Väter kritisieren Behörden Schweizerin entführt Töchter ins Kalifat

gusi

7.3.2019

Die Schweizerin aus der Romandie verschleppte ihre Töchter 2016 ins IS-Kalifat.
Die Schweizerin aus der Romandie verschleppte ihre Töchter 2016 ins IS-Kalifat.
Keystone

Sie sind sieben und zwölf Jahre alt. Vor zwei Jahren hat eine Frau aus der Romandie ihre Töchter ins IS-Kalifat verschleppt. Die Väter der Mädchen fühlen sich von den Schweizer Behörden im Stich gelassen.

Die Mutter der Mädchen hatte ihr Verschwinden im Sommer 2016 gut geplant. Sie hortete Geld, unter anderem von der Sozialhilfe und stahl ihrem Vater einen grösseren Geldbetrag. Für die Flucht mit den beiden Mädchen, sie stammen von zwei verschiedenen Männern, habe sie bewusst falsche Fährten gelegt. Das erzählt einer der getäuschten Väter jetzt in einem «Tagesanzeiger»-Interview.

Kurz nach dem Verschwinden ging einer der Väter zur Polizei und gab eine Vermisstenanzeige auf. Die Behörden stellten fest, dass sich das Handy der Mutter zuerst in Italien, dann in Griechenland und zuletzt in der Türkei ins Netz eingeloggt hatte. Danach verlor sich die Spur. Der Vater zeigte die Mutter wegen Kindesentführung an. Ein Westschweizer Gericht sprach ihm das alleinige Sorgerecht zu. Die Tochter allerdings blieb verschwunden. Bis heute.

Tochter musste den Vater anlügen

Einen Tag nach der Flucht war es zu einem letzten Telefongespräch zwischen Vater und Tochter gekommen. Das Mädchen sagte damals, sie halte sich in Marseille auf und werde in wenigen Tagen in die Schweiz zurückkehren. Später fand die Polizei heraus, dass dieses Telefongespräch von Italien aus geführt wurde. 

Seither sucht der Mann jeden Tag stundenlang im Internet nach seiner Tochter. Er durchforstet arabische Profile, in der Hoffnung, etwas über das Schicksal seiner Tochter zu erfahren. Regelmässig besucht er die Seiten der kurdisch-arabischen Syrian Democratic Forces (SDF). Diese Gruppierung nimmt derzeit viele Jihadisten oder deren Familienangehörige gefangen. In der letzte IS-Bastion in Baghuz toben schwere Kämpfe. Tausende Menschen haben sich dort den SDF ergeben.

«Seit drei Jahren lasse ich das Handy auch nachts immer eingeschaltet. Für den Fall, dass sie anruft», erzählt der Vater im Interview. Er wisse nicht, ob seine Tochter noch lebt oder wie es ihr geht. Doch er gibt die Hoffnung nicht auf, sein Mädchen eines Tages wieder in die Arme schliessen zu können. 

Strafverfahren sistiert

Nach der Entführung der Kinder haben die Bundeskriminalpolizei (BKP) und Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen ­die Mutter übernommen, das der Wohnkanton eröffnet hatte. Die Bundesanwaltschaft verhörte auch den Vater. «Ich habe den Behörden alles erzählt, was ich herausfinden konnte. Ich habe ihnen mein volles Vertrauen geschenkt», sagt er. Am Schluss der Einvernahme erklärte die für die Terrorismusbekämpfung zuständige Staatsanwältin, dass er über sämtliche Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten werde. 

Jetzt kritisiert der Mann die Behörden scharf. Er fühlt sich vom Schweizer Staat im Stich gelassen. Informationen hätte er bis heute keine bekommen. Die Bundesanwaltschaft hat das Strafverfahren gegen die Frau mittlerweile sistiert. Das passiert, wenn nach Strafprozessordnung (Art. 314 StPO), die Täterschaft oder ihr Aufenthalt unbekannt ist oder andere vorübergehende Verfahrenshindernisse bestehen. Fällt der Grund der Sistierung weg, wird die Untersuchung weitergeführt.

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