Interview Trump-Fan Roseanne Barr: «Ich hoffe, mit der Serie eine Brücke zu schlagen»

von Marlène von Arx, Hollywood-Kolumnistin

27.3.2018

«Roseanne» ist zurück und damit auch Hauptdarstellerin Roseanne Barr. Im Interview mit «Bluewin» spricht die 65-Jährige über ihre Begeisterung für Donald Trump und den ewigen Ärger mit den Kindern.

Schick und schön waren die Sitcom-Geschichten der 80er-Jahre. Dann kam «Roseanne» und revolutionierte mit ihrem Blick ins Leben einer Arbeiterfamilie das Fernsehen. Jetzt steigt Roseanne Barr (65) auf den Reboot-Trend auf und bringt ihre Hit-Sitcom mit Original-Besetzung zurück. Die Komikerin über ihre neue Sanftmut, ihre Einstellung zu Donald Trump, ihre Farm auf Hawaii und den ewigen Ärger mit den Kindern.

«Bluewin»: Nach 21 Jahren kommt «Roseanne» zurück. Was hat sich geändert?

Roseanne Barr: Ich bin älter und habe die Wechseljahre hinter mir. Die sind mir so stark eingefahren wie die Pubertät. Ich glaube, ich bin netter geworden. Auch kontrollierter und weniger launisch.

Ist das gut für die Serie?

Ich weiss es nicht. Es war gut für die, die daran gearbeitet haben. Roseanne in der Serie ist aber immer noch netter als Roseanne im wirklichen Leben.

Wie war es für Sie, wieder in die alte Conner-Stube zu treten?

Ich habe mich einfach gefreut, wieder mit meinen Freunden zu arbeiten. Mein Lieblings-Dekor ist die Couch. Die ist einfach nach wie vor sehr bequem.

Sie tragen auch noch Klamotten von früher?

Oh ja, der Hühner-Pulli ist zurück! Es bedeutet uns allen – vor und hinter den Kulissen – sehr viel. Der Sender mochte ihn damals nicht, die Produzenten mochten ihn nicht. Sie fanden ihn hässlich, und so trugen wir ihn absichtlich immer wieder – nicht nur ich. Wir liebten ihn, weil er so hässlich war

Was war die Voraussetzung, dass Sie Roseanne Conner & Co. wieder auferstehen liessen?

Ich habe ein paar Garantien verlangt. Das Wichtigste war, dass ich nicht mehr kämpfen musste wie früher und dass ich meine Visionen umsetzen konnte. Ich habe zu Sara Gilbert, die meine Tochter Darlene spielt und jetzt Produzentin der Serie ist, im Vorfeld gesagt, sie sei für das Reden mit den Leuten von der Teppich-Etage zuständig. Ich will nur das tun, was ich am besten kann und das ist Schreiben – zusammen mit Schreibern, die mich respektieren und die anderen Frauen respektieren. Sie haben ja in letzter Zeit sicher gelesen, dass das nicht immer so ist.

Also gab es diesmal keinen Streit?

Nein, ich fühlte mich im Gegensatz zu früher respektiert und geschützt. Viele von uns Komikern denken ja, dass sie irgendwie leiden müssen, damit sie lustig sind. Deshalb haben so viele Komiker auch ein mieses Leben. Aber das stimmt nicht. Mein Arbeit ist besser denn je. Ich sage Dinge, die offensichtlich sind, aber ignoriert werden. Manchmal fühle ich mich wie eine Ausserirdische, wenn ich sehe, was die Leute heute bewegt.

Im Gegensatz zu vielen Kollegen in Hollywood sind Sie ja Trump-Wählerin. Wie politisch ist die neue «Roseanne»?

Alles, was dem Arbeitervolk passiert, ist politisch. Wir greifen das Gesundheitssystem auf und was halt sonst noch so ansteht. Viele meiner Freunde haben die Eltern zu sich nehmen müssen oder ihre erwachsenen Kinder und Grosskinder, weil sie sich keine eigene Bleibe mehr leisten können. Themen halt, die normale Leute betreffen und man sonst in der Unterhaltung nicht findet. Ich will damit die Leute aus ihrer Misere holen, indem ich ihnen zeige, dass man über Elendes auch lachen kann.

