Der Fall Weinstein setzte die weltweite MeToo-Bewegung in Gang. Rund zwei Jahre später hat eine Jury in New York den einstigen Filmmogul nun der Sexualverbrechen schuldig gesprochen – wenn auch nicht in allen Anklagepunkten. Die Reaktion kommt prompt.
Prominente Schauspielerinnen und Frauenrechtlerinnen haben den Schuldspruch gegen den früheren Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein wegen Sexualverbrechen als grossen Erfolg gefeiert.
Damit sei eine «neue Ära der Justiz» eingeleitet worden, sagte Tina Tchen, Präsidentin der Stiftung «Time's Up», die gegen sexuelle Belästigung kämpft. «Heute ist ein starker Tag und ein grosser Schritt vorwärts in unserer kollektiven Heilung», schrieb die Schauspielerin Rose McGowan in der Nacht zum Dienstag bei Twitter.
Selbst US-Präsident Donald Trump, dem von zahlreichen Frauen sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden, bezeichnete das Urteil – einen Meilenstein der sogenannten MeToo-Bewegung – als «starke Botschaft». «Ich denke, dass es aus Sicht der Frauen eine grossartige Sache war», sagte er am Dienstag in Neu Delhi bei einer Pressekonferenz.
Zahlreiche Beobachter forderten allerdings weitere Schritte – und kritisierten, dass Weinstein nicht in allen Anklagepunkten für schuldig befunden worden war. Dem 67-Jährigen drohen nun gleichwohl bis zu 25 Jahre Haft. Das Strafmass will Richter James Burke am 11. März verkünden.
Bis dahin muss Weinstein im Gefängnis bleiben. Er wurde nach dem Urteil aber zunächst einmal wegen Schmerzen in der Brust und hohen Blutdrucks in ein Krankenhaus gebracht. Das Urteil nahm der frühere Hollywood-Produzent äusserlich teilnahmslos hin. Seinem Anwalt Arthur Aidala zufolge sagte er: «Ich bin unschuldig. Wie kann so etwas in Amerika passieren?» Die Anwälte kündigten an, in Berufung gehen zu wollen.
Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen. In dem aufsehenerregenden New Yorker Prozess ging es seit Januar aber vor allem um zwei Vorwürfe: Weinstein soll 2006 die Produktionsassistentin Mimi Haleyi zum Oral-Sex gezwungen und die heutige Friseurin Jessica Mann 2013 vergewaltigt haben.
23 Frauen, die Weinstein sexuelle Übergriffe vorwerfen – darunter prominente Schauspielerinnen wie Ashley Judd und Rosanna Arquette – beklagten, dass Weinstein nicht in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen wurde. «Unser Kampf ist noch lange nicht vorbei».
Der New Yorker Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance sprach von einem «grossen Tag». Die Zeuginnen der Anklage und die beiden Staatsanwältinnen Joan Illuzzi und Meghan Hast hätten «den Lauf der Geschichte im Kampf gegen sexuelle Gewalt» geändert.
Viele Beobachter würdigten den Mut der Opfer – darunter auch der Journalist Ronan Farrow, dessen Berichterstattung über Weinstein massgeblich zum Start der MeToo-Bewegung beigetragen hatte: «Das heutige Urteil des New Yorker Prozesses gegen Harvey Weinstein ist das Ergebnis der Entscheidung mehrerer Frauen, sich mit hohen persönlichen Risiken an Journalisten und Staatsanwälte zu wenden.»
Die Anschuldigungen gegen den Produzenten, im Herbst 2017 von der «New York Times» und dem Magazin «New Yorker» veröffentlicht, waren der Anfang der MeToo-Bewegung. Überall auf der Welt erkannten viele Frauen und auch einige Männer ihre eigenen Geschichten in denen der mutmasslichen Weinstein-Opfer wieder – sie begannen, diese Geschichten unter dem Schlagwort «Me too» («Ich auch») zu sammeln.
Die juristischen Kämpfe sind für Weinstein auch nach dem Verfahren in New York nicht zu Ende. In Los Angeles wurde er ebenfalls wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagt. Auch dort könnte es zum Prozess kommen. Davon abgesehen verhandeln seine Anwälte weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit zivilen Klägerinnen um Entschädigungen.
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