USA Mit Gesichtserkennung will Schule in den USA die Sicherheit erhöhen

dpa

27.7.2018

Eine Schule in der Stadt Lockport im US-Staat New York will mit Gesichtserkennung die Sicherheit erhöhen. 
Eine Schule in der Stadt Lockport im US-Staat New York will mit Gesichtserkennung die Sicherheit erhöhen. 
Carolyn Thompson/AP/dpa

Verstösst Gesichtserkennung in Schulen gegen den Datenschutz oder schützt es Schüler vor Attentätern? Nach dem Massaker in Florida wird das in den USA diskutiert.

Wenn Schüler in Lockport ihre Schule betreten, werden ihre Gesichter bald jedes Mal gescannt. Sie werden dann mit einer Datenbank abgeglichen, in der mögliche Straftäter gespeichert sind. Damit könnte das Städtchen im US-Staat New York Vorreiter sein: Aus Angst vor Angriffen mit Schusswaffen erwägen amerikanische Schulen den Einsatz von Gesichtserkennung.

In Lockport und darüber hinaus hat das Vorhaben der Bezirksschulverwaltung eine Debatte über die Wirksamkeit des Systems, Datenschutz und Bürgerrechte entfacht. «Wir schütteln mit dem Kopf, weil wir mit derartigen Sicherheitsproblemen umgehen müssen und darüber sprechen», sagte Robert LiPuma, Technologiedirektor des Bezirks. «Aber wir sind an diesem Punkt».

Das System in Lockport soll es Sicherheitsbediensteten ermöglichen, rasch zu reagieren, wenn einstige Schüler, die der Schule verwiesen wurden, verärgerte ehemalige Mitarbeiter oder Sexualstraftäter auftauchen. Auch auf die Erkennung bestimmter Waffen ist das System programmiert. Nur Schüler, die als Bedrohung betrachtet werden, sollen in die Datenbank aufgenommen werden.

Schüler als potenzielle Kriminelle

Der Schulbezirk ist der erste, der das kanadische System installiert, wie zu hören war. Es könne Angriffe wie den auf eine Highschool in Parkland in Florida verhindern, bei dem 17 Menschen von einem ehemaligen Schüler erschossen wurden, verlautete aus der Verwaltung. Das System hätte den späteren Täter «identifiziert als jemanden, der nicht in diesem Gebäude sein kann», sagte Tony Olivero, ein Sicherheitsberater, der Lockport das System empfahl. Kameras, die im ganzen Gebäude angebracht sind, hätten jede Bewegung des ehemaligen Schülers verfolgt.

17 Tote bei Schiesserei an einer Schule in Florida

Kritiker sagen dagegen, dass die Technologie aus gutem Grund bislang nicht in Schulen eingesetzt wurde. Die Bürgerrechtsorganisation New York Civil Liberties Union hat angesichts der Pläne in Lockport das Bildungsministerium des Staats aufgefordert, die Technologie von allen Schulen fernzuhalten, da sie sich negativ auf das Schulklima auswirke. Der Antrag werde geprüft, hiess es aus dem Ministerium. «Lockport sendet die Botschaft, dass es Schüler als potenzielle Kriminelle betrachtet», sagte die NYCLU-Generaldirektorin Donna Lieberman.

Jennifer Lynch, Juristin der Electronic Frontier Foundation, sagte, jede Schule, die den Einsatz von Gesichtserkennung erwäge, müsse berücksichtigen, wer Zugang zu den Daten habe, wie ein System verwaltet würde und ob Schüler sich dagegen entscheiden könnten.

Lieber Metalldetektoren?

Andere haben wegen der Kosten und Wirksamkeit von Gesichtserkennung Zweifel geäussert. Einer im Februar veröffentlichten Studie des Massachusetts Institute of Technology und der Universität von Stanford zufolge funktionieren manche Gesichtserkennungsprogramme bei ethnischen Minderheiten und Frauen nicht so gut wie bei weissen Männern.

Belinda Cooper, deren 15-jährige Tochter in Lockport die Schule besucht, hätte dort lieber Metalldetektoren. «Es wäre für den Schulbezirk billiger gewesen und man kann garantieren, dass keine Schusswaffen oder Messer hineingebracht werden», sagte sie.

Nach Angaben von Bezirksvertretern wird das Aegis-System von SN Technologies, das sie installieren, keine Datenbank mit Bildern der Gesichter von Schülern oder Mitarbeitern aufbauen, die an die Regierung weitergegeben werden könnte. Die Kosten von 1,4 Millionen Dollar würden nicht zu Lasten des Budgets für Mitarbeiter und Ausstattung gehen.

Bezirksvertreter gestanden ein, dass das System einen entschlossenen Angreifer nicht daran hindern dürfte, durch die Tür zu gelangen; auch warne es nicht vor jemandem, der nicht als Gefährder bekannt sei. Aber «es gibt kein System, das jedes Problem lösen wird», sagte Technologiedirektor LiPuma. «Es ist ein weiteres Werkzeug, von dem wir glauben, dass es uns einen Vorteil bringt, um unsere Gebäude und Gemeinschaften ein bisschen sicherer zu machen.»

«Es ist zu viel»

Ein ähnliches Produkt ist ebenfalls im Bildungswesen auf Interesse gestossen: Einzelne Schulen und Bezirke sowie die Gouverneure von Wyoming und einem anderen US-Staat hätten Interesse an dem Safr-System von RealNetworks gezeigt, sagte Produktdirektor Michael Vance. An einer Schule in Seattle, wo es erstmals eingesetzt wurde, gewährt es Eltern, die ihre Gesichter registriert haben, automatisch Zugang durch ein verschlossenes Tor und teilt der Verwaltung mit, wer kommt. Das System kann individuell angepasst werden, so dass Schulen sich dafür entscheiden können, die Gesichter von Schülern zu registrieren und wählen können, wie es bei Personen reagiert, vor denen es warnen soll.

In Lockport äusserte die 16-jährige Schülerin Teliyah Sumler Bedenken, während das Überwachungssystem in ihrer Schule angebracht wurde. «Nach meinem Gefühl ist es zu persönlich», sagte sie. «Kameras überall in meinem Gesicht. Es ist zu viel.»

Der 22-jährige Khari Demos hat zwei Geschwister, die die Highschool von Lockport besuchen. Er sagte, er sei um ihre Sicherheit besorgt und betrachte Gesichtserkennung als Teil der Sicherheitsvorkehrungen, zu denen auch verschlossene Türen und Trainings für das Verhalten bei Angriffen gehörten. «Es wird identifizieren, wer in der Schule sein sollte und wer nicht», sagte er. «Das System wird nie hundertprozentig perfekt sein, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.»

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