Interview «I, Tonya»-Star Margot Robbie: «Ich habe das Eiskunstlaufen unterschätzt»

von Marlène von Arx, Hollywood-Kolumnistin

22.2.2018

Margot Robbie spielt in ihrem neuen Film die Eiskunstläuferin Tonya Harding. Im Interview mit «Bluewin» spricht sie über Olympia, Unfälle auf dem Eis und warum sie mit ihrem Ehemann lieber zu Hause ist als auf Partys.

Wird die Eiskunstläuferin Tonya Harding zu unrecht als Hexe verhöhnt? Dieser Frage geht Margot Robbie (27) in «I, Tonya» nach. Sie hat die schwarze Komödie, die mit drei Oscar-Nominationen bedacht wurde, selber produziert.

«Bluewin»: Margot Robbie, wie haben Sie es mit Olympia?

Margot Robbie: Als Australierin habe ich mich bislang eher auf die Sommerspiele konzentriert. Ich kann mich gut erinnern, als Australien 2000 Gastgeber war und Cathy Freeman im 400-Meter-Lauf Gold holte. Das war das Coolste. Stabhochsprung fand ich auch immer faszinierend. Aber jetzt schaue ich natürlich auch das Eiskunstlaufen an den Olympischen Winterspielen an.

Sie spielen in Ihrem neuen Film «I, Tonya» die polarisierende Eiskunstläuferin Tonya Harding. Wie gut sind Sie auf dem Eis?

Ich habe das Eiskunstlaufen definitiv unterschätzt. Ich war als Kind nur eine handvoll Mal auf dem Eis, aber als ich nach Los Angeles zog, schloss ich mich einem Eishockey-Team an, obwohl ich gar nicht richtig Schlittschuhlaufen konnte - ich war ja gut gepolstert, wenn ich aufs Eis krachte. Das war dann beim Eiskunstlauf natürlich anders. Und jetzt denke ich auch eher übers Knochen-Brechen nach, denn als Kind. Als Knirps fällt man ja auch nicht soweit runter wie als Erwachsene!

Haben Sie sich denn weh getan?

Ja, ich habe mir ein paar Mal ziemlich weh getan, ohne auch nur Sprünge zu versuchen. (lacht) Was für ein verrückter Sport! Ich habe Eiskunstläufern zugeschaut, die ihre Doppel- und Dreifach-Axels geprobt haben und aufs Eis knallten – ich weiss nicht, wie sie sich immer wieder aufrappelten. Und am nächsten Tag das Gleiche wieder von vorne! Wenn sie dann mal einen Sprung standen, habe ich fast geweint, weil ich so happy für sie war. Ein dreifacher Axel ist so etwas von schwierig. Nicht einmal Stuntdoubles können das. Ich glaube, seit Tonya schafften nur sechs Frauen, einen in Wettkämpfen zu stehen.

«Eishexe» nannte «Der Spiegel» Tonya Harding nach ihrer von einem Freund orchestrierten Knie-Attacke auf Olympia-Konkurrentin Nancy Kerrigan. Was wussten Sie über diesen Zickenkrieg von 1994?

Nichts. Ich war knapp vier Jahre alt, als sich der Skandal ereignete. Als ich das Drehbuch las, dachte ich, die Geschichte sei erfunden. Ich konnte sie also ganz ohne Vorurteile angehen. Denn für mich ist Tonya kein Monster, sondern wie jeder ein Produkt der eigenen Umstände.

Es geht im Film weniger um sportliche Rivalität als um Hardings Beziehung mit ihrer Mutter und ihrem Mann Jeff. Von beiden wurde sie geschlagen. Wie kann man über Missbrauch eine Komödie machen?

Darüber haben wir im Vorfeld viel gesprochen und uns entschieden, die Protagonisten direkt in die Kamera sprechen zu lassen. Das gibt den Eindruck, dass Tonya sich in diesen Momenten emotional distanziert. Das hat sie vermutlich auch gemacht, sonst wäre sie nicht so lange in diesem Gewalt-Zyklus geblieben. Und sie präsentiert sich eigentlich auch nicht als Opfer. Sie hat auch tüchtig zurückgeschlagen.

