Busenblitzer bis Schambein Busenblitzer bis Schambein: Museum zeigt nackte Körper und antike Blösse

SDA

26.10.2018 - 15:05

Wie nackt darf man Körper in der Öffentlichkeit zeigen? Das brandaktuelle Thema wurde schon in Zeiten der Antike heiss diskutiert, wie eine Ausstellung in Basel jetzt aufzeigt.

Mit der MeToo-Debatte wird auch intensiver über öffentliche Nacktheit diskutiert. Das Thema beschäftigte schon in der Antike, wie eine kleine Ausstellung im Basler Antikenmuseum über verschiedene Kulturen und Epochen mit rund 120 Exponaten dokumentiert.

Der Ausstellungstitel «nackt! Die Kunst der Blösse» spielt auf das Spannungsfeld zwischen Voyeurismus und Darstellung an. Wie stark die Perspektive der Betrachtenden die Wahrnehmung prägt, erlebt man selber gleich im Eingangsraum anhand einer Marmor-Aphrodite: In Stein neutral, macht die Beleuchtung sie mit farbigen Brustwarzen zur nackten Frau – bis Zensurbalken die sekundären Geschlechtsmerkmale verhüllen.

Im Fokus früher Kulturen des Orients und Griechenlands standen Frauenkörper als Fruchtbarkeitssymbole, mit entsprechend betonten Proportionen. Nicht selten bilden die – teils nur handgrossen – Skulpturen bloss den Torso ab, also ohne individualisierenden Kopf, wie Kurator Tomas Lochman am Donnerstag vor den Medien ausführte.

Gezielte Busenblitzer

Bei den Ägyptern bekommt ein Sargboden mit der Darstellung der Himmelsgöttin Nut als auffälliges hervorragendes Merkmal einen Buckel mit Kante für das Schambein – im Antikenmuseum markant ausgeleuchtet. Nut gebiert jeden Tag Sonne und Sterne, was diese visuelle Betonung mit erklärt.

Während in der frühen Antike Frauen im Zentrum der Familie und so des Interesses standen, dominiert im archaischen und klassischen Griechenland der Männer-Akt. Wohlproportioniert und durchtrainiert steht sein nackter Körper für den zivilisierten Mann, Heros und Gott.

Weil in der klassischen Antike der Frauenkörper stärker sexualisiert ist, wird er verhüllt gezeigt, mitunter mit gezielten Busenblitzern: «Solche Tricks sind ganz wichtig», sagte Lochman. Oder man zeigte sie in legitimierenden Situationen wie beim Baden.

Explizite Liebesakte mit selbstbewussten Frauen

Daneben sind nackte Frauen auch in explizit sexuellen Zusammenhängen dargestellt worden. Erotische Handlungen und Liebesakte sind teils sehr explizit dargestellt worden, nicht nur in Griechenland, sondern auch in Ägypten oder im Vorderen Orient. «Ausgesprochen populär» waren laut Lochman nackte selbstbewusste Frauen, etwa Hetärendarstellungen auf Vasen.

Bei Götterdarstellungen symbolisierte Nacktheit derweil auch rohe Kraft und Naturgewalt. Das gilt neben Kämpfen unter Göttern auch für Triebe. Eine Szene zeigt lebensgross eine versuchte Vergewaltigung: Ein Satyr geht von hinten einen zunächst nicht als solchen erkannten Hermaphroditen an, der sich wehrt. Diese Skulptur hat Römern so gefallen, dass sie das griechische Original kopierten.

Nackte Kinder dagegen standen für Unschuld, selbst in körperlicher Interaktion. Das gilt auch für Darstellungen von Kontakten zwischen Jugendlichen und Männern; dieser Übergang war laut Lochman wichtiges Thema. Päderastie war bei den Griechen nicht so negativ konnotiert wie Pädophilie heute, sagte Museumsdirektor Andrea Bignasca.

So spannt die Ausstellung den Bogen thematisch gebündelt in sechs Adjektiven: von fruchtbar über unschuldig, unzivilisiert, zivilisiert und legitimiert bis zu schamlos. Alle 120 Exponate – darunter acht Gipsabgüsse von Objekten in ausländischen Museen – stammen aus den eigenen Beständen des Antikenmuseums.

Sexismus in der Kunst nach MeToo
Zurück zur Startseite