Deutsche Studie Berichte über Flüchtlinge waren korrekt, aber einseitig

dpa

15.1.2019

Flüchtlinge laufen hinter einem Fahrzeug der deutschen Bundespolizei im Jahr 2015. 
Flüchtlinge laufen hinter einem Fahrzeug der deutschen Bundespolizei im Jahr 2015. 
Source: Armin Weigel/DPA

Viele deutsche Medien haben seit Sommer 2015 breit über die Flüchtlinge berichtet. Die Fakten hätten sie dabei richtig wiedergegeben, besagt eine Studie – aber nicht immer seien die Berichte auch ausgewogen gewesen.

Die Ereignisse in der Silvesternacht 2015/2016 in der deutschen Metropole Köln waren in der Berichterstattung über die Flüchtlingskrise eine Zäsur, so lautet seit einiger Zeit der Tenor. Damals war es zu verbreiteten Übergriffen auf Frauen gekommen, als Täter waren vorab nordafrikanische Einwanderer ausgemacht worden. 

Silvester in Köln als Wendepunkt

Der Kommunikationswissenschaftler Professor Marcus Maurer von der Universität Mainz hat jenen Wendepunkt nun bekräftigt: «Die Silvesternacht war ein einschneidendes Ereignis, danach folgte ein dramatischer Wandel», zitiert die Deutsche Presse-Agentur (dpa) Maurer. Dem Wissenschaftler zufolge sei es den Medien in Deutschland 2015 zunächst vor allem um die Frage gegangen, ob die Grenzen geschlossen oder möglichst viele Migranten aufgenommen werden sollten.

«Mit der Silvesternacht sind ganz andere Themen dazugekommen», so Maurer. Er hat in der Studie «Auf den Spuren der Lügenpresse. Zur Richtigkeit und Ausgewogenheit der Medienberichterstattung in der ‹Flüchtlingskrise›» die Berichterstattung ausgewählter Medien untersucht.

«Es gibt sehr gemischte Befunde: Die Medien haben überwiegend richtig, aber gleichzeitig auch überwiegend einseitig berichtet», sagte Maurer. Einseitig sei die Berichterstattung beispielsweise bei der Darstellung von Flüchtlingen gewesen, die insgesamt in der Tendenz positiv gewesen sei. Dagegen sei der abstrakte Sachverhalt der Zuwanderung eher negativ dargestellt worden. «Uns hat sehr überrascht, wie stark das auseinanderfällt.» Vor dem 1. Mai 2015 habe das Thema Zuwanderung in den Medien nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

Vom einen Extrem ins andere

Nach den Ergebnissen der Studie war auch Kriminalität von Zuwanderern in den untersuchten Medien zunächst kein grosses Thema. Das habe sich nach den zahlreichen Übergriffen auf Frauen zum Jahreswechsel 2015/2016 in Köln aber völlig gedreht, sagte Maurer. Die Zahl der Berichte über Flüchtlingskriminalität sei nach oben geschnellt. Maurers Fazit zu diesem Aspekt: «Am Anfang war die Berichterstattung zu positiv, am Ende war die Berichterstattung zu fokussiert auf Kriminalität.»



Jedoch treffe die Wahrnehmung von Teilen der Bevölkerung, die Medien hätten falsch über die Flüchtlingskrise berichtet, nicht zu, sagte der Wissenschaftler vom Institut für Publizistik der Universität Mainz. Die Darstellung der Faktenlage sei überwiegend korrekt gewesen.

Das gilt der Studie zufolge beispielsweise auch für die Frage, ob die untersuchten Medien korrekt dargestellt hätten, dass etwa die Hälfte der Flüchtlinge männliche Erwachsene waren, 20 Prozent erwachsene Frauen und 30 Prozent Kinder. Gerade in diesem Punkt habe es gegenüber den Medien grosses Misstrauen gegeben, das jedoch nicht berechtigt gewesen sei: Die Darstellung in den Medien habe dieser Verteilung fast exakt entsprochen.

Für die Studie haben die Wissenschaftler der Universität Mainz die Berichterstattung von zwei überregionalen Tageszeitungen, einer Boulevard-Zeitung, sowie von zwei öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen und einer aus dem Privatfernsehen untersucht. Berücksichtigt wurden 4726 Berichte zwischen dem 1. Mai 2015 und dem 31. Januar 2016.

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