Polit- und Justiz-Krimi Die sechs wichtigsten Fragen und Antworten zur Akte Kavanaugh

Philipp Dahm

2.10.2018

Über den Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh wird dieser Tage derart viel geschrieben, dass man schnell den Überblick verliert. Deshalb hier das Wichtigste zusammengefasst.

Brett Kavanaugh während seiner Anhörung im US-Senat im Washington am 27. September 2018.
Brett Kavanaugh während seiner Anhörung im US-Senat im Washington am 27. September 2018.
Keystone

Warum ist dieser Richterposten eigentlich so wichtig?
Der Oberste Gerichtshof der USA (Supreme Court of the US, kurz: SCOTUS) besteht aus neun Richtern, die auf Lebenszeit ernannt werden. Wird ein Posten frei, kann der Präsident einen Nachfolger vorschlagen, der auf der eigenen Linie liegt, und so weit über die eigene Amtszeit hinaus die Politik des Landes prägen. Der Kandidat muss erst dem Justizausschuss des Senats Rede und Antwort stehen und sich schliesslich von ihm bestätigen lassen.

Warum ist die Ernennung ein Politikum?
Für die Demokraten ist Kavanaugh aus drei Gründen ein rotes Tuch.
1. Der Jurist war federführender Autor des Untersuchungsberichts im Fall Bill Clinton (Starr Report) von 1998. Dabei ging es um den Missbrauchsvorwurf einer Staatsangestellten aus Arkansas und um ein Fehlverhalten gegenüber einer Praktikantin im Weissen Haus namens Monica Lewinsky. Dabei wurde Präsident Clinton öffentlich demontiert, ein Amtsenthebungsverfahren kam jedoch nicht zustande.
2. Im Februar 2016 stirbt der oberste Richter Antonin Scalia, was Barack Obama Gelegenheit gibt, einen eigenen Kandidaten in dem Gremium zu platzieren. Die Mehrheit im Senat haben jedoch die Republikaner, die damit den Demokraten-Kandidaten bis zur Wahl Donald Trumps verhindern. Nun wollen die Demokraten bei den kommenden Midterm-Wahlen selbst den Senat übernehmen, um den Spiess umzudrehen.
3. Der Richter gilt als extrem konservativ und liegt in wichtigen Fragen von Abtreibung über Krankenversicherung und Umweltschutz bis zur Waffenkontrolle mit Trump voll auf einer Linie.

Kavanaugh 1998 in Washington als Widersacher von Bill Clinton. Im Vordergund: Sonderermittler Kenneth Starr.
Kavanaugh 1998 in Washington als Widersacher von Bill Clinton. Im Vordergund: Sonderermittler Kenneth Starr.
Getty Images

Wer ist Brett Kavanaugh?
Die Mutter war Lehrerin mit Jus-Abschluss, der Vater Lobbyist der Kosmetikindustrie: Das Einzelkind ging im Bundesstaat Maryland auf eine katholische Schule, studierte erst Geschichte, dann bis 1990 Jus an der Ivy-League-Universität Yale und arbeitete anschliessend in Delaware und Washington an einem Berufungsgericht. 2006 beförderte ihn der US-Senat zum Richter am Bundesgerichtshof. Als die Republikaner nach der Wahl Donald Trumps eine Liste mit elf Richtern aufstellten, die als oberster Richter infrage kommen, ist sein Name nicht dabei. Weil einer der amtierenden Richter seinen Rückzug ankündigt, wird Kavanaugh im Juli 2018 vom Präsidenten zum Wunschkandidaten erklärt.

Donald Trump mit Brett Kavanaugh, dessen Frau Ashley und den Töchtern Margaret (Zweite von links) und Eliza im Weissen Haus.
Donald Trump mit Brett Kavanaugh, dessen Frau Ashley und den Töchtern Margaret (Zweite von links) und Eliza im Weissen Haus.

Was wird dem Mann vorgeworfen?
Drei Frauen werfen Kavanaugh vor, sie in High-School- oder Uni-Tagen missbraucht zu haben. Als Erste meldete sich die Psychologie-Professorin Christine Balisey Ford zu Wort und gab an, Anfang der 80er in der Georgetown Prep School von Kavanaugh angegangen und bedrängt worden zu sein. Selbst Republikaner halten ihre Aussagen für glaubwürdig. Danach zeigte Deborah Ramirez den Republikaner an, weil er sie an der Yale-Universität um 1983 herum exhibitionistisch bedrängt haben soll. Eine Staatsangestellte namens Julie Swetnick behauptet als drittes mutmassliches Opfer, eine Gruppe inklusive Kavanaugh habe Mädchen in der High School mit Alkohol und anderen Drogen gefügig gemacht. Das wirft ein neues Licht auf Einträge im High-School-Jahrbuch von Kavanaugh, die mindestens ein Macho-Gehabe in damaligen Zeiten andeuten (siehe auch «New York Times»: «Kavanaughs Jahrbuch-Text ist ‹schrecklich schmerzhaft für die Frau, die dort genannt wird»)

Anhörung im US-Senat am 27. September 2018: Senator Patrick Leahy zeigt auf einen Ausschnit auf Kavanaughs High-School-Jahrbuch.
Anhörung im US-Senat am 27. September 2018: Senator Patrick Leahy zeigt auf einen Ausschnit auf Kavanaughs High-School-Jahrbuch.

Nach welcher Taktik verfahren die Parteien jetzt?
Die Deadline ist am 6. November. Dann stehen in den USA Zwischenwahlen an. Die «midterm elections» heissen so, weil die Hälfte der Amtszeit des Präsidenten vorbei ist. Neben dem Repräsentantenhaus wird auch ein Drittel des Senats neu besetzt, der den Justizausschuss bildet, der wiederum dem obersten Richter seinen Segen geben muss. Aktuell haben die Republikaner dort nur zwei Sitze Vorsprung – und 33 werden neu bestimmt. Es wird für die Demokraten dennoch nicht leicht, die Mehrheitsverhältnisse zu ändern, denn von den 33 Sitzen werden bereits 24 von Demokraten gehalten – und nur neun vom politischen Gegner. Trump wird alles daransetzen, Kavanaugh bis zum Wahltermin durchzuboxen. Die Demokraten werden versuchen, republikanische Senatoren ins Gewissen zu reden, um Kavanaughs Bestätigung bis zur Wahl zu verhindern.

Die Schlüsselmomente der Anhörung von Christine Blaisey Ford und Brett Kavanaug.

Wie geht es weiter?
Inzwischen ermittelt das FBI gegen Kavanaugh: Die Behörde hat von Donald Trump (auf Bitten des Justizausschusses des Senats hin) eine Woche Zeit bekommen, um den Kandidaten zu durchleuchten und die Anschuldigungen zu prüfen. Anschliessend wird nicht bloss der Justizausschuss, sondern der gesamte Senat über Kavanaughs Ernennung abstimmen.

Bürger protestieren am 1. Oktober in New York gegen Brett Kavanaughs geplante Ernennung.
Bürger protestieren am 1. Oktober in New York gegen Brett Kavanaughs geplante Ernennung.
Keystone

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