Journalist verschwunden Mordverdacht im Istanbuler Konsulat – Türkei erhöht Druck auf Saudi-Arabien

Philipp Dahms

9.10.2018

Die saudische Botschaft in Istanbul steht am 7. Oktober unter genauer Beobachtung der Öffentlichkeit.
Die saudische Botschaft in Istanbul steht am 7. Oktober unter genauer Beobachtung der Öffentlichkeit.
Keystone

Ein regimekritischer Journalist geht in die saudische Botschaft in Istanbul – und taucht nicht wieder auf: Das Verschwinden von Jamal Khashoggi hat zwischen Ankara und Riad eine schwere diplomatische Krise ausgelöst.

Im Fall des in Istanbul verschwundenen und möglicherweise ermordeten saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi erhöht Ankara den Druck. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche bestellte das türkische Aussenministerium den Botschafter des arabischen Königreiches ein.

Journalisten solidarisieren sich mit dem mutmasslichen Opfer am 8. Oktober in Istanbul.
Journalisten solidarisieren sich mit dem mutmasslichen Opfer am 8. Oktober in Istanbul.
Keystone

Ausserdem beantragten die türkischen Behörden am Montag eine Erlaubnis, um das Konsulat zu durchsuchen, wie der Sender CNN Türk unter Berufung auf diplomatische Quellen berichtete. Der Fall Khashoggi könnte zu einer diplomatischen Krise zwischen Ankara und Riad führen.

Papiere für Hochzeit holen wollen

Der 59 Jahre alte Journalist und Regimekritiker Khashoggi wird nun schon seit fast einer Woche vermisst. Er betrat das saudi-arabische Konsulat in Istanbul am Dienstag, um Papiere für seine Hochzeit abzuholen, war aber nicht wieder herausgekommen. Seine Verlobte wartete nach eigenen Angaben stundenlang vor dem Eingang auf ihn.

Medien und Freunde berichteten dann unter Berufung auf türkische Ermittler und Regierungskreise, Khashoggi sei ermordet worden. Saudi-Arabien wies die Vorwürfe zurück und teilte mit, Khashoggi sei erst nach dem Verlassen des Konsulats verschwunden. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan forderte am Montag bei einem Besuch in Ungarn, Saudi-Arabien müsse Beweise vorlegen, sollte der Journalist das Gebäude wirklich verlassen haben.

Dem Botschafter Saudi-Arabiens sei bei seiner Einbestellung mitgeteilt worden, dass die Türkei eine «vollständige Zusammenarbeit bei den Ermittlungen» erwarte, um das Verschwinden Khashoggis aufzuklären, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Demnach wurde der Botschafter schon am Sonntag ins Aussenministerium gerufen.

Ominöser schwarzer Kleinbus

Die der türkischen Regierung nahe stehende Zeitung «Sabah» berichtete, Spezialisten der Istanbuler Polizei und des Geheimdienstes MIT gingen davon aus, dass Khashoggi ermordet und zwei Stunden nach Betreten des Konsulats in einem schwarzen Kleinbus mit verdunkelten Fensterscheiben herausgebracht worden sei.

Saudi-Arabiens riskanter Weg in die Moderne:

Jamal Khashoggi war im Vorjahr wegen seiner kritischen Berichterstattung ins Visier der saudi-arabischen Staatsmacht geraten und nach Washington geflohen. Der Journalist war zwischenzeitlich auch Medienberater für einige Mitglieder der Königsfamilie in Saudi-Arabien. Er schrieb auch für die «Washington Post».

Nach Ansicht von Beobachtern ist das Verschwinden Khashoggis kein Einzelfall, sondern Muster einer immer aggressiveren Aussenpolitik des 33 Jahre alten saudi-arabischen Thronfolgers, Kronprinz Mohammed bin Salman.

Bilder des Tages:

Zurück zur Startseite