Deutschland Linke mit Ramelow gewinnt Wahl in Thüringen

SDA

27.10.2019 - 22:55

Historischer Sieg für Bodo Ramelow in Thüringen. Der Ministerpräsident und seine Linkspartei sind bei der Landtagswahl am Sonntag erstmals in einem Bundesland mit 30 Prozent stärkste Kraft geworden. Zweitstärkste Partei allerdings ist die rechtsnationalistische AfD.

Die bisherige rot-rot-grüne Koalition aus Linken, Sozialdemokraten und Grünen verlor jedoch ihre Mehrheit. Die Christdemokraten, die zuvor seit 1990 stets die meisten Stimmen bekommen hatten, stürzten am Sonntag auf ihr schlechtestes Ergebnis. Sie lag hinter der Alternative für Deutschland (AfD) auf Platz drei. Die AfD konnte unterdessen ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln.

Die Suche nach einer Koalition dürfte äusserst schwierig werden. Möglicherweise müssen die Parteien ganz neue Wege beschreiten.

Nach den Hochrechnungen der Fernsehsender ARD und ZDF verbesserte sich die Linke auf 31 Prozent (2014: 28,2) und kam auf das beste Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt.

Die CDU von Spitzenkandidat Mike Mohring sackte auf 21,8 Prozent ab (2014: 33,5 Prozent) – ein Minus von mehr als 11 Prozentpunkten.

AfD nun zweitstärkste Partei

Die AfD, die in Thüringen vom Wortführer des rechtsnationalistischen Flügels, Björn Höcke, geprägt wird, sprang von 10,6 auf 23,5 Prozent.

Die SPD sackte weiter ab: auf den neuen Tiefstand von 8,2 Prozent (12,4). Die Grünen lagen bei 5,1 Prozent (5,7). Die FDP kam auf 5,0 Prozent (2,5 Prozent). Beide Parteien mussten um den Einzug in den Landtag bangen.

Ramelow, der bisher einzige Linke-Ministerpräsident in Deutschland, sprach am Abend mit Blick auf die Regierungsbildung von einer komplizierten Aufgabe. Er betonte zugleich: «Ich sehe mich ganz klar bestätigt. Bei dem Zustimmungswert, den meine Partei bekommen hat, ist der Regierungsauftrag klar bei meiner Partei. Und ich werde diesen Auftrag auch annehmen.»

Rot-Rot-Grün verpasste die erforderliche Mehrheit von 46 Sitzen nach den Hochrechnungen deutlich. Rein rechnerisch waren demnach drei Koalitions-Optionen möglich: Rot-Rot-Grün käme zusammen mit der FDP auf eine knappe Mehrheit von 47 Sitzen. Ebenfalls rechnerisch eine Mehrheit hätten Linke und CDU (50 Sitze) sowie Linke und AfD (51 Sitze). Alle Konstellationen sind jedoch politisch schwierig und waren vor der Wahl teils ausgeschlossen worden.

CDU: Keine Mehrheiten in der Mitte

Mohring sagte am Abend, das Fehlen von Mehrheiten in der Mitte verlange nach neuen Antworten. «Zunächst heisst es, klug zu überlegen, was ist für unser Land wichtig, und wie können wir unsere Demokratie stabilisieren.» Bislang hatte er ein Bündnis mit der Linken ausgeschlossen.

FDP-Chef Christian Lindner erteilte einer Koalition mit der Linken eine klare Absage. «Für die FDP ist eine Zusammenarbeit mit Linker und AfD ausgeschlossen, weil beide Parteien die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland verändern wollen», sagte er am Sonntagabend in Berlin der Deutschen Presse-Agentur.

Laut den Hochrechnungen dürfte der neue Landtag 90 Sitze haben. Die Linke kommt demnach auf 29 Sitze, die AfD auf 22, die CDU auf 21 Sitze. Die SPD könnte 8 Abgeordnete in den Landtag entsenden, Grüne und FDP lägen bei jeweils 5 Mandaten.

Höcke: So geht das nicht weiter

AfD-Spitzenkandidat Höcke sagte zu den Zugewinnen seiner Partei: «Das ist ein klares Zeichen der Thüringer: So geht es nicht weiter.» Die AfD sei auf dem Weg zur gesamtdeutschen Volkspartei. «Fakt ist, die Regierung Ramelow ist abgewählt, und das ist gut für Thüringen.»

Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer zeigte sich enttäuscht über das historisch schlechte Wahlergebnis ihrer Partei. Die SPD habe gekämpft, aber leider habe sie in der Polarisierung zwischen Ramelow und der AfD nicht profitieren können, sagte Dreyer am Sonntagabend.

Grünen-Chef Robert Habeck sagte, Thüringen stehe nun vor «kompliziertesten» Verhandlungen. «In einer Phase, wo sich die Demokratie neu sortiert, können wir Ausschliesseritis eigentlich nicht gebrauchen.» Alle demokratischen Parteien müssten miteinander gesprächsfähig sein.

Mehr als 1,7 Millionen Thüringer waren zur Wahl aufgerufen. Die Beteiligung stieg deutlich auf rund 66 Prozent (2014: 52,7).

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