Scharfseher So sexy ist die neue SRF-Erotikserie «Seitentriebe»

von Lukas Rüttimann

27.2.2018

Frisch, frech, unverkrampft: Der Auftakt zu «Seitentriebe» ist vielversprechend – und zeigt mehr Mut, als man sich sonst auf SRF zur Primetime gewohnt ist.

Witzig und sexy? Da hat sich das Schweizer Fernsehen mit «Seitentriebe» aber tüchtig was eingebrockt. Für ein breites Publikum lustig zu sein ist schon schwierig genug. Aber auch noch auf Ankündigung sexy? Man muss kein Casanova sein, um zu wissen, dass vorbestellte Erotik in den meisten Fällen in die Hose geht.

Schlechte Karten also für «Seitentriebe», die neue Montagabend-Serie auf SRF eins. Glücklicherweise steht mit Güzin Kar eine Frau hinter der Kamera, die um solche Gefahren weiss.

Bereits bei der Recherche hat die Regisseurin erfahren müssen, dass man in Sachen Sex nichts erzwingen kann: Als die Autorin Langezeitpaare über ihr Sexleben befragen wollte, versteiften sich diese. Erst mit einer gewissen Beiläufigkeit kam die Filmemacherin an jene Informationen heran, die sie für ihre Geschichte brauchte (lesen Sie mehr in unserem Interview).

Güzin Kar

Neue Gesichter, viel Haut

Diese Lockerheit merkt man «Seitentreibe» von Beginn weg an. Das fängt schon damit an, dass hier nicht die üblichen Verdächtigen des SRF-Schaffens ihr Unwesen treiben, sondern frische Gesichter zu sehen sind: Statt eines Mike Müller oder einer Tonia Maria Zindel spielen die bislang völlig unbekannten Vera Bommer und Nicola Mastroberardino die Hauptrollen – und beide machen das hervorragend.

Bommer und Mastroberardino sind das Paar, das in Folge eins den Takt vorgibt. Sie sind beide attraktive, sympathische Normalos, denen die Leidenschaft in ihrer Langzeitbeziehung abhanden gekommen ist. Das mag zwar abgelutscht klingen, wird aber lustvoll inszeniert. Der Sex im Kopf ist heiss, die Realität lauwarm – und dass die Hauptfiguren Städter sind, darf man durchaus als mutigen Schritt werten.

Denn eines wird schon nach der ersten Folge klar: In «Seitentriebe» wird nicht übliche SRF-Prime Time-Unterhaltung à la Hartmann oder «Happy Day» oder sonstigen Folklore-Shows zelebriert, sondern ein modernes, frisches Serienkonzept. Eine Produktion, die vermehrt ein junges und urbanes Publikum ansprechen soll, «Potzmusig»-Fans aber dennoch immer noch zugemutet werden kann.

Unverkrampft und deshalb sexy

Nackte Haut ist dabei nur ein Mittel zum Zweck. Mindestens so prickelnd ist das Aufbrechen von gängigen Beziehungsmustern. Eine Affäre zwischen einer älteren Frau und einem Jugendlichen wird angedeutet, die forsche Anmache einer Frau ist Balsam für #metoo-geschädigte Zuschauerseelen – und ein kleiner Vorgeschmack auf die kommende Action in «Seitentriebe». Denn auf politische oder sexuelle Korrektheit gibt Kar erfrischend wenig; auf hohes Tempo, unpeinliche Dialoge und treffende Situationskomik dafür viel.

Perfekt ist das alles nicht. Über Wendungen wie jene, dass sich das gelangweilte Paar über Tinder zufälligerweise gleich wieder matcht, kann man sicher streiten. Doch über weite Strecken kommen Figuren und Geschehnisse aus «Seitentriebe» unterhaltsam, authentisch und vor allem völlig unverkrampft daher.

Und dass genau das sexy ist, wissen Casanovas genauso gut wie Liebhaber von tollen TV-Serien.

«Seitentriebe» lief am Montag, 26. Februar, um  20.10 Uhr auf SRF zwei. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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