Ist «Roseanne» also Ihre Art, eine Brücke in den tief gespaltenen Vereinigten Staaten zu schlagen?

Ja, das hoffe ich. Wir sind zu gespalten. Auch in meiner Familie. Ich habe drei Töchter in den Vierzigern und die denken ganz und gar nicht so wie ich. Wir stritten und streiten uns um die Wahlen. Das finde ich traurig. Wieso versucht man nicht zu verstehen, wieso sich die Leute so fühlen und so gewählt haben? Man muss doch ein Mitgefühl mit den Leuten haben, sonst ist das Leben schrecklich. Aber darauf sagen meine Girls bloss «fuck you».

Sie sehen offenbar etwas im amerikanischen Präsidenten, das viele Leute nicht sehen…

Weil sie durch eine bestimmte Linse schauen. Sie sehen nur, was sie eh schon wissen. Meiner Meinung nach ist es eine gute Sache, wenn Nordkorea und bald auch der Iran darüber reden werden, ihre Atomwaffen-Programme zurückzufahren. Ich halte es auch für eine gute Sache, wenn Trump sich mit Putin befreundet, statt gegen ihn in einen Atomkrieg zu ziehen. Ich glaube, Trump will eine friedliche Welt. Ob er das auch erreicht, werden wir sehen. Ich bete, dass er es schafft.

Finden Sie seine Tweets für einen Präsidenten angemessen?

Ich finde, sie sind oft lustig, und ich glaube, er feuert sie auch in diesem Sinn ab. Er hat einen guten Sinn für Humor. Er ist auch ein Provokateur – ich verstehe das. Ich habe ihn vor ein paar Jahren getroffen – da war er sehr nett zu mir. Er ist auch in einem meiner TV-Specials aufgetreten. Er ist ein progressiver Denker, also warten wir mal zwei Jahre und sehen, ob ich falsch liege.

Zurück zu den Conners: Johnny Galecki, der Darlenes Freund und Hausgast David spielte und inzwischen mit «The Big Bang Theory» erfolgreich ist, ist auch wieder mit von der Partie. Er hat inzwischen fast mehr Sitcom-Erfahrung als Sie. Stört Sie das?

Nein, ich liebe Johnny wie eines meiner Kinder. Sein Talent ist enorm gewachsen. Ich bin wirklich beeindruckt vom schauspielerischen Talent aller meiner TV-Kinder. Es war wirklich schön, alle wieder zu sehen, und es freut mich, dass alle funktionierende Menschen geworden sind.

Sind Sie über die Jahre in Kontakt geblieben?

Ja, denn ich stecke meine Nase gerne in die Angelegenheiten anderer Leute.

George Clooney spielte Jackies Freund, bevor er ein Star war …

Ja, er hat es immer übertrieben, aber es war immer lustig mit ihm. Einmal hat er sich heimlich Poulet-Haut in den Mund gesteckt und dann so getan, als müsste er Poulet-Resten in den Abfalleimer kotzen. So ist er halt.

Wie geht es in der Küche zu und her, wenn Ihre eigene Familie zusammenkommt?

Niemand rührt einen Finger ausser mir! Ich frage die Kids, ob sie vielleicht mit anpacken könnten oder vielleicht etwas schälen würden, aber nein, sie sind mit ihren Video-Games beschäftigt. Die Töchter kommen erst, wenn schon alles auf dem Tisch steht. Freitags koche ich für zehn Leute, aber ich mache es ja gerne und ich kann es auch. Es ist auch besser, wenn niemand in der Küche ist und mir dreinredet. Wenn dann alle am Tisch sitzen, ist fünf Minuten Ruhe und dann gibts immer wegen irgendetwas Krach. Dann werde ich wütend und sage, sie müssen jetzt aufräumen – und ich gehe ins Bett.

Haben Sie Ihren Führungsstil von Ihrer Mutter geerbt?

