Steine für Demokraten Trump und die Mauer im Kopf

Philipp Dahm

21.1.2019

Donald Trump sagt, dass eine Mauer San Antonio gerettet habe. Dumm nur, dass es in der texanischen Stadt keine gibt – und die Grenze zu Mexiko 240 Kilometer entfernt ist.

Donald Trumps Mauer wird immer mehr zu einem lästigen Klotz am Bein des US-Präsidenten: Weil dieser partout nicht auf seinen Grenzwall verzichten will und die Demokraten nicht gewillt sind, ihm Geld für den Wall zu geben, können die Behörden seit nunmehr 31 Tagen teilweise nicht mehr effektiv arbeiten: Ein Ende der Regierungskrise ist nicht in Sicht.

Der Republikaner lässt deshalb keine Chance ungenutzt, um für sein Vorhaben zu werben – ganz egal, ob Zeit und Ort es zulassen. Das zeigt der 72-Jährige vor zwei Tagen in San Antonio. «Jeder weiss, dass Mauern funktionieren. Schauen Sie sich verschiedene Orte an, in denen eine Mauer gebaut wurde: Es gibt keine Probleme», weiss Trump. «Schauen Sie sich San Antonio an. [Die Stadt] hat sich von einer der unsichersten Städte sofort in eine der sichersten entwickelt. Sofort. Sofort!»

Tatsächlich freut sich San Antonio über eine der niedrigsten Kriminalitätsraten seit Jahren, doch das kann mit einer Mauer nichts zu tun haben: Es gibt dort keine. Ausserdem ist die Stadt weit von der Grenze entfernt: Um nach Mexiko zu kommen, müssen 240 Kilometer überwunden werden.

Stadt ohne Mauer für Mauer gelobt

Vielleicht hat der Mann aus dem Weissen Haus Historisches im Hinterkopf gehabt: 1836 fielen die Mauern von San Antonio in der Schlacht von Alamo, als das damals unabhängige Texas gegen Mexiko kämpfte und verlor. Auf Twitter ist die Rede des Präsidenten dann auch nicht so gut angekommen. Der Tweet «Wie ich nach einer Mauer in der Stadt suche, in der ich seit 33 Jahren lebe», ist noch eine der freundlicheren Antworten.

Trump geht auf derlei Details natürlich nicht ein, doch er nutzt seine Reichweite auf Twitter immer wieder, um seine Argumente für die Grenzbefestigung unters Volk zu bringen – denn nach eigener Aussage ist Bauen seine grosse Stärke.

Und schon wieder droht die Karawane

Und eine der Schwächen Amerikas sei die vermeintlich offene Südgrenze: Trump warnt schon wieder vor einer Karawane, die sich angeblich in Mexiko in Stellung bringe und nur darauf warte, die USA zu stürmen.

Was die Ingenieurin zur Mauer sagt

Dass Trump nicht so ein grosser Bauherr ist, legen die Ausführungen einer Ingenieurin nahe: Amy Patrick aus Texas hat eine ernüchternde Expertise zum Projekt erstellt. Die Mauer würde sich nachteilig auf Überschwemmungen und Ökologie auswirken.

Sie sei schwer zu bauen und würde weit mehr als veranschlagt kosten. Sie könne mit einer einfachen Leiter überwunden werden, später würden die Menschen Fluggeräte wie etwa Drohnen nutzen, um sie hinter sich zu lassen.

Trumps Lager hat sich in der Sache nun eine Aktion ausgedacht, die jedoch zum Bumerang für die Partei wird. Es hat eine Website aufgeschaltet, die fordert: «Schicke Chuck & Nancy einen Stein». Gemeint sind Kongress-Sprecherin Nancy Pelosi und Chuck Schumer, der Minderheiten-Führer im Senat.

Steine für Chuck und Nancy

Um die Demokraten zum Einlenken im Mauer-Melodrama zu bewegen, können die User zwischen einem und sieben Ziegelsteinen kaufen – für 20,20 Dollar bis 140 Dollar. «Präsident Trump hatte eine brillante Idee, um sicherzustellen, dass Chuck und Nancy keine andere Wahl bleibt, als den Amerikanern zuzuhören», steht auf der Website.

Ziel sei es, 100'000 Ziegelsteine an ihre Büros zu schicken, «um zu beweisen, dass MAUERN FUNKTIONIEREN!» Warum 100'000 Steine im Büro der Politiker diese davon überzeugen sollten, erschliesst sich jedoch nicht: Eine Mauer aus Ziegelsteinen wäre zudem alles andere als standhaft. Dennoch: Donald Trumps Sohn machte Werbung für das Projekt – und auch die Republikaner verbreiteten die Web-Adresse via Twitter. Das Problem: Von «Steine schicken» ist es nicht weit bis zu «Steine schmeissen».

Der Shutdown der Regierung und der Gegenwind auf Twitter kommen für den Präsidenten zur Unzeit. Eigentlich wäre es dem Mann aus dem Weissen Haus am liebsten, wenn die Medien seine zwei-Jahres-Bilanz beleuchteten – und zwar nach Trump'scher Lesart, also nach dem Motto: «Alles super, weiter so!»

Kein Klimawandel im Weissen Haus

Und wenn die Presse das nicht tut, zieht der Millionär einfach wieder seinen «Fakenews»-Joker und stilisert sich als Opfer – notfalls auch im Vergleich mit Abraham Lincoln. Wie der Präsident dessen Beliebtheitswerte in Erfahrung gebracht haben will, bleibt ein Geheimnis.

Am Sonntagmorgen hat es der Präsident geschafft, mit einem Tweet erneut viele gegen sich aufzubringen. Als Trump in seiner Mitteilung vor einem nahenden Kältesturm warnt, kann er es sich nicht verkneifen, all jenen einen Seitenhieb zu versetzen, die vor den Folgen des Klimawandels warnen. «Wäre nicht schlecht, jetzt ein wenig von der guten alten globalen Erwärmung zu haben».

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