Eisenfrass und Plastikmüll Am 14. April 1912 sank die «Titanic»: Ihr Wrack ragt in die Gegenwart

jfk mit Material von AFP/uri

14.4.2018

Bei ihrer Jungfernfahrt war die «Titanic» das grösste Passagierschiff der Welt und galt als unsinkbar. Als bei ihrem Untergang mehr als 1500 Menschen starben, brannte sich das Unglück ins kollektive Gedächtnis der Menschheit ein. Der Mythos und das Wrack beschäftigen uns bis heute.

Wegen der Umstände ihres Untergangs gehört die «Titanic» zu den bekanntesten Schiffen der Geschichte. Als der ehrgeizigste Luxusliner seiner Zeit 604 Kilometer südlich von Neufundland in der Nacht auf den 15. April 1912 auf einen Eisberg lief und unterging, starben von den 2224 Menschen an Bord 1514. Die Überlebenden wurden vom zur Hilfe geeilten Passagierschiff «Carpathia» nach New York gebracht.

106 Jahre nach dem Untergang der «Titanic» gleicht der Meeresboden rund um das Schiffswrack einer Müllkippe. Der meiste Abfall stammt von Schiffen, die den Ort der Katastrophe im Nordatlantik passieren: «Bierdosen, Plastikbecher, solche Sachen», berichtete James Delgado, der Leiter des Programms für Kulturstätten im Meer der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA).

«Sogar eine Packung Waschmittel haben wir gefunden», erzählte Delgado von einer Expedition im August 2010, bei der er sich an Bord des russischen Tauchfahrzeuges «Mir» dem gesunkenen Schiff näherte. Die Expedition diente dazu, eine genaue Karte des riesigen Trümmerfelds in knapp 4000 Metern Tiefe zu erstellen. «Dieser Müll wird dort für lange Zeit liegen bleiben», befürchtete er.

Touristen liebten das Wrack «zu Tode»

Auch dem Entdecker des Wracks, Robert Ballard, blutete das Herz, als er sah, was aus dem Luxusliner am Meeresgrund nach Jahrzehnten des Tourismus und wissenschaftlicher Arbeit geworden war. Die Schäden durch den stetigen Besucherstrom sind nicht zu übersehen: So hat der Dampfer bereits seinen Ausguck verloren, von dem aus der fatale Eisberg gesichtet wurde, mit dem die «Titanic» zusammenstiess. Die Touristen liebten das Wrack «zu Tode», klagt Ballard, der das Schiff 1985 gemeinsam mit einem Kollegen im Atlantik aufspürte.

1994 bekam eine Firma in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia die Bergungsrechte. Das Unternehmen fischte rund 6000 Gegenstände von der «Titanic» aus dem Meer und versteigerte einige davon. Fünf Jahre später gab das Oberste Gericht der USA grünes Licht für touristische Expeditionen. Seitdem ließen sich zahllose «Titanic»-Fans für rund 30'000 Dollar pro Person zum Fotoshooting auf den Meeresgrund bringen - und die Plünderungen nahmen ihren Lauf. 2012 stellte die UNESCO das Wrack offiziell zum 100. Jahrestag des Untergangs unter Schutz.

Doch anders als viele glauben, hält sich das Wrack insgesamt erstaunlich gut. Der Rost scheint es stärker zu respektieren als seine Besucher. Es sieht so aus, als werde das Wrack noch Jahrzehnte lang intakt bleiben. «Der Schiffsrumpf ist weiterhin sehr stabil», sagte Delgado. «Im Innern sind immer noch Holzteile und Stoffe erhalten.» Die Wirkung des bakteriellen Eisenfrasses ist weniger verheerend, als zwischenzeitlich angenommen.

Auch 18 Schweizer an Bord der «Titanic»

An Bord der Titanic befanden sich übrigens 18 Passagiere, die aus der Schweiz kamen oder einen Schweizer Pass hatten. Günter Bäbler, Präsident des «Titanic-Verein Schweiz» rekonstruierte ihre Lebensläufe in seinem Buch «Reise auf der Titanic: Das Schicksal der Schweizer». Demnach starben beim Unglück sieben von ihnen, immerhin elf überlebten die Schiffskatastrophe.

Die letzte Überlebende der «Titanic», Millvina Dean, starb 2009 im Alter von 97 Jahren im Altersheim im südenglischen Hampshire. Deans Familie war 1912 mit der Titanic gereist, weil sie nach Kansas auswandern wollte. Mit zwei Monaten war Dean seinerzeit die jüngste Passagierin an Bord. Während des Unglücks wurde sie in einen Sack gesteckt und in Sicherheit gebracht. Auch ihre Mutter und ihr Bruder wurden gerettet, während ihr Vater zusammen mit rund 1500 anderen Passagieren und Besatzungsmitgliedern ertrank.

Hundert Jahre nach dem Untergang öffnete im nordirischen Belfast, wo das Schiff gebaut wurde, die weltweit grösste Titanic-Ausstellung ihre Pforten. In das riesige Erlebniszentrum ist unter anderem eine Datenbank über Passagiere und Crew integriert sowie ein Ozeanforschungszentrum, das Daten vom allmählichen Verfall des Wracks am Meeresboden verfolgt. Die beiden obersten Stockwerke zeigen den Bankettsaal mit Treppenhaus, der im Kinoschlager «Titanic» mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio 1997 eine grosse Rolle spielt.

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