Russland-Affäre Mueller-Bericht: Trump wollte Ermittlungen vereiteln

dpa

19.4.2019

Der redigierte Bericht von Sonderermittler Mueller zur Russland-Affäre.
Der redigierte Bericht von Sonderermittler Mueller zur Russland-Affäre.
Bild: Jon Elswick/AP

Fast zwei Jahre arbeitete Sonderermittler Mueller im Verborgenen, auf seinen Abschlussbericht zur Russland-Affäre wartete ganz Amerika. Nach der Veröffentlichung gibt sich Präsident Trump selbstbewusst – die Demokraten aber lassen nicht locker.

Sonderermittler Robert Mueller hat mehrere Versuche von US-Präsident Donald Trump offengelegt, wie dieser die Untersuchung zur sogenannten Russland-Affäre vereiteln wollte.

Während sich Trump für vollständig entlastet hält, sehen die Demokraten in Muellers Erkenntnissen Belege für eine Justizbehinderung und anderes Fehlverhalten des Präsidenten. Das Ringen um die Deutungshoheit über den mit Spannung erwarteten Bericht geht nun in die nächste Runde.

Ernste Bedrohung für Trump

Aus dem mehr als 400-seitigen und in Teilen geschwärzten Dokument geht hervor, dass Trump die Russland-Ermittlungen zu Beginn als ernste Bedrohung seiner Präsidentschaft sah. Mueller und sein Team listen diverse Versuche des Republikaners auf, Einfluss auf die Untersuchungen zu nehmen. Behinderung der Justiz werfen sie ihm aber nicht explizit vor. Trumps Einflussversuche seien meist daran gescheitert, dass Mitarbeiter seinen Anweisungen nicht folgten. Mueller stiess zudem auf «zahlreiche» Kontakte zwischen Trumps Wahlkampflager und Vertretern Russlands. Beweise für eine Straftat gebe es hier aber nicht.

Trump gab sich nach der Veröffentlichung des Berichts äusserst selbstbewusst und präsentierte sich als triumphaler Sieger. Auf Twitter schrieb er: «Ich hatte das Recht, die ganze Hexenjagd zu beenden, wenn ich es gewollt hätte. Ich hätte alle feuern können, darunter Mueller, wenn ich es gewollt hätte. Ich habe mich entschieden, es nicht zu tun.»

Mueller hatte fast zwei Jahre lang zwei grosse Fragenkomplexe untersucht: ob Trumps Team geheime Absprachen mit Vertretern Russlands getroffen hat und ob Trump die Justiz behinderte. Hintergrund ist die mutmassliche Einmischung Moskaus in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016. Trump hatte die Ermittlungen immer wieder als «Hexenjagd» bezeichnet.

Ende März schloss Mueller seine Arbeit ab und übergab Justizminister William Barr, den Trump kurz zuvor ins Amt gebracht hatte, vertraulich seinen Abschlussbericht. Zunächst veröffentlichte Barr nur eine vierseitige Zusammenfassung, deren Tenor durchaus umstritten war. Erst an diesem Donnerstag machte das Justizministerium den Report dem Kongress und der Öffentlichkeit zugänglich.

Aufwendige Ermittlungsarbeit

Der Bericht ist das Ergebnis aufwendiger Ermittlungsarbeit – mit Hunderten Zeugenbefragungen und Durchsuchungen. Muellers Team versuchte so, die Vorgänge über mehrere Jahre zu rekonstruieren.

GEHEIMABSPRACHEN MIT RUSSLAND: Mueller identifizierte «zahlreiche» Kontakte zwischen Trumps Wahlkampflager und Vertretern Russlands in den Monaten vor und nach der Wahl. Darunter waren demnach Geschäftskontakte, Treffen politischer Natur und eine Begegnung, bei der es darum ging, kompromittierendes Material über Trumps demokratische Konkurrentin Hillary Clinton zu bekommen. Aber die Beweise reichten nicht für den Nachweis einer Straftat aus.

BEHINDERUNG DER JUSTIZ: Muellers Team listet diverse Einflussversuche Trumps mit Blick auf die Russland-Untersuchungen auf. So habe sich der Präsident nach Muellers Ernennung mehrfach und auf verschiedenen Wegen bemüht, dessen Abzug zu erzwingen. «Die Versuche des Präsidenten, die Ermittlungen zu beeinflussen, waren überwiegend erfolglos, vor allem weil Personen aus dem Umfeld des Präsidenten sich weigerten, Anweisungen auszuführen oder seinen Aufforderungen zu folgen», resümierte Muellers Team. Die Ermittler kommen zu keinem eindeutigen Schluss, ob Trumps Einflussversuche eine Behinderung der Justiz darstellen. Sie betonen aber: «Während dieser Bericht nicht zu dem Schluss kommt, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, entlastet er ihn auch nicht.» Die Schlussfolgerung übernahm Barr vor einigen Tagen und sprach Trump öffentlich von diesen Vorwürfen frei.

Trump selbst hatte Muellers Fragen nur schriftlich beantwortet. Der Sonderermittler wertete die Antworten des Präsidenten als unzureichend. Man habe sich aber dagegen entschieden, Trump unter Strafandrohung zu einer mündlichen Aussage zu zwingen, weil das wohl einen langen Rechtsstreit bedeutet hätte.

Justizminister unterstützt Trump

Unterstützung bekam der Präsident am Donnerstag von seinem Justizminister, der das Verhalten Trumps in der Russland-Affäre vehement verteidigte. Mueller habe weder Beweise für Geheimabsprachen mit Russland noch für eine Behinderung der Justiz durch Trump gefunden, betonte Barr. Das Weiße Haus sei hochkooperativ bei den Ermittlungen gewesen und habe auch keinerlei Schwärzungen des Berichts veranlasst. Dem Präsidenten könnten insgesamt keine unlauteren Motive unterstellt werden.

Die Demokraten beklagten dagegen, Barrs Darstellung unterscheide sich von den Darstellungen in Muellers Bericht. Sie werfen Barr vor, eher als Anwalt des Präsidenten zu agieren denn als unabhängiger Justizminister des Landes. Sie fordern eine komplette und ungeschwärzte Veröffentlichung des Berichts und pochen nun auch auf eine Aussage Muellers vor dem US-Kongress.

Der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Jerry Nadler, strebt eine Anhörung Muellers in den nächsten Wochen an. Der Ermittlungsbericht beinhalte beunruhigende Belege für eine Justizbehinderung und anderes Fehlverhalten Trumps, sagte Nadler. «Es liegt jetzt in der Verantwortung des Kongresses, den Präsidenten für seine Handlungen zur Verantwortung zu ziehen.»

Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, erklärte, egal ob Trumps Behinderung der Justiz kriminell gewesen sei oder nicht, die Handlungen des Präsidenten seien ohne Frage «unehrlich, unethisch, unmoralisch und unpatriotisch - und sollten von allen Amerikanern verurteilt werden».

Forderungen nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump erteilte sein Parteikollege Steny Hoyer allerdings eine Absage. «Nach dem, was wir bislang gesehen haben, lohnt es sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht, ein Amtsenthebungsverfahren voranzutreiben», sagte der demokratische Fraktionschef im Repräsentantenhaus dem Sender CNN.

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