Das Höchste der Gefühle: So weit oben hat der Mundartmusiker Bligg auf Zürcher Stadtgebiet noch nie musiziert.
Auf diesem Turm wird Bligg spielen.
Der Fernsehturm auf dem Uetliberg über dem Nebelmeer. Bligg wird am nächsten Dienstag für freie Sicht sorgen. Grosses Rapper-Ehrenwort!
Innerhalb der Glaskanzel des Turms wird es während des Showcase etwas enger werden. Die Aussicht bleibt aber phänomenal.
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Das Höchste der Gefühle: So weit oben hat der Mundartmusiker Bligg auf Zürcher Stadtgebiet noch nie musiziert.
Auf diesem Turm wird Bligg spielen.
Der Fernsehturm auf dem Uetliberg über dem Nebelmeer. Bligg wird am nächsten Dienstag für freie Sicht sorgen. Grosses Rapper-Ehrenwort!
Innerhalb der Glaskanzel des Turms wird es während des Showcase etwas enger werden. Die Aussicht bleibt aber phänomenal.
Mundart-Rapper Bligg über falsche Vorstellungen, seine Liebe zu Hüpfburgen – und was er zu seinem neuen Album «KombiNation» als Baumeister sagen würde.
Bluewin: Bligg, Sie stehen gerne früh auf. Ist das eine Tugend, die Sie aus Ihrer Zeit auf dem Bau ins Popstar-Leben hinübergerettet haben?
Bligg: Ich fange den Tag oft früh an, das stimmt. Wobei ich als junger Mann schon auch gern mal ausgeschlafen habe. Ein paar Dinge habe ich mir aus meiner Zeit auf dem Bau tatsächlich erhalten: eine gewisse Erdung mitten im Showbusiness etwa oder die Disziplin bei Arbeitsabläufen. Es gibt auch durchaus Parallelen zwischen den beiden Jobs: Demos für ein Album sind wie ein Rohbau, der Mix wäre die Fertigmonate.
Was würde Bauherr Bligg zu «KombiNation» sagen?
Er wäre zufrieden. Das Album wäre als Bauwerk ein zeitgemässes, kulturell vielseitig beeinflusstes Gebäude. Modern und facettenreich. Kein Chalet, keine Lagerhalle, keine Loft, sondern ein Haus mit vielen verschiedenen Baustilen und unterschiedlichen Materialen.
Letztes Jahr waren Sie sich nicht sicher, ob es den Musiker Bligg 2018 noch geben würde. Sie haben sich sogar berufliche Optionen überlegt.
Das ist immer noch so. Schauen Sie, ich mache Musik, seit ich 20 bin. Das werde ich immer tun. Aber es ist eine Frage der Form. Ich kann mir durchaus vorstellen, etwas herunterzufahren, um Raum für anderes zu schaffen. In meinem Off-Jahr stand ich kurz vor der Vertragsunterzeichnung, um eine Hüpfburg für Kinder zu übernehmen. Das hat dann nicht geklappt. Ich kann mir gut vorstellen, ein Film zu produzieren oder ein Buch zu schreiben. Aber solange ich so intensiv Musik mache wie in den letzten Jahren, hat das alles keinen Platz.
Warum veröffentlich Bligg jetzt aber doch wieder ein Album?
Ich hatte in meinem Sabbatical Zeit für meine Freunde, meine Familie, meinen Sohn. Das hat mich erfüllt und glücklich gemacht. Aber dann hats mich gepackt und ich wollte doch wieder Demos aufnehmen. Nach einer Zeit war so viel Material beisammen, dass ich es schade fand, daraus nichts zu machen.
Wie genau hört man Ihre Auszeit auf «KombiNation»?
Da muss ich etwas ausholen: Wir haben uns im Vorfeld überlegt, für was Bligg steht. Wir wollten, dass ein frischer Wind spürbar ist. Das Album sollte wieder näher bei «0816» liegen, aber auch die Schweiz im Jahr 2018 reflektieren. Als Besonderheit haben wir deshalb Instrumente der zehn populärsten Migrationsgruppen der Schweiz in die Musik einfliessen lassen. Kommt dazu: Produzent Fred Herrmann und ich sind inzwischen beide Väter, wir hatten regelmässig Papi-Tage eingeplant. Was sonst in vier Monaten eingezimmert wird, wurde diesmal über den Zeitraum von einem Jahr eingespielt.
Neben Hausi Leutenegger ist auch Ihr Grossvater auf dem Album zu hören.
Ja, zu allen Gästen auf der Platte habe ich einen persönlichen Bezug. Diese Auftritte sind keine Marketinggags. Mein Grossvater hat schon immer subtil in meiner Musik mitgeschwungen. Bei der Immigrationsthematik des neuen Albums war für mich klar, dass seine Geschichte dazu passt. «1954» ist denn auch die Einleitung für «In Tüüfels Chuchi» – einer der Songs, die mir besonders am Herzen liegen.
In Interviews wehren Sie sich gegen eine politische Schubladisierung. Ist das nötig?
Wenn es genügt, dass ich wegen einem einzigen Song auf meinen mittlerweile 14 Alben, auf dem ich traditionelle Schweizer Instrumente verwendet habe, in eine bestimmte politische Ecke gestellt werde, dann offenbar schon. Das macht mich wütend. Wir könnten nun stundenlang über die Mechanismen der Öffentlichkeitsherstellung reden, aber das macht keinen Sinn. Es ist auch kein Bligg-Problem, sondern ein generelles Problem in der heutigen Zeit.
Wie gehen Sie mit Haters um?
Ab und zu stolpert man über einen Kommentar und nervt sich. Aber wenn ich mich mit Künstlern aus Deutschland vergleiche, muss ich sagen: Mir geht’s gut in diesem Land.
Sie betonen oft, dass Sie das Rampenlicht inzwischen gern meiden. Wie wohl fühlen Sie sich als Popstar in Ihrer Haut?
Ich fühle mich eigentlich sehr wohl. Ich empfinde mich noch als fit, auch als Musiker...
... als Rapper ist man mit über 40 aber eher gesetzt...
... als Rapper sehe ich mich eben nicht. Ich bin nicht der Verse-reimende Hip Hop-Typ. Das ist ein Missverständnis. Ich bin der Typ, der aus dieser Szene kommt, aber einen eigenen musikalischen Fingerabdruck entwickelt hat. Ich schreibe Songs und Texte, ich produziere, ich führe ein Label. Ein Rapper bin ich schon lange nicht mehr. Aber zurück zur Frage, wie ich mich als Popstar fühle: Wenn ich auf Spotify den Künstler Bligg anwähle und elfeinhalb Stunden lang meine Songs höre, habe ich wohl nicht alles falsch gemacht.
Sie waren anfangs Streaming-Gegner. Haben Sie sich diese Woche Spotify-Aktien gekauft?
(lacht) Ich habs mir tatsächlich überlegt.
Bligg «KombiNation» (Universal), Plattentaufe am 14. April im X-Tra Zürich
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