Ukraine-Übersicht Selenskyj ruft EU-Gipfel zu neuen Sanktionen gegen Russland auf +++ Asowstahl-Kämpfern droht Todesstrafe 

Agenturen/red.

30.5.2022

Selenskyj besucht Soldaten an der Front

Selenskyj besucht Soldaten an der Front

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Front in der Region Charkiw besucht. Seit der Invasion Russlands am 24. Februar hat Selenskyj damit erstmals die Region um die Hauptstadt Kiew verlassen.

30.05.2022

Russische und Kreml-treue Truppen rücken im Donbass vor, die Eroberung Sjewerodonezks ist im Gang. Die ukrainischen Verbände führen im Süden des Landes eine Gegenoffensive. Die Entwicklung im Ticker. 

Agenturen/red.

Die russischen Streitkräfte bereiten nach ukrainischen Angaben einen gross angelegten Angriff auf den Raum Slowjansk, das Zentrum der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass, vor.

Die russischen Truppen verlegten neue Einheiten nach Slowjansk, um das Gebiet sowohl von Isjum als auch von der kürzlich eroberten Kleinstadt Lyman aus anzugreifen, hiess es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs. Der Raum Slowjansk-Kramatorsk ist der grösste Ballungsraum im Donbass, der noch unter Kontrolle Kiews steht. Hier ist auch das Oberkommando der Streitkräfte im Osten des Landes stationiert. Daneben steht aber auch weiterhin der Raum Sjewjerodonezk-Lyssytschansk im Fokus der russischen Angriffsbemühungen im Donbass. In Sjewjerodonezk haben sich russische Einheiten demnach bereits im Nordosten und Südosten der Stadt festgesetzt. Auch hierhin sollen zur Unterstützung weitere Einheiten aus Russland verlegt werden.

Ukrainische Behörden berichten über Offensive im Süden

Das ukrainische Militär setzte nach eigenen Angaben seine Offensive an der Grenze zwischen den Gebieten Mykolajiw und Cherson im Süden der Ukraine fort. «Die Lage im Süden ist dynamisch und gespannt», teilte das Oberkommando des ukrainischen Wehrkreises Süd in der Nacht zum Montag mit. Russland ziehe Reserven zusammen und versuche, die Frontlinien im Gebiet Cherson zu befestigen.

Das russische Militär beschoss nach eigenen Angaben eine Werft in Mykolajiw. Mit Luft-, Raketen- und Artillerieangriffen seien zudem in den vergangenen 24 Stunden Dutzende Kommandopunkte und Gefechtsstände im ostukrainischen Donbass-Gebiet, Fernmeldestellen und zahlreiche Truppenansammlungen vernichtet worden. Diese Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Vollständiges Öl-Embargo gegen Russland vorerst vom Tisch

Die Pläne für ein vollständiges europäisches Öl-Embargo gegen Russland sind wegen einer Blockade aus Ungarn vorerst vom Tisch. Bei einem Gipfeltreffen in Brüssel zeichnete sich am Montagabend ab, dass die 27 EU-Staaten – wenn überhaupt – nur ein eingeschränktes Verbot von russischen Öl-Importen beschliessen. Demnach würden nur Lieferungen über den Seeweg unterbunden. Der Bezug per Pipeline wäre hingegen weiter möglich. Ungarn könnte sich somit weiterhin auf dem Landweg über die riesige Druschba-Leitung versorgen.

Diesen Kompromiss schlug die EU-Kommission unter ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen angesichts der bisherigen Blockade aus Budapest kurz vor dem Gipfel vor. Ungarns rechtsnationaler Regierungschef Viktor Orban begrüsste dies, stellte aber neue Forderungen. Wegen des seit mehr als drei Monate dauernden Angriffskriegs auf die Ukraine hat die EU Russland bereits mit massiven Sanktionen belegt. Die Europäer sind darum bemüht, gegenüber Moskau geschlossen aufzutreten.

London: Russland erleidet «verheerende Verluste» bei Offizieren

Nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes hat Russland bisher «verheerende Verluste» in seinem Offizierskorps erlitten. Brigade- und Bataillonskommandeure seien an vorderster Front aktiv, teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Dies liege zum einen daran, dass sie für den Erfolg ihrer Einheiten persönlich verantwortlich gemacht würden. Zudem fehlten der russischen Armee qualifizierte Unteroffiziere, die bei westlichen Streitkräften diese Rolle erfüllten.

Getreide aus südukrainischem Cherson nach Russland verfrachtet

Russland, das seit Wochen ukrainische Agrarexporte übers Meer blockiert, hat nun aus dem besetzten Schwarzmeergebiet Cherson Getreide ins eigene Land importiert. Der Export der letztjährigen Ernte nach Russland habe begonnen, sagte der Vizechef der prorussischen Militärverwaltung von Cherson, Kirill Stremoussow, der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Laut Stremoussow geht es darum, Platz in den Speichern für die neue Ernte zu schaffen. Er machte keine Angaben, zu welchen Bedingungen die Bauern ihre Ernte nach Russland abgegeben haben.

Fast 500’000 Tonnen Getreide hätten russische Truppen illegal aus Charkiw, Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk exportiert, wie der stellvertretende ukrainische Agrarminister, Taras Vysotskyi, sagte.


