Poliktiker empört Rammstein schocken mit KZ-Clip

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28.3.2019

Provokation gehört zu Rammstein wie das rollende R und die aufwändige Pyro-Bühnenshow. Doch diesmal könnten die deutschen Rocker zu weit gegangen sein.

Update: Mittlerweile ist das vollständige Video erschienen.

Sie schockten in ihren Musikvideos bereits mit Kannibalismus («Mein Teil»), Pornografie («Pussy») und Leni-Riefenstahl-Ästhetik («Stripped»). Doch nun haben Rammstein Kritikern zufolge eine «rote Linie» überschritten – und das mit einem nur 35 Sekunden langen Teaser für ihre neue Single «Deutschland».

In dem Clip, der «XXVIII.III.MMXIX» (28.3.2019) betitelt ist, sieht man vier der sechs Musiker in Kleidung, die der von KZ-Häftlingen ähnelt, mit Schlingen um den Hals am Galgen stehen. Auf der Brust von Gitarrist Paul Landers ist ein gelber Winkel zu sehen, mit dem in Konzentrationslagern Juden gekennzeichnet wurden, auf der von Bassist Oliver Riedel ein rosa Winkel, den homosexuelle Häftlinge tragen mussten. Am Ende der Clips erscheint das Wort Deutschland, geschrieben in der während der NS-Zeit noch viel genutzten Frakturschrift.

Es hagelt Kritik

«Mit diesem Video hat die Band eine Grenze überschritten», empört sich in «Bild» Charlotte Knobloch, die von 2006 bis 2010 Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland war. «Wie Rammstein hier das Leid und die Ermordung von Millionen zu Entertainmentzwecken missbraucht, ist frivol und abstossend». Felix Klein, der Antisemitismus-Beauftragte der deutschen Regierung, pflichtet ihr bei: «Die Inszenierung der Musiker von Rammstein als todgeweihte KZ-Häftlinge stellt die Überschreitung einer roten Linie dar. Sollte dies nur der Verkaufsförderung des neuen Albums dienen, halte ich dies für eine geschmacklose Ausnutzung der Kunstfreiheit».

Auch FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff hält die Shoa als Werbung nicht für geeignet, will die jüngste Provokation der weltweit erfolgreichen Berliner Rockband jedoch nicht vorschnell verurteilen: «Man muss abwarten, ob das ein Ausschnitt ist, mit dem Rammstein einen Beitrag zur Aufarbeitung des Holocaust leistet». Rammstein-Fans sehen das ähnlich: «Wie kommt ihr dazu, euch über einen Trailer aufzuregen, ohne zu wissen, was dahintersteht», wundert sich einer von ihnen bei Facebook. «Der Skandal ist vorprogrammiert. Jedoch mal hören, was sie zum Ausdruck bringen wollen», schreibt ein anderer.

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Klarheit wird man heute ab 18 Uhr haben – dann soll das vollständige Video zu «Deutschland» online gehen, das einer Fanpage zufolge neben der NS-Zeit noch andere Kapitel der deutschen Geschichte beleuchten soll: «Das Lied ist eine Reise durch die Geschichte Deutschlands und drückt die Hassliebe aus, die durch die schönen und hässlichen Episoden der Geschichte dieses Landes entstanden ist», zitiert www.rammsteinworld.com einen Insider, der an der Produktion des Clips beteiligt gewesen sein soll. «Das Video wurde an sechs Orten in und um Berlin gedreht, unter anderem dem ehemaligen Stasi-Gefängnis in der Keibelstrasse, dem Kloster Chorin, der Zitadelle Spandau und ehemaligen Zementfabrik Rüdersdorf».

Ob die Berliner die erhitzten Gemüter damit beruhigen können, wird sich zeigen. Das neue Album der Band soll im Mai erscheinen, am 5. Juni geben die Skandal-Rocker ein Konzert im ausverkauften Stade de Suisse in Bern.

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