Was mit einem Videoaufruf begann, mobilisiert seit Wochen zehntausende Franzosen. Ein Überblick über die Entstehung der ungewöhnlichen Protestbewegung der Gelbwesten in Frankreich:
Donnerstag, 18. Oktober 2018:
Eine 51-jährige Bretonin veröffentlicht auf Facebook ein Handyvideo, in dem sie Präsident Emmanuel Macron eine "Treibjagd auf Autofahrer" vorwirft, weil er trotz hoher Bezinpreise die Ökosteuer auf Benzin erhöhen will. Sie ruft dazu auf, zum Protest eine gelbe Weste hinter die Windschutzscheibe zu legen. Das Video wird millionenfach geteilt. Die Internet-Petition einer 33-Jährigen aus dem Pariser Grossraum "für einen Rückgang der Spritpreise" findet bis heute mehr als 1,2 Millionen Unterstützer.
Samstag, 17. November
Erstmals demonstrieren rund 290'000 Menschen mit gelben Westen in ganz Frankreich gegen die hohen Benzinpreise. Sie blockieren Strassen und Treibstofflager. Es gibt mehr als 220 Verletzte bei Zusammenstössen mit der Polizei.
Samstag, 24. November
Landesweit gehen rund 166'000 Gelbwesten auf die Strasse. Erstmals kommt es auch in Paris zu Protesten mit rund 8000 Teilnehmern. Auf dem Boulevard Champs-Elysées liefern sich Demonstranten Zusammenstösse mit der Polizei. Es gibt mehr als hundert Festnahmen und mehr als 20 Verletzte. Die Regierung macht "ultrarechte" Strömungen für die Gewalt verantwortlich.
Dienstag, 27. November
Nach zehntägigem Schweigen äussert sich erstmals Präsident Emmanuel Macron: Er kündigt an, die Ökosteuer an die Kraftstoffpreise anzupassen. Grundsätzlich hält er jedoch an seinem Kurs fest. Die Gelbwesten sind empört. Auch erste Treffen mit Regierungsvertretern bringen kein Ergebnis.
Samstag, 1. Dezember
Bei neuen Demonstrationen in Paris eskaliert die Gewalt: Es gibt schwere Ausschreitungen, die Sicherheitskräfte wirken völlig überfordert. Geschäfte auf den Champs-Elysées und der Triumphbogen werden verwüstet. Die bürgerkriegsähnlichen Bilder sorgen weltweit für Entsetzen. Landesweit gehen 136'000 Menschen auf die Strasse, es gibt mehr als 260 Verletzte. In Paris nimmt die Polizei 370 Menschen in Gewahrsam, einige werden zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt.
Montag, 2. Dezember
Nach seiner Rückkehr vom G20-Gipfel in Argentinien beruft Präsident Macron eine Krisensitzung des Kabinetts ein. Regierungschef Edouard Philippe nimmt Beratungen mit den politischen Parteien über eine Lösung der Krise auf. In ganz Frankreich werden die Strassenblockaden fortgesetzt. Auch Schüler schliessen sich erstmals den Protesten an. Die Demonstranten fordern inzwischen auch höhere Renten und Löhne und eine allgemeine Steuersenkung.
Dienstag, 4. Dezember
Regierungschef Philippe kündigt an, die Ökosteuer für sechs Monate auszusetzen und die staatlich regulierten Strom- und Gaspreise im Winter stabil zu halten. Opposition und Gelbwesten erklären dies für völlig unzureichend.
Mittwoch, 5. Dezember
Neben Gelbwesten und Schülern kündigen erstmals auch die französischen Bauern Proteste an. Die Regierung erklärt daraufhin, die Ökosteuer für das gesamte Jahr 2019 auszusetzen. Sie deutet auch eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer an, für deren Abschaffung Macron als "Präsident der Reichen" geschmäht wird.
Donnerstag, 6. Dezember
Macron lässt über einen Sprecher erklären: Die Rückkehr zur Vermögenssteuer kommt nicht in Frage. Linke Oppositionsparteien wollen ein Misstrauensvotum gegen die Regierung anstrengen.
Freitag, 7. Dezember
Für erwartete neue Proteste am zweiten Adventssamstag bereitet die Regierung ein massives Sicherheitsaufgebot mit 89'000 Einsatzkräften vor. In Paris bleiben Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm sowie Geschäfte geschlossen.
Samstag, 8. Dezember
Landesweit demonstrieren 136'000 Menschen, in Paris 8000. In der Hauptstadt und anderen Orten kommt es erneut zu Ausschreitungen, rund 180 Menschen werden landesweit verletzt. Die Polizei geht diesmal deutlich früher gegen Gewaltbereite vor, mehr als 1200 Menschen werden in Gewahrsam genommen. Präsident Macron will sich zu Wochenbeginn erstmals wieder äussern.
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