Die Ereignisse des Tages im Überblick

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Pläne für ein vollständiges europäisches Öl-Embargo gegen Russland sind wegen einer Blockade aus Ungarn vorerst vom Tisch.
  • Das russische Staatsunternehmen Gazprom will ab Dienstag kein Gas mehr an die Niederlande liefern.
  • Die russischen Truppen rücken im Osten vor, stossen aber auf heftige Gegenwehr der ukrainischen Armee.
  • Die ukrainischen Streitkräfte führen im Süden des Landes eine Gegenoffensive.
  • Aussenninister Lawrow bezeichnet die vollständige Einnahme des Donbass als «oberste Priorität».
  • Der anhaltende Streit über die Pläne für ein europäisches Öl-Embargo gegen Russland droht den an diesem Montag beginnenden EU-Gipfel in Brüssel zu überschatten.
  • Die wichtigsten Ereignisse vom Sonntag findest du hier.
  • Liveticker
    Neue Beiträge
  • Liveticker beendet
  • 22.00 Uhr

    Wir beenden den Live-Ticker am Montag

  • 21.37 Uhr

    Ukraine und Russland beklagen tote Zivilisten

    Im Osten der Ukraine haben beide Kriegsparteien am Montag weitere zivile Todesopfer beklagt. Im Gebiet Donezk seien drei Menschen durch russischen Beschuss getötet worden, teilte Gouverneur Pawlo Kyrylenko auf Telegram mit. In der Region Charkiw starb nach Angaben der Online-Zeitung «Ukrajinska Prawda» ein Mann durch russische Granaten. Die russische Seite sprach der Agentur Tass zufolge von zwei getöteten Zivilisten durch ukrainische Angriffe im Gebiet Donezk sowie zwei getöteten Frauen im Gebiet Luhansk. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.

  • 21.34 Uhr

    Russische Truppen in umkämpfter Grossstadt Sjewjerodonezk

    Russische Truppen sind nach ukrainischen Angaben in die schwer umkämpfte Grossstadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine vorgedrungen. Es gebe einen Strassenkampf, schrieb der Gouverneur des Gebietes Luhansk, Serhij Hajdaj, am Montagabend in seinem Telegram-Kanal. Er empfahl Bewohnern der Stadt, in Notunterkünften zu bleiben.

    Schutz im Keller: Die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk ist besonders umkämpft.
    Schutz im Keller: Die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk ist besonders umkämpft.
    Archivbild: Leo Correa/AP/dpa
  • 21.14 Uhr

    Selenskyj ruft EU-Gipfel zu neuen Sanktionen gegen Russland auf

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Europäische Union zu weiteren Sanktionen gegen Russland aufgerufen, um die «Kriegsmaschine» des Kremls zu stoppen. In einer zehnminütigen Videoansprache an den EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am Montag in Brüssel erinnerte er an Gräueltaten in seinem Land und Gefechte, in denen auch Kinder und Zivilisten getötet würden, berichtete ein EU-Diplomat. Es sei «äusserst wichtig, dass Sanktionen so schnell wie möglich verabschiedet werden».

    Selenskyj hat wiederholt Massnahmen gegen den russischen Energiesektor gefordert. Die EU bezieht rund 40 Prozent ihres Erdgases und 25 Prozent ihres Öls von Russland; täglich fliessen dafür Milliardenbeträge an Russland und finanzieren so auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der EU-Gipfel will über ein Ölembargo diskutieren, die Mitgliedstaaten sind aber wegen unterschiedlicher Abhängigkeiten dabei nicht auf einer Linie.

  • 20.59 Uhr

    Bulgarien will Flüchtlinge vor Urlaubszeit aus Hotels verbannen

    In Bulgarien sollen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine noch vor Beginn der Urlaubszeit aus Hotels am Schwarzen Meer in Aufnahmezentren verlegt werden. «Bulgarien kann es sich nicht mehr leisten, ukrainische Staatsbürger in Hotels am Strand zu unterhalten», erläuterte Vize-Regierungschefin Kalina Konstantinowa am Montagabend in einer Videobotschaft. Mit der Verlegung soll in den nächsten Tagen begonnen werden. In dem EU-Land halten sich nach Angaben der Behörden etwa 90’000 Menschen aus der Ukraine auf. Die Touristensaison beginnt am Schwarzen Meer in der ersten Juni-Hälfte.

    Zuvor hatten es viele Flüchtlinge abgelehnt, aus dortigen Hotels in staatliche Ferienheime im Landesinneren zu ziehen. An eigens organisierten Fahrten per Bahn oder Bus gab es nur wenig Interesse. Viele befürchten, dass es in den teils entlegenen Ferienorten keine ärztliche Versorgung oder Einkaufsmöglichkeiten geben könnte. Nur 500 Flüchtlinge machten nach Berichten bulgarischer Medien von dieser Möglichkeit Gebrauch.

  • 20.20 Uhr

    EU-Gipfel: Vollständiges Öl-Embargo gegen Russland vorerst vom Tisch

    Die Pläne für ein vollständiges europäisches Öl-Embargo gegen Russland sind wegen einer Blockade aus Ungarn vorerst vom Tisch. Bei einem Gipfeltreffen in Brüssel zeichnete sich am Montagabend ab, dass die 27 EU-Staaten – wenn überhaupt – nur ein eingeschränktes Verbot von russischen Öl-Importen beschliessen. Demnach würden nur Lieferungen über den Seeweg unterbunden. Der Bezug per Pipeline wäre hingegen weiter möglich. Ungarn könnte sich somit weiterhin auf dem Landweg über die riesige Druschba-Leitung versorgen.

    Diesen Kompromiss schlug die EU-Kommission unter ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen angesichts der bisherigen Blockade aus Budapest kurz vor dem Gipfel vor. Ungarns rechtsnationaler Regierungschef Viktor Orban begrüsste dies, stellte aber neue Forderungen. Wegen des seit mehr als drei Monate dauernden Angriffskriegs auf die Ukraine hat die EU Russland bereits mit massiven Sanktionen belegt. Die Europäer sind darum bemüht, gegenüber Moskau geschlossen aufzutreten.

    Ungarns Regierungschef Orban bezeichnete den Kompromissvorschlag als guten Ansatz – stellte zugleich jedoch erneut Forderungen. Er verlangte Garantien, falls etwa wegen eines Unfalls kein Pipeline-Öl mehr in sein Land geliefert werden könne. Dann müsse Ungarn das Recht haben, Öl auch über den Seeweg zu beziehen. Ausserdem forderte Ungarn Finanzzusagen für den Umbau seiner Öl-Infrastruktur. Die Kosten für die Umstellung von Raffinerieanlagen auf nicht-russisches Öl bezifferte die Regierung in Budapest auf bis zu 550 Millionen Euro. Zudem müssten 200 Millionen investiert werden, um das Land künftig über eine Pipeline zu versorgen, die an der Adriaküste beginnt.

