Interview Bradley Cooper über Lady Gaga: «Ich wusste: Sie oder keine»

von Marlène von Arx aus Los Angeles

3.9.2018

Bradley Coopers Regie-Erstling «A Star Is Born» feierte in Venedig gerade Weltpremiere. Das Gala-Publikum war begeistert. Wie er für den Film Open Airs rockte, Lady Gagas Augen entdeckte und warum er auf kaputte Liebesgeschichten steht, verriet er «Bluewin» zuvor in Los Angeles.

Es ist ein Spätsommer-Nachmittag im Dolby-Studio in Burbank. Die Angestellten sind bereits ins Wochenende gegangen. Nur Bradley Cooper hat noch etwas vor: Es ist Freitag, der Dreizehnte, und er zeigt der Presse 25 Minuten seines Regie-Erstlings «A Star Is Born» - kein schlechtes Omen, wie er findet. 

Bradley Cooper, Ihr Regie-Erstling «A Star Is Born» kommt bald unter die Leute. Sind Sie nervös?

Bradley Cooper: Eigentlich nicht, denn ich habe den Film gemacht, den ich machen wollte. Hätte man mir reingeredet, würde es vermutlich anders aussehen. Aber jede Entscheidung habe ich gefällt. Ob der Film funktioniert oder nicht, geht ganz auf meine Kappe.

Bradley Cooper: Die Bilder

Sie haben nie zuvor Regie geführt. Nicht einmal bei einem Kurzfilm, trotzdem haben Sie den Schritt gewagt.

Das stimmt. Man hat mir geraten, mich doch zuerst an einer TV-Episode zu versuchen. Aber ich wüsste nicht, wo ich da anfangen sollte. Ich hätte keinen klaren Standpunkt, was ich bei «A Star Is Born» habe, da ich am Drehbuch mitgeschrieben habe. Auch im Nachhinein hat sich für mich bestätigt: Man muss seinem Instinkt folgen. Das würde ich auch in Zukunft so machen. Instinkt zusammen mit Arbeitswillen ist eine gute Kombination.

«A Star Is Born» wurde schon mehrmals verfilmt - zum Beispiel mit Kris Kristofferson und Barbra Streisand. Wieso wollten Sie ausgerechnet diese Geschichte über ein Paar in der Musikszene neu aufarbeiten?

Musik hat immer eine wichtige Rolle in meinem Leben gespielt. Schon als Kind spürte ich, dass ich einen Musiker spielen könnte. Ausserdem liebe ich Liebesgeschichten, vor allem kaputte, reale Liebesgeschichten. Plus: Ich wusste, ich muss irgendwann mal Regie führen. Ich war 41 und Warner Bros. hatte Vertrauen in mich. Die Zeit war also reif.

Sie lieben kaputte Liebesgeschichten? Wie muss man das verstehen?

Ich hoffe, dass jeder einmal Liebe und den Verlust von Liebe erfährt. Liebe kann einen in die Knie zwingen oder beflügeln. Man fühlt sich nie lebendiger oder nie so isoliert. Filme haben für mich eine heilende Funktion. Ich liebe meine Arbeit so sehr, weil Geschichten-Erzählen für mich gemeinsames Heilen bedeutet. In meinen Augen gibt es zur Heilung kein besseres Thema als die Liebe zwischen zwei Menschen.

Sie spielen einen Rockstar über dem Zenit, Lady Gaga Ihre Entdeckung, die Dank Ihnen den Durchbruch schafft. Beyoncé und Jennifer Lopez waren im Gespräch für die weibliche Hauptrolle. Wieso haben Sie sich schliesslich für Lady Gaga entschieden?

