Interview Luna Wedler: «Irgendetwas muss ich richtig machen»

von Lukas Rüttimann

4.9.2018

An der Berlinale als Shootingstar gefeiert und jetzt schon mit ihrer ersten internationalen Hauptrolle im Kino: Die Zürcherin Luna Wedler über «Das schönste Mädchen der Welt», Küsse am Filmset und Hollywood.

«Bluewin»: Gratulation zu «Das schönste Mädchen der Welt», Luna Wedler. Der Film ist lustig, jung, frisch, überraschend – und sehr gelungen.

Vielen Dank, das freut mich! Ich habe tatsächlich nur positive Reaktionen erhalten. Sogar die 99-jährige Urgrossmutter eines Schauspielkollegen war begeistert. (lacht)

Sie spielen Roxy, ein rebellisches Mädchen. Wie viel von ihr steckt in Ihnen?

Ich versuche immer, beim Spielen auf mich selbst zurückzugreifen. Der Unterschied zu meiner Filmfigur ist: Ich bin längst nicht so selbstsicher wie sie. Ich habe viele Unsicherheiten in mir – vor allem, wenn sich bei mir der Kopf einschaltet und ich zu analysieren beginne. Roxy dagegen ist einfach sich selbst.

Sie haben bisher vor allem in ernsthaften Filmen gewirkt. «Das schönste Mädchen der Welt» hingegen ist eine romantische Komödie.

Man sollte Komödien nicht unterschätzen. Es braucht ein perfektes Timing, und die Stimmung am Set muss genau passen. Es steckt wirklich viel harte Arbeit dahinter. Aber klar, am Set ging es lustiger zu und her als beispielsweise beim Drama «Blue My Mind».

Wie sind Sie mit dem Druck umgegangen?

Den Rummel um meine Person kann ich nicht steuern, das bringt ein solcher Auftritt nun mal mit sich. Ich habe mich einfach gefreut, bei diesem Projekt dabei sein zu können. Ich hatte riesiges Glück, dass es geklappt hat. Für eine Schweizer Schauspielerin ist es nicht selbstverständlich, eine so grosse Rolle in einem deutschen Film zu kriegen.

Sie klingen sehr abgeklärt. Hatten Sie nie Angst?

Natürlich hatte ich Bammel. Ich kann es eigentlich immer noch nicht richtig fassen. Aber ich sage mir einfach: Die wollten dich. Irgendetwas muss ich richtig machen.

Sie wirken auf der Leinwand sehr lebendig und spontan. Sind Sie das?

Ja. Bevor es «Action!» heisst, weiss ich oft nicht, was ich machen soll. Und dann passiert es – es sprudelt einfach so aus mir heraus. Bei mir sind meist die ersten Takes die besten. Danach kommt mein Kopf ins Spiel, dann wirke ich oft nicht mehr gleich echt.

Für Ihre Einlagen als Freestyle-Rapperin mussten Sie aber sicher üben, oder?

Natürlich, dafür hatten wir sogar spezielle Coaches. Die Texte waren geschrieben, den Flow hatte ich eigentlich auch ganz gut drauf. Aber ich musste mir die passende Attitude aneignen. Ich habe dann einfach losgelegt. Und als die 300 Statisten voll mitgegangen sind, wusste ich, dass ich das offenbar nicht so schlecht mache.

Sie wurden in letzter Zeit immer wieder abgefeiert, zuletzt als Shootingstar an der Berlinale. Wie bleiben Sie am Boden?

Ganz einfach: Freunde und Familie. Wenn ich daheim in Zürich bin, bin ich einfach nur Luna. Das ist meine Versteckwelt sozusagen. Meine Freunde wissen auch gar nicht so genau, was bei mir alles läuft. Ich spreche mit ihnen auch lieber über Probleme in der Schule oder was in ihrem Liebesleben gerade läuft als über meine Filmprojekte.

«Das schönste Mädchen der Welt»: Die Bilder

Was halten Sie vom Schweizer Film?

Ich liebe den Schweizer Film und möchte weiterhin so oft es geht hier drehen. Die Budgets sind zwar kleiner, dafür ist es hier immer sehr familiär. Und ich finde auch, dass Schweizer Filme eine ganz eigene Handschrift haben. Die Leute sollten also ja nicht denken: Oh, jetzt ist die Wedler in Deutschland und will nicht mehr hier arbeiten!

Vielleicht können sich Schweizer Filmemacher Sie bald nicht mehr leisten. Sind Sie teuer?

(lacht) Darüber spreche ich in gut schweizerischer Tradition nicht.

Reizt Sie der Sprung nach Hollywood?

Nein, nicht wirklich. Im Moment nicht.

Wirklich nicht? Das ist doch sonst der Wunsch einer jeden Schauspielerin.

Klar, wenn mir jemand eine Hauptrolle in einem tollen Film anbietet, würde ich kaum nein sagen. Aber es ist derzeit nicht mein Ziel, in Hollywood zu drehen. Es gibt so viele tolle Schauspieler dort, die Konkurrenz ist brutal gross. Aber wenn man eine Schweizerin sucht, wäre ich natürlich bereit.

Was wäre ein Traumprojekt für Sie?

Ich bin völlig offen. Ich habe einfach Bock zu spielen. Mich reizt derzeit vor allem der Arthouse-Bereich. Ich habe gern schwierige Rollen, die psychisch anspruchsvoll sind.

Warum?

Weil ich so richtig ausbrechen kann. Ich entdecke dabei Seiten an mir, die ich gar nicht kannte. Es fühlt sich oft an, als ob eine Welle durch mich hindurch schwappt. Das ist ein tolles Gefühl. Hinterher bin ich immer ganz erlöst. Manchmal weiss ich gar nicht, was ich gerade gespielt habe, wenn die Klappe gefallen ist. Es passiert einfach.

Ist es umgekehrt schwierig für Sie, glückliche oder romantische Szenen zu spielen?

Absolut. Eine Kussszene zum Beispiel fällt mir viel schwerer als eine Szene, in der ich völlig durchdrehe. Liebe, Glück und Romantik, das ist doch das Schönste auf der Welt. Solche Gefühle auf der Leinwand vorzutäuschen, finde ich echt schwer. Intime Szenen sind generell nicht so mein Ding. Deshalb ist mein nächster Film ein Liebesfilm – damit ich mich selbst mal so richtig herausfordern kann.

«Das schönste Mädchen der Welt» mit Luna Wedler läuft ab Donnerstag, 6. September, im Kino.

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