Komponistenlegende Ennio Morricone und der angebliche Niedergang der Filmmusik

Fabian Tschamper

26.10.2019

Ennio Morricone (links) bedauert die Qualität der heutigen Filmmusik. Er würde berühmt mit dem Soundtrack zu «Spiel mir das Lied vom Tod» mit Henry Fonda und Charles Bronson.
Ennio Morricone (links) bedauert die Qualität der heutigen Filmmusik. Er würde berühmt mit dem Soundtrack zu «Spiel mir das Lied vom Tod» mit Henry Fonda und Charles Bronson.
Keystone

Der italienische Komponist Ennio Morricone will keine Film-Soundtracks mehr schreiben und wirft der Industrie vor, bei der Musik in Filmen zu sparen. Zudem bezeichnet er seine Zeitgenossen und Nachfolger als billig und dilettantisch.

Ennio Morricone will im Alter kürzertreten und kaum noch komponieren. «Ich habe gerade erst fünf Filme abgelehnt, drei italienische und zwei amerikanische, ich will keine Soundtracks mehr komponieren», sagte der über Filme wie «Spiel mir das Lied vom Tod» berühmt gewordene Oscarpreisträger in einem Interview der römischen Tageszeitung «Il Messaggero». Eine Ausnahme mache er nur für seinen Landsmann Giuseppe Tornatore.

Er dirigiere lieber Konzerte. Zugleich beklagte Morricone einen Niedergang der Filmmusik. «Früher gab man Geld aus, jetzt neigt man dazu, mit Synthesizern und Dilettanten bei der Musik zu sparen», sagte er.

Möglicherweise ist der 90-jährige Ennio Morricone da ein wenig zu weit gegangen.



Vieles hat sich geändert bezüglich der Filmmusik im 21. Jahrhundert. Morricone ist es gewohnt mit grossen Orchestern epische Soundtracks für die Hollywood'schen Geschichten aufzunehmen. Das hat in den 60ern gut funktioniert, da es die Technologie damals nicht anders kannte. Doch mit der Zeit änderte sich der technische Aspekt. Auch die Filmindustrie entwickelte sich weiter mit mehr computergenerierten Welten – oder können Sie sich «Bladerunner 2049» vorstellen mit reiner Orchesteruntermalung?

Manche Titel verlangen einen Synthesizersoundtrack, welchen Ennio Morricone scheinbar verabscheut. Doch das ist zugegebenermassen etwas am Argument des alternden Komponisten vorbeigeschossen: Er bemängelt auch seine Kollegen, die billig und dilettantisch ihr Tageswerk verrichten. Das mag wohl auf manche zutreffen, doch jene, die Morricone in Nichts nachstehen, arbeiten alles andere als stümperhaft.

Nach wie vor einer der grössten Filmmusiker unserer Zeit ist der Deutsche Hans Zimmer. Obwohl die Komponisten eher im Hintergrund bleiben, ist Hans Zimmer jedem Filmfan ein Begriff.

Zimmer wurde elfmal für einen Oscar nominiert, vierzehnmal für einen Golden Globe und zehnmal für den Grammy Award.

Er komponierte den Soundtrack zu «König der Löwen», «Gladiator» und ist augenscheinlich der Lieblingsfilmmusiker von Regisseur Christopher Nolan, denn Zimmer schrieb die Musik für mehrere seiner Werke. Darunter finden sich «The Dark Knight», «Inception» und auch «Dunkirk» – für alle diese Soundtracks war Zimmer für diverse Preise nominiert.

Es wäre keine Diskussion über Filmmusik ohne den Namen «John Williams» zu erwähnen. Vielen wird dies so wohl nichts sagen, da bräuchten die meisten noch die Stichwörter «Star Wars», «Indiana Jones» und auch «Jurassic Park». Williams komponierte damit einige der einflussreichsten Film-Soundtracks der vergangenen Jahrzehnte und ist womöglich der grösste Komponist Hollywoods.

In einer Sache muss man Morricone allerdings recht geben: Filme heutzutage legen teils zu viel Wert auf Bildgewalt, einfach, weil es technisch möglich ist unfassbare Welten auf die Leinwände zu zaubern. Möglicherweise wäre ein Prioritätenwechsel dabei nicht der falsche Ansatz. Oder wann gab es das letzte Mal einen eingängigen Filmscore, der im Ohr hängen blieb?

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