Sagen wir so: Ich komme aus einem Umfeld, in dem die Frauen der Kopf des Haushaltes sind, die mit Humor Wände einschlagen und die Wahrheit sagen, auch wenn sie manchmal stinkt. Die Ehemänner sind weniger involviert. Meine Mutter ist 84 und die bemerkenswerteste Frau, die ich je kennengelernt habe. Ich bin in Salt Lake City in einem der konservativsten Staaten der USA aufgewachsen. Meine Mutter hat zwei schwule Kinder und mit meinem Bruder ein Aids-Projekt in Utah gegründet, als die Leute da noch wirklich schwulenfeindlich waren. Sie hat wirklich Mut und hat mir immer wieder gezeigt, dass man einfach weiterkämpft. Wie meine Grossmutter hatte sie aber auch eine sanfte und eine sehr religiöse Seite. Sie sind Frauen ihrer Generation, stark und schwach zugleich. Und so bin ich auch.

Was haben Sie an Ihre Töchter weitergegeben?

Als sie Teenager waren habe ich gemerkt, dass ich sie zu aggressiven Bengeln erzogen hatte, was nicht gut war. Ich musste sie in Erziehungs-Zentren schicken, wo sie lernen sollten, im Team zu arbeiten. Dann wurde der Kurs gestrichen und deshalb sind sie noch heute so, was mich nervt. Denn ich finde, sie sollten mir gehorchen und sie tun es einfach nicht, obwohl ich am Schluss ja trotzdem immer recht habe. (lacht) Sie machen immer das Gegenteil von dem, was ich sage – ausser, sie hören es am TV von Anderson Cooper von CNN. Aber wenigstens sind sie gute Mütter.

Nachgeben ist nicht Ihr Ding?

Schauspieler geben nach, aber ich bin keine Schauspielerin – ich bin eine Komikerin und die geben nicht nach. Wir bleiben unserer Persona treu, deshalb muss ich auch eine dicke Haut haben. In Wahrheit habe ich aber eine relativ dünne Haut, aber dafür viel davon.

Mit ihrem jetzigen Partner, den Sie online kennengelernt haben, sind Sie seit über 15 Jahren zusammen. Half es Ihrer Beziehung, dass Sie in den letzten Jahren nicht mehr im Scheinwerferlicht standen?

Ja, vermutlich. Es ist jedenfalls meine längste Beziehung. Ich habe auch sicherlich endlich die richtige Person gefunden. Er hält mich auf Trab: Er ärgert mich, er beruhigt mich – er verbindet alles, was zu einem guten Lebenspartner gehört.

Sie leben auf einer Farm auf der Big Island in Hawaii. Wie muss man sich das vorstellen?

Wir haben 3000 Macadamia Nuss-Bäume, Kartoffelfelder, eine Ananas-Plantage und Ziegen. Wir machen Ziegenkäse. Ich habe über 18 Hektaren Land und überall wächst etwas, denn ich habe Panik-Attacken, was Nahrungsmittel betrifft: Ich stelle mir vor, wenn ich mich auf dem Gut verlaufe, wächst da wenigstens eine Kartoffel oder eine Papaya, die ich im Notfall essen kann. Meine Grosskinder und ihre Eltern arbeiten für mich, und wir haben etwa fünf Angestellte. Alle nennen mich «Tante» oder «Oma» – es ist schön, zu einer Herde zu gehören.

Darum gehts in der «Roseanne»-Neuauflage

«Roseanne» wurde zwischen 1988 und 1997 produziert. 20 Jahre später leben die Matriarchin Roseanne und ihr Mann Dan Conner (John Goodman), der theoretisch von den Toten auferstanden ist, immer noch im gleichen Haus. Ebenso Tochter Darlene (Sara Gilbert) als alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, wovon eines ein Junge ist, der gerne Mädchenkleider trägt. Sohn D.J. (Michael Fishman) war Soldat, dessen Frau in Afghanistan dient, während er sich um die (schwarze) Tochter kümmert. Tochter Becky (Darstellerin Nr.1 Alicia Goranson) ist pleite und versucht sich als Leihmutter für Andrea (Becky-Darstellerin Nr. 2 Sarah Chalke). Und Tante Jackie (Laurie Metcalf) ist jetzt Life Coach und mit ihrer Trump befürwortenden Schwester Roseanne politisch immer im Clinch.

«Rosanne» läuft in den USA ab dem 27. März jeweils dienstags auf ABC. Wann und wo die Serie bei uns zu sehen sein wird, steht noch nicht fest.

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