen Angaben aber mit Hochdruck darum, die genaue Zahl der Todesopfer herauszufinden.

Die Rettungskräfte hatten die Suche bei Einbruch der Dunkelheit unterbrochen. "Die Insel ist instabil, es besteht die Gefahr weiterer Eruptionen", sagte Vize-Polizeichef John Tims. Darum sei es für Polizisten und Rettungskräfte vorerst zu gefährlich, die Insel zu betreten. Erst bei Tagesanbruch will das neuseeländische Militär weiter nach den Vermissten suchen.

White Island liegt im Nordosten von Neuseelands Nordinsel, etwa 50 Kilometer von der Küste entfernt. Selbst von dort war die riesige Aschewolke zu sehen. Mehrere Unternehmen bieten von der Küste aus Tagestouren nach White Island mit dem Boot an. Pro Jahr wird die Insel von 10'000 Ausflüglern besucht. Die Touren, die mit einem Blick ins Innere der Erde werben, sind sehr beliebt.

Keine Informationen zu Schweizer Betroffenen

Zu möglichen Schweizer Betroffenen war nichts bekannt, wie das Aussendepartement (EDA) in Bern am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte. Man stehe in Kontakt mit der Botschaft in der neuseeländischen Hauptstadt Wellington und diese mit den Behörden vor Ort.

In Neuseeland halten sich derzeit recht viele Urlauber aus Europa auf, die dem Winter entkommen wollen. Auf der anderen Seite der Erdkugel wird es gerade Sommer. Unter den Besuchern sollen mindestens 20 Australier gewesen sein. Bis zum Abend wurde nur die Nationalität eines Todesopfers bestätigt – der Mann kommt aus Neuseeland. Inzwischen richtete die Polizei eine Rufnummer ein, unter der man sich aus dem Ausland nach dem Verbleib von Angehörigen informieren kann (+64 9105 105).

Bei Neuseelands Ureinwohnern, den Maori, heisst der Vulkan Te Puia O Whakaari. Das bedeutet: «Der dramatische Vulkan». Die Insel ragt etwa 320 Meter in die Höhe. Der weitaus grösste Teil des Vulkans ist unter Wasser. Der letzte grössere Ausbruch war 2016. Damals wurde niemand verletzt. In den vergangenen Wochen wurde bemerkt, dass der Vulkan wieder aktiver wurde. Dies führte aber nicht zu, dass die Touren verboten wurden. Das Betreten ist grundsätzlich nur im Beisein von Führern erlaubt. Die Insel befindet sich in Privatbesitz.

Einige Ausflügler kamen von Kreuzfahrtschiff

Der US-Amerikaner Michael Schade, der White Island gerade verlassen hatte, filmte den Ausbruch vom Boot aus mit seinem Handy. Zu sehen ist, wie die Aschewolke viele Hundert Meter hoch in den Himmel steigt. Schaper sagte: «Ich war einfach nur geschockt. Dann hat das Boot kehrtgemacht, und wir haben einige Leute aufgenommen, die an der Pier standen.»

An der Küste liess sich Premierministerin Jacinda Ardern über den Stand der Suche informieren. Auf die Frage nach weiteren möglichen Todesopfern sagte sie: «Wir haben derzeit noch keine volle Klarheit. Wir wollen jetzt nicht spekulieren.» Mehr als 30 der Ausflügler kamen von einem Kreuzfahrtschiff, der «Ovation Of The Seas», die nun vor Neuseelands Nordinsel auf Anker liegt.

Risiko unterschätzt

Die «Weisse Insel» wurde 1769 von dem britischen Seefahrer James Cook entdeckt, der ihr auch den Namen gab. Grund dafür war, dass White Island ständig in einer Wolke von weissem Dampf und Rauch erschien. Cook ahnte jedoch offenbar nicht, dass sich dahinter ein Vulkan verbirgt. Neuseeland liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Auch Erdbeben sind dort keine Seltenheit.

Der Vulkanologe Thomas Walter vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) sagte der dpa: «Auf White Island kann man mit wenig Geld und Aufwand einen aktiven Vulkan besuchen. Man kommt direkt mit dem Boot auf die Insel, das ist verlockend.» Das Risiko sei jedoch offensichtlich unterschätzt worden. «Ich glaube, man wird diese Art von Reisen dort nicht mehr anbieten können», sagte Walter.

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