  • 19.42 Uhr

    Biden: Keine Raketensysteme für Ukraine mit Reichweite bis Russland

    Die US-Regierung will keine Raketensysteme an die Ukraine liefern, die eine Reichweite bis nach Russland haben. Man werde keine Raketensysteme in die Ukraine schicken, die russisches Territorium treffen könnten, sagte US-Präsident Joe Biden am Montag in Washington auf eine entsprechende Frage von Reportern.

    Der Fernsehsender CNN hatte vor wenigen Tagen unter Berufung auf Beamte berichtet, die US-Regierung erwäge, fortschrittliche Mehrfachraketenwerfer mit hoher Reichweite in die Ukraine zu schicken. Die in den USA hergestellten Artilleriesysteme MLRS und HIMARS könnten Geschosse über bis zu 300 Kilometer abfeuern. Die Ukraine habe um diese Art von Waffen gebeten, hiess es weiter. Allerdings sei die US-Regierung zögerlich, da befürchtet werde, dass die Ukraine die Raketensysteme für Angriffe auf russisches Gebiet nutzen könnte. Es stelle sich daher die Frage, ob dies eine russische Vergeltungsmassnahme gegen die USA zur Folge haben könnte.

    Der prominente republikanische Senator Lindsey Graham reagierte mit scharfer Kritik auf Bidens Äusserung. Die Entscheidung der Regierung, diese Waffen nicht zu schicken, sei ein «Verrat an der Ukraine und der Demokratie selbst», schrieb Graham auf Twitter. «Offenbar lässt sich die Biden-Regierung wieder einmal von russischer Rhetorik einschüchtern.»

  • 19.36 Uhr

    Frankreichs Aussenministerin sichert in Kiew weitere Waffenhilfe zu

    Frankreichs neue Aussenministerin Catherine Colonna hat der Ukraine weitere Militärhilfe im Kampf gegen die russischen Invasionstruppen zugesagt. Paris werde die Waffenlieferungen «weiter verstärken», sagte Colonna am Montag in Kiew bei einer Pressekonferenz mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba. Die neuen Waffen sollen demnach in den kommenden Wochen eintreffen.

    Mit ihrem Antrittsbesuch in Kiew wollte Colonna nach Angaben ihres Ministeriums die «Solidarität Frankreichs mit dem ukrainischen Volk» zum Ausdruck bringen. Neben Kuleba traf sie sich auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Im Mittelpunkt ihres Gesprächs stand die von Moskau verhängte Blockade der ukrainischen Häfen und deren Auswirkungen auf die weltweite Ernährungssicherheit.

    Zwar scheine es derzeit keine Aussicht auf Verhandlungen über eine diplomatische Lösung zu geben, sagte Colonna. Doch werde «der Tag des Dialogs» zwischen den beiden Präsidenten Putin und Selenskyj kommen müssen. Sollte die Ukraine es dann wünschen, «stehen wir ihr zur Seite, um dies zu ermöglichen».

  • 19.14 Uhr

    Scholz will sich von Putin nicht einschüchtern lassen

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich unbeeindruckt von den Warnungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor weiteren Waffenlieferungen des Westens in die Ukraine gezeigt. Man dürfe sich keine Angst machen lassen, sagte der SPD-Politiker in einem Interview der ARD-«Tagesthemen». «Und deswegen werden wir fortfahren mit dem, was wir angefangen haben.» Dazu gehörten neben weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine auch die bessere Ausrüstung der Bundeswehr über das geplante 100-Milliarden-Programm. Deutschland werde «die Ukraine so lange unterstützen, wie das notwendig ist», betonte Scholz.

    Der deutsche Bundeskanzler will weiter Waffen an die Ukraine liefern.
    Der deutsche Bundeskanzler will weiter Waffen an die Ukraine liefern.
    Bild: dpa
  • 19.05 Uhr

    Asowstahl-Kämpfern droht die Todesstrafe

    Ukrainischen Soldaten des Asow-Regiments, die sich im ostukrainischen Mariupol ergeben haben, droht nach den Worten eines führenden Vertreters der pro-russischen Separatisten die Todesstrafe. Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitierte Jurij Sirowatko, den Justizminister der selbsternannten Volksrepublik Donezk, am Montag mit der Aussage, für die «Straftaten», die den Kämpfern vorgeworfen würden, «haben wir die schwerste Strafe: die Todesstrafe».

    Alle «Kriegsgefangenen» befänden sich auf dem «Gebiet der DNR», also der selbsternannten Volksrepublik. Darunter seien 2300 Kämpfer aus dem Asow-Stahlwerk. Sirowatko ergänzte, das Asow-Regiment werde «als terroristische Organisation betrachtet», gegen alle ihm angehörigen Kämpfer werde «strafrechtlich ermittelt».

    Hunderte ukrainische Kämpfer, die die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer verteidigten, hatten sich zwischen dem 16. und 20. Mai ergeben, nachdem sie wochenlang in den unterirdischen Tunnels des Asow-Stahlwerks ausgeharrt hatten.

    Ein verletzter Soldat des Asow-Regiments.  
    Ein verletzter Soldat des Asow-Regiments.  
    Archivbild: EPA/REGIMENT AZOV PRESS SERVICE HANDOUT/Keystone
  • 18.50 Uhr

    Strassenzug um Strassenzug: Kämpfe um ukrainische Bastionen in Luhansk

    Russische Truppen haben sich am Montag in den letzten grösseren ukrainisch kontrollierten Bastionen in der Region Luhansk Strassenzug um Strassenzug vorangekämpft. Der Bürgermeister der Stadt Sjewjerodonezk, Olexandr Striuk, sagte der Nachrichtenagentur AP in einem Telefoninterview, die Russen rückten auf das Stadtzentrum vor, die Ukrainer leisteten aber erbitterte Gegenwehr. Die Lage sei verzweifelt. «Wir haben keinen Strom und keine Kommunikationsmittel. Die Stadt ist komplett zerstört worden.»

    Der ukrainische Militärexperte Oleh Schdanow sagte, der Kreml wolle keine Zeit mehr verlieren und seine letzte Chance nutzen, um die bereits seit Jahren von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Donbass auszuweiten. Denn die Ankunft neuer Waffenlieferungen aus dem Westen könnte das unmöglich machen.

