Städte bleiben darauf sitzen Ärger wegen O-Bikes: Werden sie jetzt in Afrika entsorgt?

Von Silvana Guanziroli

4.4.2018

Sie standen über Nacht einfach da. Im Sommer 2017 brachte das Singapurer Unternehmen O-Bike hunderte Leihvelos nach Zürich. Seither sorgen die silbrig-gelben Räder in der ganzen Region für Ärger. Die Städte bleiben auf Kosten und den Rädern sitzen, wie «Bluewin»-Recherchen zeigen. 

Sie stehen am Strassenrand oder liegen in der Wiese. Viele sind beschädigt und gar nicht mehr fahrbar. Seit letzten Sommer hat das Prinzip Leihvelo die Schweiz erreicht. Die Idee stammte aus asiatischen Metropolen, wo sich längst diverse Rad-Verleiher um die Plätze streiten und ihr Geschäftsmodell deshalb nach Europa verlagerten. Doch in der Schweiz hält sich die Freude über die asiatischen Eingänger in Grenzen. Immer wieder kommt es zu Vandalismus und die Velo-Invasion sorgt bei den zuständigen Behörden zunehmend für Ärger.

So auch in Winterthur. Hier gilt rund um den Hauptbahnhof: Wer das Velo über Tage stehen lässt, muss damit rechnen, dass es durch die Stadt beschlagnahmt wird. «Das Velo bekommt man dann erst nach dem Bezahlen einer Busse und einer Umtriebsentschädigung wieder ausgehändigt», sagt Michael Wirz, Leiter Kommunikation bei der Stadtpolizei Winterthur. 

Über 50 Stück verstauben im Werkhof

Und diese Regel gilt auch für die O-Bikes. Über 50 Stück stehen im Werkhof der Stadt. Die Busse von 20 Franken pro Rad wurde der Firma aus Singapur in Rechnung gestellt. Laut Wirz sei die Busse mittlerweile beglichen worden. «Doch die Räder sind immer noch bei uns.» Und das nun schon seit Wochen. Es scheint fast so als hat O-Bike die Velos längst abgeschrieben.

«Räder, die nicht abgeholt werden, werden über die Brühlgutstiftung nach Afrika verschifft.

 
Michael Wirz, Leiter Kommunikation Stadtpolizei Winterthur

Der Stadtpolizei Winterthur bleibt jetzt nur noch dieser Weg. «Wir werden die Firma nochmals darauf hinweisen, dass sie die Velos abholen muss», so Wirz. Sollte das nicht passieren, werden sie entsorgt. «In Winterthur gibt es die Praxis, dass Räder, die nicht abgeholt werden, über die Brühlgutstiftung nach Afrika verschifft werden, wo sie über Förderprogramme verkauft werden.»

Stadt bleibt auf Kosten fürs Einsammeln sitzen

Auch die Stadt Schlieren im Limmattal klagt über die gelbe Veloflut. Hier warten ebenfalls 50 Räder auf ihren Besitzer und verstauben im Werkhof. «Wir mussten fürs Einsammeln extra eine Firma engagieren, weil das sonst niemand übernahm», erklärt Astrid Romer, Kommunikationsverantwortliche der Stadt Schlieren. 

Der Werkhof in Schlieren. Hier verstauben 50 O-Bikes. Die Firma wollte bisher trotz Aufforderung die Velos nicht abholen.
Der Werkhof in Schlieren. Hier verstauben 50 O-Bikes. Die Firma wollte bisher trotz Aufforderung die Velos nicht abholen.
Bluewin

«Auf den Kosten bleiben wir jetzt aber sitzen.» Denn die Gemeinde hat die Firma O-Bike schon mehrfach angeschrieben, bisher aber keine Antwort bekommen. «Wir versuchen es weiter, irgendwann werden aber auch wir die Velos entsorgen müssen.» Romer befürchtet ebenfalls, auf Kosten der Stadt. 

Zürich hat mit direkter Ansprechsperson Erfolg

Eine funktionierende Lösung scheint bisher nur die Stadt Zürich gefunden zu haben. Auch hier sorgten die Velos anfänglich für rote Köpfe. Die Räder standen kreuz und quer in der Stadt herum. In den ersten Tagen wurden alleine hier 1o0 Räder eingesammelt.

FDP-Stadtrat Filippo Leutenegger setzte sich von Beginn weg für eine Lösung in Zürich ein.
FDP-Stadtrat Filippo Leutenegger setzte sich von Beginn weg für eine Lösung in Zürich ein.
Keystone

FDP-Stadtrat Filippo Leutenegger forderte deshalb schon nach wenigen Wochen eine Lösung: In Form einer Ansprechs-Person von O-Bike direkt in Zürich. Mit dieser Person führt die Stadt eine WhatsApp-Gruppe. 

«Bei uns werden die Velos so durch den Verleiher wieder ausgelöst», erklärt Michael Ultsch, Leiter des Zürcher Geschäftsbereichs Stadtreinigung. «Uns war es von Anfang an wichtig, schnell eine funktionierende Lösung zu finden. Warum es in anderen Städten nicht klappt, können wir uns nicht erklären.»

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