Die Bilder zu «I, Tonya»

Sie haben den Film mit Ihrem Ehemann Tom Ackerley zusammen produziert. Gab das Konflikte?

Unsere Beziehung ist zum Glück überhaupt nicht wie die von Tonya und Jeff, und nicht einmal dieser Film hat uns zum Streiten gebracht. Wir streiten eigentlich generell nie. Das mag seltsam klingen, aber wir brauchen uns nicht anzuschreien, um zu wissen, dass wir uns lieben.

Sie sind auch erst seit einem Jahr verheiratet. Wie hat das Ihr Leben verändert?

Ich bin sehr happy. Einen Hund anzuschaffen hat mein Leben aber dramatischer verändert alles vieles andere.

Inwiefern?

Es ist wohl so, wie wenn man ein Kind hat: Man ist für ein Lebewesen verantwortlich und wird entsprechend weniger egoistisch. Wir gehen jetzt viel weniger aus. Wenn Freunde auf einen Drink ausgehen wollen, sagen wir, dass es nicht geht, weil wir zu Hause den Hund füttern müssen. Aber es ist eine positive Veränderung. Es tut Tom und mir sicher gut, früher ins Bett zu kommen.

Waren Sie denn grosse Party-Tiger?

Nein, aber die Leute denken manchmal, wenn man Filme macht, sitze man den ganzen Tag auf einer Jacht oder sei auf einer schicken Party. Dabei ist Filmemachen sowas von nicht glamourös. Meistens hockt man irgendwo auf einem Parkplatz und es gibt nur eine mobile Toilette.

Für diesen «unglamourösen» Film sprangen aber am Schluss drei Oscar-Nominationen heraus – für die beste Hauptrolle, die beste Nebenrolle und den besten Schnitt. Wie hat eigentlich Tonya Harding auf den Film reagiert?

Sie hatte kein Mitspracherecht und war auch nicht am Set, aber ich glaube, sie war froh, dass mal eine andere Seite der Geschichte gezeigt wurde. Sie ist weder Opfer noch Heldin in unserem Film. Sie ist jedoch sicher nicht damit einverstanden, wie Jeff darin seine Sicht schildert.

Haarsträubend ist ja auch Tonyas Mutter und Trainerin LaVona «Sandy» Golden, gespielt von Allison Janney …

Allison ist grossartig, nicht?! Sie hat auf mein Geheiss auch recht auf mich eingedroschen. (lacht) Tonya und ihre Mutter haben seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr. Tonya wusste nicht einmal, ob sie noch lebt. Inzwischen wissen wir aber, dass es sie noch gibt. Ich glaube, dass Tonya vor allem auch eine gute Mutter, also das Gegenteil ihrer eigenen sein will. Soweit ich es beurteilen kann, liebt sie ihren Sohn und ist stolz, dass sie nicht wie ihre Mutter geworden ist.

Sie waren ja auch ein ehrgeiziges Kind. Hatten Sie auch eine ehrgeizige Mutter?

Meine Mutter ist überhaupt nicht so wie die Mutter im Film, und sie war auch nicht involviert, als ich mit der Schauspielerei anfing. Sie war alleinerziehend und musste viel arbeiten, um uns durchzubringen – wenn wir ins Kino gingen, brachten wir das Popcorn von zu Hause mit, um Geld zu sparen. Meine Familie dachte, Schauspielerei sei ein Hobby und irgendwann müsste ich dann einen richtigen Job finden. Sie glaubten erst, dass es ein einträgliches Geschäft ist, als sie mich auf einem Riesenplakat am Times Square sahen. Ich bin aber froh, dass ich nicht im Filmbusiness aufgewachsen bin. So lassen sich heute Beruf und Familie gut trennen.

«I, Tonya» läuft seit Donnerstag, 22. Februar, in den Schweizer Kinos.

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