Ich hörte Lady Gaga an einer Benefiz-Veranstaltung für Krebsforschung «La vie en rose» singen. Es war der Hammer. Am nächsten Tag fragte ich ihren Agenten, ob ich sie treffen könne. Ich hatte ja keine Ahnung, wer sie war – ich begegnete ihr einmal bei der Sketch-Show «Saturday Night Live» und wusste trotzdem nicht, wie sie eigentlich in Wirklichkeit aussieht. Also ging ich zu ihr nach Hause. Da sah ich zum ersten Mal ihre schönen Augen. Ich habe eine Schwäche für Augen! Ich weiss nicht, was mich geritten hat, aber ich fragte innerhalb von fünf Minuten, ob wir zusammen etwas singen könnten. Denn wenn es diesbezüglich nicht passt, funktioniert der Film nicht. Wir sangen «Midnight Special» an ihrem Piano und ich wusste: Sie oder keine.

Und wie waren die Dreharbeiten mit ihr?

Sie war sehr offen, und sie ist unglaublich intelligent – dazu mit einer göttlichen Stimme gesegnet. Sie ist viel besser, als ich es je realisiert hatte. Trotzdem kann man sich gut mit ihr identifizieren. Wir haben einen ähnlichen Hintergrund, denn wir sind beide italo-amerikanischer Abstammung: Ich nenne sie Stefani, denn sie heisst ja eigentlich Stefani Germanotta. Ich glaube, ich hatte noch mit keiner Schauspielerin soviel Chemie auf der Leinwand wie mit ihr.

Angeblich bestand sie darauf, dass alles live gesungen wird?

«Darauf bestehen» ist vielleicht der falsche Begriff. Sie bat inständig – und ich wäre irgendwann auch selber darauf gekommen, dass es sich sonst nicht echt anfühlt. So, wie wir gedreht haben, kann ich es mir auch gar nicht mehr anders vorstellen. Ich habe mich früh entschieden, die Konzerte von der Bühne aus zu filmen. Ich war vor Jahren backstage an einem Metallica-Konzert und war von der Bühnenperspektive, die die Fans ja so nie sehen, beeindruckt. Die wollte ich im Film zeigen, und entsprechend ist die Kamera nahe an den Schauspielern. Da kann man nicht nur so tun, als ob man singt.

Wo liegen Ihre musikalischen Vorlieben und Einflüsse?
Für die Rolle des Jackson wollte ich den kräftigen Gitarren-Sound von Neil Young. Die Stimme ist ein Mix – ein bisschen Eddie Vetter, Tom Petty, Bruce Springsteen. Und die Musik liegt zwischen Country und Rock. Wenn ich mehr Vorbereitungszeit gehabt hätte, wäre es noch rockiger geworden. Wenn man mich gelassen hätte, wären wir am Schluss sogar bei Heavy Metal angekommen (lacht), die Musik wurde jedenfalls je länger je härter. Ansonsten bin ich auch stark von Thom Yorke und Radiohead beeinflusst – Jackson ist also letztlich das Ergebnis von 43 Jahren Musikhören.

Unsere Hollywood-Kolumnistin Marlène von Arx traf Bradley Cooper.
Unsere Hollywood-Kolumnistin Marlène von Arx traf Bradley Cooper.
ZVG

Sie sind für den Film tatsächlich bei ganz grossen Open Airs aufgetreten. Wie war das für Sie?

Ich sollte es vielleicht nicht sagen, aber den Anfang des Films haben wir auf der Stagecoach-Bühne von Coachella innerhalb von acht Minuten gedreht. Willie Nelson gab uns acht Minuten von seinem Set. Aber das Grösste war für mich das Glastonbury-Festival in England. Da gehe ich jedes Jahr hin. Es begann in den siebziger Jahren. Die Musiker wurden am Anfang mit Milch bezahlt, da es auf einer Kuh-Farm stattfand. Jetzt ist es das grösste Open Air der Welt in Privatbesitz. Da muss man als Musiker in meinen Augen einmal aufgetreten sein. Ich träumte davon, dass Jackson da vor 80’000 Leuten singt. Ich kriege Gänsehaut, wenn ich sage: Letzten Sommer trat Kris Kristofferson da auf und gab uns vier Minuten zu Beginn seines Sets zum Drehen. Und danach durfte ich auf der Bühne ankünden: «Ladies and Gentlemen, Mister Kris Kristofferson!» Das war jenseits meiner wildesten Träume.

«A Star Is Born» startet am 4. Oktober in den Schweizer Kinos.

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