    Ein Polizist inspiziert einen Krater nach einem Luftangriff der russischen Streitkräfte in der Region Luhansk. 
    Ein Polizist inspiziert einen Krater nach einem Luftangriff der russischen Streitkräfte in der Region Luhansk. 
    Archivbild: Leo Correa/AP/dpa
  • 18.18 Uhr

    Erdogan bietet Istanbul für Friedensverhandlungen an

    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat erneut Istanbul als Verhandlungsort für mögliche Gespräche zwischen der Ukraine, Russland und den Vereinten Nationen angeboten. Die Türkei könne dabei eine Beobachterrolle übernehmen, hiess es von türkischer Seite nach einem Telefonat Erdogans mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

  • 17.55 Uhr

    Russland laut Putin zu Kooperation mit Türkei bei Warenverkehr im Schwarzen Meer bereit

    Russland ist nach den Worten von Präsident Wladimir Putin zu einer Zusammenarbeit mit der Türkei bereit, um den freien Warenverkehr im Schwarzen Meer zu ermöglichen. Bei einem Telefonat mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan betonte Putin nach Angaben eines Kreml-Sprechers am Montag die Bereitschaft «mit den türkischen Partnern den Schiffsverkehr ohne Beschränkungen zu erleichtern». Dies beziehe auch «den Export von Getreide aus ukrainischen Häfen» mit ein.

    In Gesprächen unter anderem mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Putin in den vergangenen Tagen bereits mehrfach eine Lockerung beim Export von ukrainischem Getreide in Aussicht gestellt, dafür aber eine Aufhebung westlicher Sanktionen gegen Russland zur Bedingung gemacht.

    Die Ukraine und Russland gehören zu den weltweit wichtigsten Getreideproduzenten. Der Export aus beiden Ländern ist wegen der Kämpfe in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland eingebrochen.

  • 17.25 Uhr

    Gazprom stoppt Gaslieferung an Niederlande

    Der russische Energiekonzern Gazprom stoppt nach Angaben des niederländischen Energieversorgers Gasterra seine Gaslieferungen an das Unternehmen. Hintergrund sei die Weigerung von Gasterra, Lieferungen in Rubel zu zahlen, teilte das Unternehmen am Montag in Groningen mit. Als Reaktion darauf habe Gazprom erklärt, «die Lieferung mit Wirkung zum 31. Mai 2022 einzustellen», erklärte Gasterra.

    Hintergrund ist, dass Russlands Staatschef Wladimir Putin nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine verkündet hatte, dass «unfreundliche» Bezieherländer russischen Gases ihre Rechnungen künftig in Rubel zahlen müssten. Vor gut einer Woche hatte Russland bereits Gaslieferungen nach Finnland eingestellt; im April wurden zudem Gaslieferungen an Polen und Bulgarien ausgesetzt. Die Europäische Union warf Moskau daraufhin «Erpressung» vor.

  • 17.03 Uhr

    Ukrainerinnen fordern Freilassung von Asow-Kämpfern

    Die Kämpfer des ukrainischen Asow-Regiments, die das Stahlwerk in Mariupol bis zuletzt verteidigt hatten, müssten freigelassen werden. Das fordern die Schwestern, Ehefrauen und Mütter der Männer von der russischen Regierung. 

    Die Verteidiger von Mariupol hätten heldenhaft und auf Befehl die Stadt gegen russischen Angriffe verteidigt. «Sie sind Helden und dürfen nicht in Vergessenheit geraten und müssen nach Hause zurückkehren», sagte Natalija Sarizka am Montag in Kiew vor Journalist*innen.

    Sie ist Initiatorin der neuen Organisation «Frauen aus Stahl», deren Name eine Anspielung auf an die Männer ist, die wochenlang in dem Asow-Stahlwerk in Mariupol die Stellung gehalten hatten. Am 20. Mai hatten sie sich in Gefangenschaft begeben. Von der internationalen Gemeinschaft fordern Sarizka und weitere Frauen, alles für die Freilassung der Männer zu tun.

    Die Ukrainerin Natalija Sarizka hat die Organisation «Frauen aus Stahl» gegründet.
    Die Ukrainerin Natalija Sarizka hat die Organisation «Frauen aus Stahl» gegründet.
    Bild: dpa

    Nach russischen Angaben kamen etwa 2500 Kämpfer in Gefangenschaft. Unklar ist, wo sie festgehalten werden. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz zugesichert, dass sie gemäss den internationalen Rechtsstandards behandelt würden. Sie sollten auch medizinisch versorgt werden.

    Hoffnung haben die Frauen, dass die Männer als Teil eines Gefangenenaustausches in die Ukraine zurückkehren können. Die prorussischen Separatisten im Gebiet Donezk hatten zuvor angekündigt, die Gefangenen als Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen. Menschenrechtler haben Zweifel, dass die Verfahren fair verlaufen. Zudem kann in dem Gebiet auch die Todesstrafe verhängt werden.

    Wohin die Verteidiger des Asow-Regiments gebracht wurden, ist unklar. Die Aufnahme zeigt ihren Abtransport durch russische Truppen am 20. Mai. 
    Wohin die Verteidiger des Asow-Regiments gebracht wurden, ist unklar. Die Aufnahme zeigt ihren Abtransport durch russische Truppen am 20. Mai. 
    Bild: Keystone
  • 16.33 Uhr

    Orban sieht keine Einigung auf neue EU-Sanktionen

    Der ungarische Regierungschef Viktor Orban sieht keinen Kompromiss für ein EU-Ölembargo gegen Russland. «Es gibt überhaupt keine Einigung», sagte Orban bei seiner Ankunft beim EU-Gipfeltreffen am Montagnachmittag in Brüssel. Ungarn sei nicht grundsätzlich gegen das nächste Sanktionspaket der EU, brauche aber zusätzliche Garantien.

