Pharma-Preise Krankenkassen schliessen geheimen Vertrag für teures Krebsmedikament

uri

18.6.2019

Für ein Krebsmedikament bekommen Krankenkassen Rabatt. (Symbolbild)
Für ein Krebsmedikament bekommen Krankenkassen Rabatt. (Symbolbild)
Bild: Getty Images

Mehrere Schweizer Krankenkassen haben mit Novartis einen Geheimvertrag für ein teures Krebsmedikament geschlossen. Es gibt Kritik, aber auch Verständnis.

Das Novartis-Medikament Kymriah wird als einmalige Infusion verabreicht und kostet nach Listenpreis stattliche 370'000 Franken. Beim Medikament sollen gentechnisch veränderte Killerzellen der Patienten die Krebszellen effektiv bekämpfen und so deren «Lebenszeit substantiell verlängern», wie «SRF» berichtet.

Beim offiziell festgelegten Betrag handle es sich jedoch lediglich um einen Schaufensterpreis, schreibt der Sender. Erstmals gebe es nach Recherchen von «10vor10» zwischen Novartis und dem Krankenkassen Helsana, KPT, CSS, Sanitas und Swica sowie dem Spitalverband H+ nun nämlich auch in der Schweiz einen Vertrag, der aus zwei Teilen bestehe.



Dabei handle es sich um einen offiziellen und öffentlichen Tarifvertrag, der vom Bundesrat genehmigt werden müsse und einen zweiten geheimen «Vergütungsvertrag», in dem der tatsächlich Preis festgelegt werde. Insidern zufolge koste die Kymriah-Therapie dann mit einem Maximalrabatt lediglich noch rund 250'000 Franken.

Laut dem Gesundheitsökonom Heinz Locher ist es in anderen Ländern üblich, dass die Pharmaunternehmen Rabatte geben. Diese wollten den Nachlass aber geheim halten, «um zu verhindern, dass andere Länder auch weniger bezahlen wollen», sagte er «SRF». Wegen ihrer Transparenzregeln sei die Schweiz hier benachteiligt, so Locher.

Das Helsana-Kadermitglied Martina Weiss verteidigte gegenüber «SRF» den mit Novartis geschlossenen Vertrag, weil man den Versicherten den Zugang zu dieser lebenswichtigen Therapie ermöglichen und zudem einen angemessenen Preis erzielen wolle. Auch beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), wo man den Vertrag angeblich noch nicht kennt, sieht man im Paradigmenwechsel weg vom Prinzip der Transparenz kein grundsätzliches Problem. «Im Einzelfall braucht auch die Schweiz Preismodelle, die vertraulich sind», erklärte BAG-Sprecher Jonas Montani dem Sender.



Jürg Vontobel Geschäftsleitungsmitglied der Krankenkasse Concordia reagierte indessen mit Empörung. Er meint gegenüber «SRF», das Vertragskonstrukt sei skandalös, die Kostentransparenz nicht mehr gegeben. Er halte die Entwicklung für gefährlich, denn ohne diese Kostentransparenz liefere man sich den Grossunternehmen aus. Auch Gesundheitsökonom Locher äusserte Kritik am Paradigmenwechsel: «Die schwierige Situation im Gesundheitswesen berechtigt nicht, aufzugeben und die Ethik zu vergessen.»

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