9/11-Retter in NotStanding Ovations – US-TV-Star Jon Stewart bläst Politikern den Marsch
Philipp Dahm
12.6.2019
Jon Stewart wurde mehr als deutlich: Die Politiker seien eine «Schande für das Land», sagte der Ex-Moderator der «Daily Show» in einer Anhörung, bei der es um die Versorgung der 9/11-Rettungskräfte geht.
Es ist zwar 18 Jahre her, doch die Wunden, die am 11. September 2001 gerissen hat, sind nicht verheilt. Nicht nur wegen der fast 3'000 Toten, die die Anschläge damals gefordert haben, sondern auch, weil vor allem viele Rettungskräfte heute noch massiv unter den Auswirkungen der folgeschweren Attacken auf New York zu leiden haben.
2015 bewilligte der US-Kongress deshalb Gelder in Höhe von 7,3 Milliarden Dollar, um bis 2020 denjenigen zu helfen, die damals sofort mit dem Anschlag zu tun hatten. Das Problem: Weil rund 20'000 Personen auf diese Mittel angewiesen sind – darunter zig an Krebs erkrankte Menschen und Hinterbliebene –, reicht das Budget nicht aus, zumal Anfang des Jahres Mittel gekürzt worden waren.
Jon Stewart setzt sich seit vielen Jahren für die 9/11-Retter ein. Er kam deshalb nun zu einer Anhörung im Justiz-Ausschuss des Repräsentantenhauses. Die Situation im Saal sei metaphorisch, beginnt der Fernsehstar seine Abrechnung mit Washington. «Der Saal hinter mir ist gefüllt mit 9/11-Rettern, und vor mir sind die Bänke fast leer. Krank und sterbend sind sie hergekommen, um zu sprechen – zu niemanden.» Zur Erklärung: Nur fünf Politiker liessen sich blicken.
Deren Verhalten sei «schändlich», fährt der New Yorker fort. «Eine Peinlichkeit für unser Land, ein Stachel in dieser Institution. Sie sollten sich für diejenigen, die nicht da sind, schämen. Aber das werden Sie nicht, denn es scheint nicht so, als sei Verantwortlichkeit etwas, das in dieser Kammer vorkommt. Wir wollen nicht hier sein. Niemand der Leute sollte hier sein. Aber sie sind es. Nicht für sich selbst, sondern um weiter für das zu kämpfen, was richtig ist.»
Das Unrecht, das den Rettungskräften widerfahre, mache ihn wütend, sagt Stewart – ihm stockt wiederholt die Stimme, mehrmals kämpft er mit den Tränen, etwa als er von den 343 Feuerwehrleuten spricht, die bei den Anschlägen gestorben sind. «Die offizielle Reaktionszeit der New Yorker Feuerwehr auf 9/11 betrug fünf Sekunden», sagt Stewart, nachdem er seine Fassung zurückgewonnen hat.
«Fünf Sekunden. Hunderte starben in einem Augenblick, und Tausende rückten nach, um für ihre Brüder und Schwestern zu kämpfen. Die Atemprobleme begannen beinahe sofort, und ihnen wurde später gesagt, sie seien nicht krank, sondern verrückt. Als es schlimmer und offensichtlich wurde, hiess es: ‹Okay, Ihr seid krank, aber das kommt nicht von den Trümmern.›»
412 der 2'977 Anschlagsopfer waren Rettungskräfte, die zum World Trade Center eilten, als so viele andere wegliefen. «Und als es dann wissenschaftlich nicht mehr zu leugnen war, [wurde ihnen gesagt]: ‹Okay, es waren die Trümmer, aber das ist eine New-York-Sache.›» Nur hätten die Terroristen nicht «Tod für [New Yorker Stadtteil] Tribeca» gerufen, sondern Amerika angegriffen. «Ihre Gleichgültigkeit bringt die Leute um ihr wertvollstes Gut: Zeit.»
Dann geht Jon Stewart auf ein Argument ein, das er von den Politkern immer wieder gehört habe: Sie müssten sich finanziell auch noch um andere Desaster kümmern. «Aber das war kein Tornado, und das ist ganz nebenbei auch ihr Job: Wir können solche Programme nicht finanziell unterstützen, sondern Sie. Ich kann Ihnen sagen, was in den nächsten fünf Jahren passieren wird: Mehr dieser Männer und Frauen wird krank werden und sterben.»
Die prompte Reaktion von Polizei, Notärzten und Feuerwehrleuten habe das Land nach den Anschlägen zurückgebracht, doch nun würden politische Ränkespiele verhindern, dass weitere Gelder genehmigt würden.
«Sie haben in fünf Sekunden reagiert. Sie haben ihren Job gemacht, mit Mut, Würde, Beharrlichkeit, Demut. 18 Jahre später sollten Sie ihren Job erledigen», schliesst Stewart seine bewegende Ansprache ab – im Saal erhebt man sich am Ende applaudierend.
Der 11. September 2001 – ein Tag, der die Welt verändert hat. Insbesondere diejenigen, die als Rettungskräfte auf die Terroranschläge in New York reagiert haben, ...
Bild: Keystone
... werden diese dunklen Stunden niemals vergessen. Die Männer und Frauen der Feuerwehr, Polizei und der Rettungsdienste eilen zum World Trade Center, ...
Bild: Keystone
... als jeder, der kann, aus dem Gebiet flieht. Diese Bildergalerie beleuchtet das Schicksal dieser Helfer in der Not.
Bild: Keystone
Ein zerstörter Feuerwehrwagen vor dem World Trade Center: Von 2'977 Opfern, die bei den Anschlägen getötet wurden, ...
Bild: Gemeinfrei
... waren 412 Rettungskräfte.
Bild: Keystone
Die New Yorker Feuerwehren haben an jenem Tag 343 Männer und Frauen verloren.
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23 New Yorker Polizisten haben am 11. September 2001 ihr Leben verloren.
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Acht Notärzte und ein Mann der New York Fire Patrol überlebten die Anschläge nicht.
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Hinzu kommen 37 Opfer, die für die Hafenbehörde und die ...
Bild: Keystone
... Polizei von New Jersey im Einsatz waren.
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Die meisten Opfer unter den Feuerwehren hatte die Squad Company 1 zu beklagen, ...
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... die 25 Mann stark ist. Zwölf von ihnen starben im Einsatz. Von ihrem Truck wurde nur eine Tür gefunden.
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Die Ladder Company 3, die Rescue Company 1 und die Rescue Company 5 verloren jeweils elf ihrer 25 Mitglieder.
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Als der erste der beiden Türme zusammenbricht, hat die New Yorker Feuerwehr über 400 Personen im Einsatz.
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Heute steht fest, dass diese Männer und Frauen dafür gesorgt haben, ...
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.... dass es nicht noch weit mehr Opfer gegeben hat. Die Rettungskräfte haben es geschafft, ...
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.... dass 87 Prozent der Menschen im Gebäude evakuiert werden konnten.
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2'192 Angestellte starben in den beiden Türmen des World Trade Centers – ...
Bild: Keystone
.... hinzu kommen 343 Feuerwehrleute und ...
Bild: Keystone
... 71 weitere Retter sowie die 147 Passagiere und zehn Entführer der beiden Flugzeuge.
Bild: Gemeinfrei
Dieser Feuerwehrwagen erinnert an der Gedenkstätte der Anschläge an das Schicksal der Retter.
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