Buch enthüllt Brisante Dokumente – so viel Geld aus Katar steckt in Schweizer Moscheen

Silvana Guanziroli

16.4.2019

Die Skyline von Doha, der Hauptstadt Katars am persischen Golf. Vier Millionen Franken sollen von hier den Weg in Schweizer Moscheen gefunden haben.
Die Skyline von Doha, der Hauptstadt Katars am persischen Golf. Vier Millionen Franken sollen von hier den Weg in Schweizer Moscheen gefunden haben.

Das Buch «Qatar Papers» legt erstmal Belege vor, die zeigen, wie Geld aus Katar in europäische Moscheen fliesst. Das Ziel: Die Beeinflussung des hiesigen Islam. Im Fall der Schweiz geht es um vier Millionen Franken.

Die Enthüllung ist brisant und soll beweisen, was bisher nur vermutet wurde. Im Buch «Qatar Papers» präsentieren die französischen Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot Dokumente, die den Geldfluss von Katar in europäische Moscheen aufzeigen.

Gemäss den Autoren handelt es sich dabei um interne Unterlagen einer von der katarischen Königsfamilie finanzierten Nichtregierungsorganisation, Qatar Charity, die durch ein Leck nach aussen gelangten. Und darin steht: Das Emirat am Persischen Golf knüpft den Geldsegen an strenge Bedingungen. «Wer zahlt, der befiehlt», erläutern die Autoren ihre Recherche im Buch. «Katar will den europäischen Islam beeinflussen.»

Anhand der Unterlagen lässt sich abschätzen, wie viel Geld effektiv aus Katar nach Europa fliesst. So soll Qatar Charity insgesamt 140 Moscheen- und Islamzentrumsprojekte in Europa mit rund 80 Millionen Franken unterstützt haben. Der grösste Geldanteil floss nach Italien, dort allein habe das Emirat 50 Projekte finanziert.

In der Schweiz unterstützte Qatar Charity zwischen 2011 und 2014 vier muslimische Organisationen mit insgesamt vier Millionen Franken. Etwa den muslimischen Kultur-Komplex in Prilly VD, die Moschee Salah-Eddin in Biel BE, das Museum für Islamische Zivilisation in La Chaux-de-Fonds NE und den Verein Islamische Gemeinschaft in Lugano TI.

Laut «Qatar Papers» spielt das Museum in La Chaux-de-Fonds, das 2016 eröffnet wurde, eine «zentrale Rolle». Betrieben wird die Institution, die auch unter dem Namen «Mucivi» bekannt ist, von Mohamed und Nadia Karmous. Mindestens sieben Geldtransfers über insgesamt 1,4 Millionen Franken habe das Ehepaar aus dem Emirat erhalten. Das zeigen die Belege, welche die Autoren im Buch präsentieren.

Eine Überweisung von Qatar Charity an das Museum für Islamische Zivilisation in La Chaux-de-Fonds über den Betrag von 53'302.15 Franken. 
Eine Überweisung von Qatar Charity an das Museum für Islamische Zivilisation in La Chaux-de-Fonds über den Betrag von 53'302.15 Franken. 
Qatar Papers

Zudem gelte das Ehepaar als Teil der Muslimbruderschaft in der Schweiz. Und darauf baue Katar auf, wie es Georges Malbrunot Westschweizer Medien sagt: «Katar verbindet sich mit Netzwerken, die mit der Bewegung der Muslimbrüder verbunden sind. Durch dieses bereits bestehende Netzwerk ist eine Unterwanderung umso einfacher.» Noch grösser war die Geldsumme, die in den Kultur-Komplex in Prilly bei Lausanne floss. Hier sollen 1,6 Millionen Franken investiert worden sein.

Die grosse Mosche in Doha. In diesem Gotteshaus können 30'000 Menschen gleichzeitig beten.
Die grosse Mosche in Doha. In diesem Gotteshaus können 30'000 Menschen gleichzeitig beten.
Getty Images

Wer Geld aus Katar einsteckt, der muss sich an einen strengen Vertrag halten. Wer das nicht tut, für den versiegt der Geldfluss aus dem Wüstenstaat. Auch das Museum in La Chaux-de-Fonds erhielt die Liste der Aufgaben zugeschickt. Darin hiess es:

-  Das Institut muss für Qatar Charity Werbung machen.

-  Alle Neuerungen im Museum müssen Qatar Charity mitgeteilt werden. 

- Alle Aktivitäten müssen mit Qatar Charity kompatibel sein.

- Qatar Charity darf das Projekt jederzeit und ohne Anmeldung besuchen.

- Finanzieren weitere Organisationen das Projekt, kann Qatar Charity die Unterstützung einstellen.

- Die Vertragsklauseln müssen am Eingang präsentiert werden. Sowohl in Französisch und Arabisch.

- Im Falle eines Rechtsstreites gilt die Gerichtsbarkeit Katars.

Das Museum sollte zudem dazu verpflichtet werden, Katars Flagge zu hissen. 

Islamkennerin Saïda Keller Messahli weist seit Jahren auf die Aktivitäten der Muslimbruderschaft in der Schweiz hin, sie warnt vor den Folgen des politischen Islams. «Die meisten muslimischen Gotteshäuser und Stiftungen sind nur Fassade und der verlängerte Arm ausländischer Organisationen. Es ist bekannt, dass reiche Golfstaaten andere Länder mit viel Geld auf Kurs bringen wollen», sagte sie im Dezember in einem «Bluewin»-Interview.

Islamkennerin Saïda Keller-Messahli wird im Buch zitiert. Sie warnt seit Jahren vor den Folgend es politischen Islams.
Islamkennerin Saïda Keller-Messahli wird im Buch zitiert. Sie warnt seit Jahren vor den Folgend es politischen Islams.
Keystone

Im Rahmen ihrer Recherche trafen die Buchautoren auch die Islamkennerin. Als Keller-Messahli die Dokumente sah, war sie sehr erfreut, wie sie erzählt. «Man wusste davon, konnte es bisher aber nicht beweisen. Jetzt endlich können die Strukturen aufgezeigt werden, die für den Geldtransfer eingerichtet wurden. Diese Dokumente belegen es, es gibt diese systematische Finanzierung aus dem Ausland.»

Ganz anderer Meinung ist Pascal Gemperli von der Föderation Islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS). Dem Westschweizer Fernsehen RTS sagte er, dass Moscheen in der Schweiz zu 98 Prozent aus Schweizer Mitteln finanziert würden: «Wir sind weit davon entfernt, von ausländischen Geldern überflutet zu werden.» Zudem sei Qatar Charity definitiv keine Schurkenorganisation, sie unterhalte schliesslich Partnerschaften mit der Bill Gates Foundation und dem UNO-Ernährungsprogramm.

Auch Mohamed Karmous vom Museum für Islamische Zivilisation in La Chaux-de-Fonds versichert, dass in seinem Fall die Schweizer Gesetze eingehalten wurden. Zum Buch wollte er sich weiter nicht äussern.

«Qatar Papers» ist derzeit nur auf Französisch erhältlich. Die beiden Autoren Georges Malbrunot (l.) und Christian Chesnot während eines TV-Auftrittes im französischen Fernsehen. Malbrunot spricht am 7. Mai im Landesmuseum Zürich über sein neuestes Buch.
«Qatar Papers» ist derzeit nur auf Französisch erhältlich. Die beiden Autoren Georges Malbrunot (l.) und Christian Chesnot während eines TV-Auftrittes im französischen Fernsehen. Malbrunot spricht am 7. Mai im Landesmuseum Zürich über sein neuestes Buch.
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