Kolumne am MittagTrotz explodierender Raketen träumt er vom Mond
Von Bruno Bötschi
15.3.2021
Seine ersten eigenen Modellraketen explodierten. Jahre später schaffte es Alexander Gerst doch noch ins Weltall. Jetzt hofft der 44-jährige Deutsche, dass sein nächster Flug ihn noch ein Stück weitertragen wird.
Von Bruno Bötschi
15.03.2021, 11:21
15.03.2021, 12:44
Bruno Bötschi
Viele Menschen träumen davon, auf den Mond zu fliegen – Alexander Gerst zum Beispiel. «Wenn sich die Chance ergibt», sagt der deutsche Astronaut und Geophysiker in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung «Zeit», sei er bereit dazu.
Flugobjekte interessieren Gerst schon seit klein auf. Als Kind baute er zusammen mit einem Freund Modellraketen «mit selbst konstruierten Düsen aus Schnellzement». Zum Glück planten die beiden Jungs damit nicht auf den Mond zu fliegen. «Die meisten Modelle sind beim Start explodiert, aber einige sind auch wirklich geflogen.»
Gersts Interesse an der Raumfahrt wurde durch seinen Grossvater geweckt, der als Funkamateur den Mond als Reflektor für Funkverbindungen Erde-Mond-Erde verwendet hat. Tönt ziemlich kompliziert, fand Klein Alex aber super spannend. Er sei als Kind neugierig auf alles Mögliche gewesen, habe viel gebastelt und viel gelesen. Über Dinosaurier, die frühe Erde, das Sonnensystem, Technik, Vulkane, Stürme und vom Tüftelmagazin «Yps» besass er ein Abo.
Später studierte Gerst Geophysik in Karlsruhe und im neuseeländischen Wellington. Zu Beginn des Studiums vereinbarte er mit einem Kommilitonen: «Wir bewerben uns einmal im Leben als Astronaut. Wenn wir 80 sind, wollen wir sagen können: Wir haben es wenigstens probiert.»
Seine Fotos und Videos aus dem All machten ihn zum Star
Zweimal ist der heute 44-Jährige seither ins Weltall geflogen – 2014 und 2018 lebte er mehrere Monate auf der Internationalen Raumstation ISS. Seine Aufnahmen aus dem All, die er unter @astro_alex veröffentlichte, machten ihn damals zum Star.
Es heisst, weil Raumfahrer die Welt von aussen sehen, würde sie das innerlich verändern. Dieser Wechsel der Perspektive sei auch für ihn ein eindrückliches Erlebnis gewesen, sagt Gerst in der «Zeit». «Als Geophysiker wusste ich genau, welchen Radius die Erde hat. Als ich aber zum ersten Mal auf die Erde schaute, rief ich: Die ist ja tatsächlich rund!»
Er habe damals selber über sich lachen müssen, so Gerst, denn eigentlich sei es ja grotesk, über diese Tatsache verwundert zu sein. «Aber wir Menschen sind einfach, ja, Gefühlswesen. Wir müssen fühlen, um etwas zu verstehen.»
So verwundert es nicht, dass er dieses Gefühl gern nochmals erleben will, ja, es vielleicht sogar toppen möchten – mit einem Stop auf dem Mond.
Die neue Raumstation wird um den Mond kreisen
Die Chancen, dass dieser Traum in Erfüllung geht, stehen gar nicht so schlecht. Denn Alexander Gerst ist heute bei der ESA für den «Lunar Gateway» zuständig, also die neue Raumstation, die aktuell für die Mond-Umflaubahn gebaut wird.
Das Gateway wird – ähnlich wie die ISS – ein Aussenposten der Menschheit im All sein. Mit einem Unterschied: Anstatt seine Bahnen um die Erde zu ziehen, wird die Station den Mond umkreisen und den Astronauten und Robotern damit als Basis zur Erforschung der Mondoberfläche dienen.
Für das Gateway werden die Ingenieurinnen und Ingenieure dereinst Menschen suchen, die schon auf einer Station gelebt haben. Gute Reise, Alexander.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.