Schillernder Stellvertreter Umstrittener Pius XII. wurde vor 80 Jahren zum Papst gewählt

gusi/uri

1.3.2019

Sein Pontifikat begann kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Sein Verhalten gegenüber NS-Verbrechen wirft bis heute dunkle Schatten auf die Amtszeit. Doch es war der Tod von Papst Pius XII., der für einen richtigen Skandal sorgte.

Er wurde zum Hüter des heiligen Stuhls, sechs Monate bevor über Europa die Hölle hereinbrach. Am 2. März 1939 wählten die Kardinäle in Rom den Italiener Eugenio Maria Giuseppe Pacelli zum Papst. Einige Tage später setzten ihm die Tiara auf und statteten ihn mit den papsteigenen Insignien, dem Hirtenstab und dem Fischerring aus. Wohl niemand innerhalb des Petersdoms konnte sich damals ausmalen, vor welchen Prüfungen der Pontifex in den nächsten Jahren stehen würde.

Wie Pius XII. seine Aufgaben gemeistert hat, ist bis heute umstritten. So werfen Gegner ihm bis heute vor, er hätte seine Stimme gegen Hitler und die NS-Verbrechen erheben müssen. Besonders die Geschehnisse im Morgengrauen des 16. Oktober 1943 gelten als Trauma für die katholische Kirche. An diesem Samstag, die jüdische Gemdeinde Roms beging den Sabbat, umstellten SS-Häscher das Judenghetto der Stadt. Die Absichten der Deutschen waren bereits kurz zuvor durchgesickert. Hilferufe erreichten den Papst, die jüdische Bevölkerung flehte um sein Eingreifen. Doch Papst Pius XII. schwieg, rund 8000 Juden wurden zusammengetrieben – und nach Auschwitz deportiert.

Seither bemüht sich die katholische Kirche, den umstritten Papst und sein Verhalten gegenüber der NS-Verbrechen zu rehabilitieren. Er habe geschwiegen, weil er befürchtete, sein Eingreifen könne zu noch mehr Todesopfern führen, heisst es von seinen Befürwortern. Seit mehr als einem Jahrzehnt versucht die Kirche Pius selig zu sprechen. Israel übte Druck aus, um das zu verhindern – und hatte Erfolg. Das Verfahren wurde ausgesetzt und bis heute nicht mehr aufgenommen. 

Bizarre Vorkommnisse nach seinem Tod

Neben seiner ambivalenten Stellung in der Geschichte, sind es vor allem aber auch die Ereignisse rund um den Tod von Pius, die Schlagzeilen machten und in Erinnerung blieben, wie der «Spiegel» darlegte.

Bereits das Ableben des Papstes kündigte sich demnach öffentlich und mit einer gewissen Dramatik an. Als er im Oktober 1958 vom Balkon des päpstlichen Sommerpalastes Castel Gandolfo zur Mittagszeit das Angelus-Gebet mit herbeigekommenen Gläubigen sprechen wollte, versagte ihm schlagartig die Stimme. Nach Minuten der Regungslosigkeit erhob der Papst dann schliesslich seinen Blick zum Himmel und sprach die Worte «A Dio» (zu Gott), bevor er sich vom Balkon entfernte.

Pius bekam daraufhin totale Bettruhe verordnet, aber er erholte sich nicht mehr. Innert weniger Tage ereilten ihn drei Schlaganfälle. Fast die ganze Welt nahm derweil am Schicksal des Papstes teil. Der Informationsfluss wurde von Radio Vatikan  direkt aus einem eilig errichteten Studio in Castel Gandolfo gesteuert.

Verhindern konnte Radio Vatikan allerdings trotzdem nicht, dass der Tod des Papstes peinlicherweise verfrüht vermeldet wurde, weil ein Mitarbeiter des Papstpalastest, der von Journalisten geschmiert worden war, diesen ausversehen schon durchstach. Trauerbekundungen kamen daraufhin nicht nur von der Queen und dem deutschen Kanzler Adenauer, die Todesnachricht erschien auch schon in Sonderausgaben von Zeitungen, die wieder eingestampft werden mussten.

Komplett missglückte Einbalsamierung

Doch selbst nachdem der Papst am frühen Morgen des 9. Oktober 1958 schliesslich wirklich entschlafen war, wurde es nicht einmal um seinen Leichnam ruhig. Erstmals wurde bei Pius die für Päpste übliche Balsamierung nämlich mit einem neuen Verfahren durchgeführt. Und dieses erwies sich als kompletter Fehlschlag.

Es hatte zur Folge, dass der tote Pius zeitweise in Cellophan aufgebahrt werden musste. Auch wirkte die Methode nur wenig konservierend. Aufgrund des starken Verwesungsgeruchs hatte man die Wachen am Leichnam in immer geringeren Abständen auszuwechseln. Zudem verfärbte sich der Leichnam immer mehr und sehr unschön, nachdem bereits beim Transport laut die Verwesungsgase entwichen waren. Wie es hiess, sei sogar die Nase vom Kopf des Leichnams abgefallen.

Zuletzt setzte der für die misslungene Balsamierung verantwortliche Leibarzt des Papstes Riccardo Galeazzi-Lisi tatsächlich noch einen Skandal oben drauf. Galeazzi-Lisi hatte nicht nur ein Tagebuch über den Krankheitsverlauf des Papstes geführt, sondern heimlich auch Fotos des sterbenden Pius gemacht. Und beides bot er wenige Tage später Zeitschriften und Zeitungen zum Verkauf an. Obwohl die meisten der Blätter ablehnend reagierten, griffen «Paris Match» und «Stern» zu und veröffentlichten die intimen und pietätlosen Fotos.

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