    «Wir sind bereit, das sechste Sanktionspaket zu unterstützen, wenn es Lösungen für Ungarns Energieversorgung gibt», erklärte Orban. Die vorgeschlagene Ausnahme von Öllieferungen durch Pipelines sei «ein guter Ansatz», gehe aber nicht weit genug. Zuvor hatte Budapest insbesondere auch finanzielle Unterstützung zum Umbau seiner Energieinfrastruktur verlangt.

    Mehr zum Thema erfährst du hier

    Der ungarische Regierungschef Viktor Orban bei seiner Ankunft zu den Sanktionsberatungen der EU in Brüssel
    Der ungarische Regierungschef Viktor Orban bei seiner Ankunft zu den Sanktionsberatungen der EU in Brüssel
    Bild: EPA
  • 15.31 Uhr

    Französischer Journalist bei Evakuierung aus Luhansk getötet

    Update von 17.04 Uhr.

    Gemäss dem Gouverneur von Luhansk ist ein Evakuierungsfahrzeug von Splittern einer russischen Granate getroffen worden. Dabei kam ein französischer Journalist ums Leben. 

    Frédéric Leclerc-Imhoff sei in einem Bus mit Zivilisten unterwegs gewesen, schrieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Twitter. «Ich teile das Leid seiner Familie, Angehörigen und Kollegen», betonte Macron. Er sprach allen, die in Krisengebieten im Einsatz seien, um über das Geschehen dort zu berichten, die Unterstützung Frankreichs aus.

    Leclerc-Imhoff, der für den Sender BFM-TV arbeitete, sei mit Zivilisten unterwegs gewesen, die vor dem Krieg fliehen wollten. Er sei «tödlich getroffen» worden, schrieb Macron.

  • 14.44 Uhr

    Kreml führt ukrainisches Getreide nach Russland aus

    Russland, das seit Wochen ukrainische Agrarexporte übers Meer blockiert, hat nun aus dem besetzten Schwarzmeergebiet Cherson Getreide ins eigene Land importiert. Der Export der letztjährigen Ernte nach Russland habe begonnen, sagte der Vizechef der prorussischen Militärverwaltung von Cherson, Kirill Stremoussow, am Montag der staatlichen Nachrichtenagentur Tass.

    Laut Stremoussow geht es darum, Platz in den Speichern für die neue Ernte zu schaffen. Daher sei ein Teil der Getreidevorräte nach Russland verkauft worden. Er machte keine Angaben darüber, zu welchen Bedingungen die Bauern ihre Ernte nach Russland abgegeben haben.

    Kiew warf Moskau am Montag erneut vor, Getreidevorräte aus den besetzten Gebieten zu stehlen. Fast 500'000 Tonnen Getreide hätten russische Truppen illegal aus Charkiw, Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk exportiert, wie der stellvertretende ukrainische Agrarminister, Taras Vysotskyi, am Montag sagte. Speziell über den von russischen Truppen eroberten Hafen Mariupol sollen grössere Mengen verschifft worden sein, hatte es zuletzt geheissen.

    Westliche Politiker werfen Russland vor, auf eine Hungerkrise zu spekulieren und sie als Druckmittel einzusetzen, damit der Westen die Sanktionen abschwächt. Moskau weist diese Anschuldigungen zurück.

  • 13.43 Uhr

    Ex-Präsident Poroschenko darf Ukraine nun doch verlassen

    Der frühere ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat die Ukraine verlassen, nachdem er am Wochenende nach eigenen Angaben zwei Mal an der Ausreise gehindert worden war. Auf Druck von Abgeordneten des EU-Parlaments und Regierungsvertretern aus der EU habe Poroschenko nun doch ausreisen dürfen, um am Dienstag am Parteitag der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) in Rotterdam teilnehmen zu können, erklärte seine Pressestelle am Montag.

    Poroschenko habe bei der Grenzkontrolle dieselben Dokumente vorgelegt, mit denen ihm zuvor die Ausreise verweigert worden sei. Poroschenkos Oppositionspartei Europäische Solidarität hatte den Behörden in Kiew vorgeworfen, den Ex-Präsidenten an der Teilnahme an einem Nato-Treffen in Vilnius hindern zu wollen.

    Der Milliardär Poroschenko hatte die Ukraine von 2014 bis 2019 regiert, bevor er die Wahl gegen den heutigen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verlor. Die ukrainischen Behörden untersuchten vor Kriegsbeginn Dutzende Straftaten, in die Poroschenko verwickelt sein soll.

    Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine von 2014 bis 2019. (Archivbild).
    Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine von 2014 bis 2019. (Archivbild).
    KEYSTONE
  • 13.29 Uhr

    Strassenkämpfe in Sjewjerodonezk

    Die Russen seien in Sjewjerodonezk einmarschiert, sagte Bürgermeister Olexandr Striuk am Montag der Nachrichtenagentur AP in einem Telefoninterview. Es gebe heftige Strassenkämpfe.

    Die Ukrainer versuchten, sie aus der Stadt zu verdrängen. Die russischen Soldaten seien einige Häuserblocks an das Stadtzentrum herangerückt. «Wir haben keinen Strom und keine Kommunikationsmittel. Die Stadt ist komplett zerstört worden.»

    Striuk sagte, 12'000 bis 13'000 Zivilisten hätten in Kellern und Bunkern in der Stadt Zuflucht vor dem russischen Beschuss gesucht. Stündlich nehme die Zahl der Opfer zu. «Aber wir können die Toten und die Verletzen angesichts der Strassenkämpfe nicht zählen.» Seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine seien 1500 Bewohner von Sjewjerodonezk getötet worden, sagte Striuk.

  • 12:45 Uhr

    Palmöl feiert ein Revival

    Obwohl Unternehmen zunehmend versuchen, Palmöl wegen seines schlechten Rufs aus ihrer Produktion zu verbannen, erlebt es derzeit gerade ein Revival. Wegen des Kriegs in der Ukraine als wichtigster Lieferant von Sonnenblumenöl suchen die Lebensmittelproduzenten nämlich nach Alternativen.

    Und eine solche Alternative sei eben das Palmöl, wie Urs Jordi, Chef des Backwarenkonzerns Aryzta, gegenüber AWP erklärte. Nicht nur Aryzta selbst sei auf Öl-Alternativen angewiesen, auch Zulieferer von Halbfabrikaten oder Komponenten, wie etwa die Schokoladenhersteller.

