Contra

Bruno Bötschi

Redaktor Leben/Entertainment

Vor zehn Jahren wurde die SRF-Show «Benissimo» im Mottenschrank versorgt. Nun soll der einstige Strassenfeger mit Beni Thurnheer wieder für Quoten sorgen.

Unterhaltungsshows, die in den 90er-Jahren erfolgreich waren, finden den Weg zurück in die Flimmerkiste. «Wetten dass..?» mit Thomas Gottschalk, 71, ist wieder da. Und jetzt soll auch Beni Thurnheer, 72, mit «Benissimo» nochmals ran.

Warum kehren so viele alte TV-Shows zurück? Warum flimmern gerade so viele alte weisse Männer auf den Bildschirmen?

Die Corona-Krise sorgt dafür, heisst es, dass die Sehnsucht nach der «guten alten Zeit» so gross ist wie schon lange nicht mehr. Das lineare Fernsehen, bereits mehrfach totgesagt, erlebt in der Pandemie ein Quoten-Hoch.

Ich behaupte, das ist nur die halbe Wahrheit – zumindest was das SRF betrifft. Das Schweizer Fernsehen erlebt seit vier Jahren im Unterhaltungsbereich (und nicht nur dort) einen Aderlass an Aushängeschildern.

Susanne Kunz. Nik Hartmann. Monika Schärer. Roger Schawinski. Alle weg. Monika Fasnacht. Reto Scherrer. Annina Frey. Roman Kilchsperger. Kurt Aeschbacher. Viele gingen selber, manche wurden aussortiert.

Zuletzt sagte «Kassensturz»-Ikone Ueli Schmezer «Adieu». Die nächsten Abgänger sind bereits bekannt: Die «Zwei am Morge»-Macher Robin Pickis und Ramin Yousofzai kehren im Frühling SRF den Rücken.

Ich weiss, Sven Epiney ist noch da. Nichts gegen den Alleskönner, aber mit 50 gehört er zum älteren Eisen. SRF möchte doch jünger werden. Sagt Direktorin Nathalie Wappler. Nur wie soll das funktionieren? Charismatische Köpfe gehen, aber der Nachwuchs fehlt.

Die Situation bei SRF erinnert mich an die Schweizer Skinati Ende 1980er Jahre. Während Vreni Schneider, Maria Walliser, Pirmin Zurbriggen und Co. Grosserfolge feierten, vergass der Verband Swiss Ski junge Talente aufzubauen. Es kam, wie es kommen musste: Schweizer Siege wurden Mangelware.

«Beni national» mit «Benissimo» soll es jetzt also nochmals richten. Ex-Sponsor Swisslos ist beim Revival nicht dabei, ein Lotto-Millionär wird in der Show also nicht gekürt. Für viele TV-Zuschauer*innen war dies der Hauptgrund, die Show überhaupt zu schauen.

Alt-Moderatoren als neue TV-Quotenjäger? Sorry, liebe Carlotta, das ist ein Rohrkrepierer.

Pro

Carlotta Henggeler

Redaktorin Entertainment

«Wetten, dass..?» kommt 2022 und 2023 wieder und «Benissimo» ebenfalls. Ich habe mich über diese News gefreut, als hätte ich Geburtstag. Nostalgie ist ein wohliges Gefühl – und kein Rückschritt. 

143 Jahre sind Beni «national» Thurnheer, 72, und Kollege Thomas Gottschalk, 71, zusammen alt.

Also mehr als viermal so alt wie SRF-Moderatorin Fabienne Bamert (34, «Samschtig-Jass», «SRF bi de Lüt»). Gut, das lässt Thurnheer/Gottschalk schon wie die letzten Show-Dinosaurier dastehen.

Aber: Who cares, lieber Bruno?

Gerade heute, wo die durchschnittliche Lebenserwartung in der Schweiz bei 81 Jahren bei den Männern und bei den Frauen gar bei 85,1 Jahren liegt. Wieso die «alte Garde» ausmustern, wenn es offensichtlich funktioniert? Zumindest wissen wir das von der letzten «Wetten, dass..?»-Reprise 2021, die immerhin 14 Millionen Zuschauer*innen vor die Glotze lockte. 

Welcher jüngerer Spund kann das von sich behaupten? Fabienne Bamert? Hä?

Eben. Und es ist überhaupt nicht so, dass ich Joko und Klaas und auch Jan Böhmermann nicht vergöttern wurde. Oder die wunderbare TV-Moderatorin Palina Rojinski. Mitnichten.

Trotzdem: Retro finde ich cool. In allen Lebensbelangen. Ob Retro-Bar, Retro-Badi oder eben Retro-TV-Show. Weil die Nostalgie ein gutes Gefühl bei mir auslöst.

Ich erinnere mich noch zu gerne an die Zeit, als ich mit meiner ganzen Familie vor dem TV sass und bei den Wetten mitstaunte. Oder mich über Gottschalks VIP-Gäste freute. Oder mit meiner Mutter über Gottschalks Outfit lästerte. Noch heute, wenn das Signet erklingt, habe ich dieses wohlig-kuschlige Familien-Bild vor mir. 

Klar, haben beide Showmaster ein paar Fältchen mehr im Gesicht und nicht mehr die Frische von Joko oder Klaas. Muss aber auch nicht sein. Es ist auch mal schön, einen Gang runterzuschalten und eine «altbackene» Show zu gucken. 

Ich kann deinen «Rohrkrepierer»-Konter verstehen. Wenn wir aber bei SRF schauen, stimmt es nicht ganz, dass der Sender keine Jungtalente fördert und ranlässt.

Ein paar Namen gefällig? Joel Grolimund, 30, ist der Neue bei «Gesichter und Geschichten». Tama Vakeesan, 34, moderierte kürzlich «Hallo SRF». Gib ihnen noch etwas Zeit, es kommt gut, lieber Bruno. Wetten, dass..?

Umfrage
Wie findest du die Idee, «Retro»-Shows à la «Benissimo» oder «Wetten, dass …» zu reaktivieren?