Grösstes Problem für Halter Pferde in Grossbritannien werden immer fetter – auch in der Schweiz?

Johannes F. Kretschmann

26.1.2019

Die Beurteilung, ob ein Pferd übergewichtig ist, fällt vielen Tierhaltern in Grossbritannien schwer. (Archiv)
Die Beurteilung, ob ein Pferd übergewichtig ist, fällt vielen Tierhaltern in Grossbritannien schwer. (Archiv)
Bild: wiki/Evelyn Simak

50 bis 70 Prozent der Pferde in Grossbritannien sind Studien zufolge übergewichtig. Die gesundheitlichen Folgen enden für viele Tiere tödlich. «Bluewin» hat nachgefragt, wie gravierend das Problem hierzulande ist.

Experten von britischen Veterinärverbünden bezeichnen Fettleibigkeit laut dem Telegraph als die schwerwiegendste Bedrohung für das Pferdewohl. Ungefähr 600 Tiere müssen jedes Jahr eingeschläfert werden. Denn Übergewicht steht im Zusammenhang mit der berüchtigten Hufrehe (Laminitis), einer Entzündung der Huflederhaut.

Bei einer Fettleibigkeitsquote von 50 bis 70 Prozent im Vereinigten Königreich fällt es Haltern zunehmend schwer, überhaupt zu erkennen, ob ihr Tier zu viel Speck auf den Rippen hat. Der Massstab hat sich bedenklich verschoben. Dabei ist nicht unbedingt übermässige Fütterung der Auslöser. Pferde können je nach Rasse einer jahreszeitlichen Gewichtsschwankung unterliegen: In der Vegetationsphase fressen sie sich ein Polster an, das sie im Winter wieder verlieren.

Komplexes Zusammenspiel

Inzwischen sind jedoch Weiden auch während der Vegetationsruhe oft noch zu fett, und Pferde nehmen beim Grasen zu viele Nährstoffe zu sich. Manche Halter wärmen ihre Tiere mit Decken, sie wissen aber nicht, dass diese ihre Körpertemperatur mit dem Verbrennen von Fettreserven regulieren können und auch sollten. «Bluewin» hat sich bei der Tierärztin Nathalie Fouché vom Schweizerischen Institut für Pferdemedizin (ISME) erkundigt, inwieweit sie in ihrer Arbeit mit dem Problem übergewichtiger Pferde konfrontiert ist.

Dr. med. vet. Nathalie Fouché arbeitet seit sieben Jahren an der Pferdeklinik in Bern. (Archiv)
Dr. med. vet. Nathalie Fouché arbeitet seit sieben Jahren an der Pferdeklinik in Bern. (Archiv)
Bild: ISME

An ihren ISME-Standort, der Pferdeklinik an der Uni Bern, werden auch Pferde mit Hufrehe überwiesen. Viele davon sind zu dick. Doch Fouché erklärt, dass der Zusammenhang komplexer ist und Laminitis nicht einfach ausgelöst wird, weil das Gewicht auf die Hufe drückt. Gesundheitliche Beschwerden entstehen erst durch ein Zusammenwirken von Fettleibigkeit, Störungen im Stoffwechsel wie einer Insulintoleranz und einer Anfälligkeit für Hufrehe.

Empfehlungen zur Fütterung

Die daraus resultierende Erkrankung wird als equines metabolisches Syndrom (EMS) bezeichnet. Laminitis ist eine Komplikation dieser Krankheit und wird in der Pferdeklinik behandelt. Daneben bekommen die Pferdehalter Fütterungsempfehlungen ausgehändigt, wenn an dieser Stellschraube zum Wohle des Tieres gedreht werden kann.

Fouché will als behandelnde Tierärztin keine ungesicherte Beurteilung abgeben, ob die in Studien beschriebene Situation in Grossbritannien auf die hiesigen Verhältnisse übertragbar ist. Sie und ihre Kollegen der Universität Bern haben allerdings den subjektiven Eindruck, dass die Fettleibigkeit bei Pferden auch in ihrem Einzugsgebiet und in der Gesamtschweiz zugenommen hat.

Ein möglicher Zuwachs an übergewichtigen Tiere und damit verbundenen Beschwerden kann auch daher rühren, dass alten und nicht mehr ganz kerngesunden Pferden heutzutage eher ein Gnadenbrot zugestanden wird. Diese Tiere werden nicht mehr sportlich genutzt und können dadurch eher ein Problem mit Fettleibigkeit entwickeln. Das Bewusstsein für das Problem scheint jedoch in den letzten Jahren bei Tierhaltern und Tierärzten zugenommen zu haben.

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