    Obwohl es aktuell schwer sei, Öl und Fett – aber auch andere wichtige Materialien wie etwa Verpackungen – zu beschaffen, gelinge das der Lebensmittelindustrie bislang ganz gut, sagte Jordi.

    Der Backwarenkonzern Aryzta, zu dem unter anderem die Marke Hiestand gehört, hat sich vorsorglich mit Mehl eingedeckt. (Symbolbild)
    Der Backwarenkonzern Aryzta, zu dem unter anderem die Marke Hiestand gehört, hat sich vorsorglich mit Mehl eingedeckt. (Symbolbild)
    KEYSTONE/GAETAN BALLY

    Die Vorräte müssten allerdings zu deutlich höheren Preisen angelegt werden. In den 40 Jahren seiner Karriere in der Branche habe Jordi solche Preissteigerungen, wie sie aktuell der Fall sind, noch nicht gesehen.

    Aryzta hat sich laut Jordi bis etwa Ende Jahr mit Mehl eingedeckt. Damit gehe der Vorrat des Unternehmens über die Weizenernte hinaus, die im August und September erfolge. Und auch im Bereich Saaten, also Körner, Nüsse und Kernen, die für die Brotproduktion benötigt würden, habe man genügend Vorrat angelegt.

    Ebenso bei der Energie, denn laut Jordi ist Aryzta stark gas- und transportabhängig. Um die höheren Preise für die Energie abzufedern, hat das Unternehmen temporäre Zuschläge eingeführt. «Sie funktionieren ähnlich wie der Kerosinzuschlag beim Flugticket: Steigen die Energiepreise, gibt es auf die Lieferung einen Aufschlag.»

  • 10.16 Uhr

    Russische Truppen rücken auf Zentrum von Sjewjerodonezk vor

    «Die Russen rücken in die Mitte von Sjewjerodonezk vor. Die Kämpfe dauern an, die Situation ist sehr schwierig», erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Sergij Hajdaj, am Montag im Messengerdienst Telegram.

    Sjewjerodonezk und die Nachbarstadt Lyssytschansk sind die beiden letzten von ukrainischen Soldaten gehaltenen Städte in der Region Luhansk. In Sjewjerodonezk hatte es nach Angaben des Gouverneurs bereits am Sonntag Strassenkämpfe gegeben.

    Bei einem russischen Angriff am Montag wurden nach Angaben des Gouverneurs zwei Menschen in einem Auto verletzt, sie konnten aber «in Sicherheit» gebracht werden. «Die wichtige Infrastruktur von Sjewjerodonezk ist zerstört, 60 Prozent der Wohnungen können nicht wiederaufgebaut werden», fügte Gajdaj hinzu. Die Strasse, die Sjewjerodonezk mit Lyssychansk und der Stadt Bachmut weiter südlich verbindet, sei zu «gefährlich», um Zivilisten in Sicherheit und Hilfsgüter in die Stadt zu bringen.

    Der Bürgermeister von Sjewjerodonezk, Olexander Stryuk, hatte bereits am Wochenende wegen der humanitären und sanitären Lage in der Stadt Alarm geschlagen, die vor dem Krieg 100'000 Einwohner hatte. «Ständige Bombenangriffe» erschwerten vor allem die Versorgung mit Trinkwasser. In der Stadt gibt es demnach auch schon seit mehr als zwei Wochen keinen Strom.

    Ein Wohngebäude in Bachmut in der Nähe der hart umkämpften Ortschaften Lyssytschansk und Sjewjerodonezk am 28. Mai 2022.
    Ein Wohngebäude in Bachmut in der Nähe der hart umkämpften Ortschaften Lyssytschansk und Sjewjerodonezk am 28. Mai 2022.
    KEYSTONE / AP Photo / Francisco Seco
  • 8.59 Uhr

    London: Verheerende Verluste auf russischer Seite

    Der neuste Lagebericht des britischen Verteidigungsministeriums:

    Russland hat in diesem Konflikt wahrscheinlich verheerende Verluste unter seinen mittleren und unteren Offiziersrängen erlitten. Brigade- und Bataillonskommandeure werden wahrscheinlich nach vorne in die Gefahrenzone geschickt, weil sie für die Leistung ihrer Einheiten kompromisslos verantwortlich gemacht werden.

    Ebenso mussten junge Offiziere die taktischen Aktionen auf der untersten Ebene leiten, da die Armee nicht über den Kader hochqualifizierter und befähigter Unteroffiziere verfügt, die diese Rolle in westlichen Streitkräften übernehmen.

    Der Verlust eines grossen Teils der jüngeren Generation von Berufsoffizieren wird die anhaltenden Probleme bei der Modernisierung des Kommando- und Führungskonzepts der Armee wahrscheinlich noch verschärfen.

    Unmittelbarer werden die taktischen Bataillonsgruppen (BTG), die in der Ukraine aus den Überbleibseln mehrerer Einheiten neu gebildet werden, aufgrund des Mangels an Nachwuchsführungskräften wahrscheinlich weniger effektiv sein.

    Angesichts zahlreicher glaubwürdiger Berichte über örtlich begrenzte Meutereien unter den russischen Streitkräften in der Ukraine wird der Mangel an erfahrenen und glaubwürdigen Zug- und Kompanieführern wahrscheinlich zu einem weiteren Rückgang der Moral und einer weiterhin schlechten Disziplin führen.

  • 7.33 Uhr

    Kiew rechnet mit russischem Grossangriff auf Slowjansk

    Die russischen Streitkräfte bereiten nach ukrainischen Angaben einen gross angelegten Angriff auf den Raum Slowjansk, das Zentrum der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass, vor. Die russischen Truppen verlegten neue Einheiten in das Gebiet, um Slowjansk sowohl von Isjum als auch von der kürzlich eroberten Kleinstadt Lyman aus anzugreifen, heisst es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs am Montag.

    Der Raum Slowjansk - Kramatorsk ist der grösste Ballungsraum im Donbass, der noch unter Kontrolle Kiews steht. Hier ist auch das Oberkommando der Streitkräfte im Osten des Landes stationiert.

    Neben Slowjansk steht aber auch weiterhin der Raum Sjewjerodonezk - Lyssytschansk im Fokus der russischen Angriffsbemühungen im Donbass. In Sjewjerodonezk haben sich russische Einheiten demnach bereits im Nordosten und Südosten der Stadt festgesetzt.

    Kämpfer der selbsternannten Volksrepublik Donezk feuern mit einem Mehrfach-Raketenwerfer in der Nähe von Panteleimoniwka im Osten der Ukraine am 28. Mai 2022. 
    Kämpfer der selbsternannten Volksrepublik Donezk feuern mit einem Mehrfach-Raketenwerfer in der Nähe von Panteleimoniwka im Osten der Ukraine am 28. Mai 2022. 
    KEYSTONE / AP Photo / Alexei Alexandrov
  • 7.22 Uhr

    Kiew setzt Gegenoffensive im Süden fort

    Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben in der Nacht seine Offensive im Süden des Landes fortgesetzt. «Die Lage im Süden ist dynamisch und gespannt», teilte das Oberkommando des ukrainischen Wehrkreises Süd in der Nacht zum Montag auf seiner Facebook-Seite mit. Russland ziehe Reserven zusammen und versuche, die Frontlinien im Gebiet Cherson zu befestigen. «Gleichzeitig setzen unsere Einheiten ihre Offensivaktivitäten fort, um den Feind zu binden und eine Umgruppierung der Reserven zu verhindern.»

    Eigenen Angaben nach hat das ukrainische Militär bei den Kämpfen 67 russische Soldaten getötet und 27 Militärfahrzeuge ausser Gefecht gesetzt. Darunter auch sechs – allerdings stark veraltete Panzer – vom Typ T-62. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen.

    Kiew hatte die Angriffe im Süden des Landes am Wochenende auch als Gegenoffensive zum russischen Vormarsch im Donbass gestartet. Die Militärexperten des US-Kriegsforschungsinstituts Institute for the Study of War (ISW) bewerteten die Angriffe als «erfolgreiche begrenzte Gegenattacke». Diese habe die Russen in der Region dazu gezwungen, zur Verteidigung überzugehen und störe den Versuch Moskaus, die Kontrolle über die Schwarzmeerregion Cherson zu etablieren.

  • 5.35 Uhr

    Gauck für Unterstützung der Ukraine mit Waffen

    Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck ist nach eigener Aussage der Meinung, dass Waffenlieferungen an die Ukraine für deren Freiheitskampf gegen die russischen Angreifer wichtig sind. «Ohne die Waffen der Alliierten im Weltkrieg hätte es ein Europa unter Nazi-Herrschaft gegeben», sagte Gauck im Interview der «Bild» (Montag). Die Ukraine müsse sagen dürfen, was sie brauche, um Russland entgegenzutreten. Dennoch müsse die Politik auch weiter mit Russlands Präsident Putin im Gespräch bleiben. «Verantwortliche Politik muss auch mit Diktatoren reden», so Gauck. «Wir dürfen niemals auf Diplomatie verzichten.»

  • 5.27 Uhr

    Berichte über Tote und Verletzte bei russischen Angriffen

    Bei Angriffen auf ukrainische Orte wurden den Behörden zufolge mehrere Zivilisten getötet oder verwundet. Der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kirilenko, machte Russland für drei Tote und vier Verletzte in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region im Osten des Landes verantwortlich. In Mykolajiw im Süden des Landes sprachen die Behörden von mindestens einem Toten bei einem Angriff auf ein Wohnviertel. Russland bestreitet, zivile Ziele anzugreifen.

    Die ukrainische Armee habe 14 russische Attacken im Donbass abgewehrt, teilte der Generalstab in Kiew mit. Dabei seien mehr als 60 russische Soldaten getötet sowie Panzer und Artillerie zerstört worden, hiess es. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.

    Ein zerstörtes Dorf im Gebiet Donezk. (29. Mai 2022)
    Ein zerstörtes Dorf im Gebiet Donezk. (29. Mai 2022)
    Bild: Keystone/EPA/STR
  • 5 Uhr

    Weltbank-Chef warnt vor Nahrungsmittel-Engpass

    In Krisenzeiten spielt die Weltbank eine wichtige Rolle. Wenn die Inflation steigt und die Nahrungsmittel knapp zu werden drohen, kann die Weltbank insbesondere finanziell schwachen Staaten mit Krediten unter die Arme greifen. Derzeit droht laut Weltbankpräsident David Malpass wegen des Ukraine-Krieges ein solcher Engpass mit Nahrungsmitteln. Es sei ein koordinierter Effort nötig, sagte Malpass im Gespräch mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Angesichts des derzeit vorhersehbaren Mangels an Getreide und anderen Grundnahrungsmitteln hält es Malpass für wenig hilfreich, dass weltweit die Maisernte in Ethanol und die Sojabohnenernte in Kraftstoffe umgewandelt wird.

  • 4.37 Uhr

    Streit um Öl-Embargo gegen Russland droht Gipfel zu überschatten

    Der anhaltende Streit über die Pläne für ein europäisches Öl-Embargo gegen Russland droht den an diesem Montag beginnenden EU-Gipfel in Brüssel zu überschatten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur verhinderte die Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban am Sonntag die Einigung auf einen neuen Kompromissvorschlag, indem sie ihre Zustimmung von finanziellen Zusagen der EU abhängig machte. Zudem liessen auch Länder wie die Niederlande Vorbehalte erkennen.

    Um die seit Wochen anhaltende Blockade Ungarns zu lösen, hatte die EU-Kommission zuvor vorgeschlagen, vorerst nur die Einfuhr von per Schiff transportiertem Öl auslaufen zu lassen. Das von russischen Energieträgern stark abhängige Ungarn könnte sich demnach weiterhin über die riesige Druschba-Pipeline mit Öl aus Russland versorgen. An die Leitung sind auch Raffinerien in der Slowakei und in Tschechien sowie in Polen und Ostdeutschland angeschlossen. Deutschland und Polen haben allerdings bereits klargestellt, dass sie unabhängig von einem Embargo bis Ende dieses Jahres unabhängig von russischen Öllieferungen werden wollen. Vorher sollte das Öl-Embargo ohnehin nicht vollständig in Kraft sein.

    Bei den nun von Ungarn geforderten Finanzzusagen geht es nach Angaben aus EU-Kreisen vor allem um Mittel, die das Land für den mittelfristigen Umbau seiner Öl-Infrastruktur will. So beziffert die Regierung in Budapest die Kosten für die notwendige Umstellung von Raffinerieanlagen auf nicht-russisches Öl auf bis zu 550 Millionen Euro. Zudem müssen den Angaben zufolge 200 Millionen Euro investiert werden, um das Land künftig über eine an der Adriaküste beginnende Pipeline zu versorgen.

    Inhaltliche Probleme mit dem Kompromissvorschlag haben nach Angaben von Diplomaten hingegen die Niederlande. Sie befürchten, dass es in der EU zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen kommen könnte, wenn einige Staaten weiter relativ günstiges Pipeline-Öl aus Russland beziehen. Relevant ist dies auch, weil der Hafen in Rotterdam bislang ein wichtiger Umschlagplatz für russisches Öl ist und dort durch das Embargo zunächst Geschäft wegbrechen könnten.

    Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sah vor, wegen des Ukraine-Kriegs den Import von russischem Rohöl in sechs Monaten und den von Ölprodukten in acht Monaten komplett zu beenden. Lediglich Ungarn und die Slowakei sollten 20 Monate Zeit bekommen.

    Deutschland zeigte sich nach Angaben von EU-Diplomaten bei den EU-Beratungen am Sonntag grundsätzlich bereit, dem Kompromissvorschlag der Kommission zuzustimmen. Zugleich machte die Bundesregierung demnach deutlich, dass die Ausnahmeregelungen eigentlich nicht in ihrem Interesse sind. Mit Unmut wurde den Angaben zufolge auch registriert, dass die Kommission den Vorschlag zurückgezogen hat, im Rahmen des sechsten Sanktionspakets Russen den Kauf von Immobilien in der EU zu untersagen.

    Auf der offiziellen Agenda des zweitägigen EU-Sondergipfels in Brüssel stehen unter anderem mögliche Massnahmen gegen die aktuell bereits sehr hohen Energiepreise, die weitere Unterstützung für die Ukraine sowie die Zusammenarbeit der EU im Bereich der Sicherheit und Verteidigung. Zur aktuellen Lage in der Ukraine wird es den Planungen zufolge ein Briefing durch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geben. Dieser soll per Videokonferenz zugeschaltet werden.

  • 4.30 Uhr

    Kritik an Schwarz-Weiss-Bilder Russlands – und des Westens

    Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sind seit dem Ende des Kalten Krieges auf beiden Seiten geprägt von unrealistischen Erwartungen. Beide Seiten gehen davon aus, dass die jeweils andere Seite ihre Versprechen gebrochen hat. Zu diesem Schluss kommt Thomas Greminger, ehemaliger Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Gespräch mit den Zeitungen von CH Media. Die Behauptung, die Ukraine sei nicht demokratisch, sondern zutiefst korrupt, habe einen wahren Kern. Oligarchen hätten in der Ukraine weiterhin einen grossen Einfluss auf die Meinungsbildung, weil sie viele Medien kontrollierten.

  • 3.35 Uhr

    Lawrow weist Spekulationen über Erkrankung von Putin zurück

    Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hat Gerüchte über eine Erkrankung von Präsident Wladimir Putin dementiert. «Ich glaube nicht, dass vernünftige Menschen in dieser Person Anzeichen für irgendeine Art von Krankheit oder Gebrechen sehen können», sagte Lawrow auf eine entsprechende Frage des französischen Fernsehsenders TF1. Putin, der im Oktober 70 Jahre alt wird, trete «jeden Tag» in der Öffentlichkeit auf. «Man kann ihn auf Bildschirmen sehen, seine Reden lesen und anhören», sagte Lawrow laut einer vom russischen Aussenministerium veröffentlichten Stellungnahme. Putins Gesundheit und sein Privatleben sind in Russland ein Tabuthema und werden fast nie in der Öffentlichkeit diskutiert.

    Der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Videokonferenz in Moskau. (27. Mai 2022)
    Der russische Präsident Wladimir Putin bei einer Videokonferenz in Moskau. (27. Mai 2022)
    Bild: Keystone/Kremlin Pool Photo via AP/Sputnik/Mikhail Metzel
  • 0 Uhr

    Lawrow: Donbass hat «bedingungslose Priorität» für Russland

    Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hat die Einnahme des ostukrainischen Donbass als «bedingungslose Priorität» bezeichnet. Es gehe darum, die ukrainische Armee und Bataillone aus den von Moskau als unabhängige Staaten anerkannten Gebieten Donezk und Luhansk zu drängen, sagte Lawrow dem russischen Aussenamt zufolge in einem Interview mit dem französischen Sender TF1. Das Ministerium veröffentlichte die Antworten am Sonntag auf seiner Internetseite.

    In anderen Gebieten der Ukraine, in denen Russland eine «militärische Operation» durchführe, müssten die Bewohner selbst über ihre Zukunft entscheiden, sagte Lawrow. Hingegen rechnet die Regierung in Kiew damit, dass es etwa in der ukrainischen Region Cherson ein gelenktes Referendum geben könnte über die Ausrufung einer «Volksrepublik» nach dem Vorbild der prorussischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk.

    Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zu Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar gesagt, dass Moskau die ukrainischen Gebiete nicht besetzen wolle, sondern prüfen werde, wie die Menschen reagieren.

    Lawrow sprach in dem Interview erneut von einer angeblichen «Befreiung» des Donbass vom «Kiewer Regime». 

    Der russische Aussenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz in Genf am 21. Januar 2022. 
    Der russische Aussenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz in Genf am 21. Januar 2022. 
    Bild: Keystone/Jean-Christophe Bott