Model 3 rollt anZwischenziel erreicht: Aber für Tesla fängt das Rennen erst jetzt richtig an
Pascal Landolt
3.7.2018
Zum Ende des 2. Quartals konnte Tesla endlich die erlösende Zahl vermelden: 5'000 produzierte Model 3 pro Woche. So wichtig diese Schallmauer war, sie erzählt nur die halbe Geschichte. Jetzt wird's für Tesla erst richtig spannend.
Es schien, als würde Tesla-CEO Elon Musk nur auf ein Ziel hinarbeiten: Die psychologisch wichtige Zahl von 5'000 hergestellten Model 3 pro Woche. Dafür wurde in der Fabrik in Fremont rund um die Uhr gearbeitet, 7 Tage die Woche im 3-Schicht-Betrieb. Der Chef selbst verbrachte manch eine Nacht auf dem Sofa im Sitzungszimmer, um Probleme in der Fertigung zu erkennen und gleich zu «troubleshooten».
Zusätzlich wurde neues Equipment aus Europa eingeflogen und eine experimentelle Fertigungsstrasse gebaut, liebevoll «das Zelt» genannt, weil es in Rekordzeit - und vielleicht auch ein Bisschen improvisiert - ausserhalb der Fabrikhallen mit einer neuartigen, leichten Wand-Struktur errichtet wurde. Und wozu? Damit der Chef am ersten Tag des neuen Quartals tweeten kann:
Innert 7 Tagen waren also insgesamt 7'000 Autos vom Tesla-Fliessband gerollt - 5'000 Model 3, dazu 2'000 Model S und Model X. So viele Autos hat der Elektroauto-Hersteller noch nie innert einer Woche produziert. Doch warum ist die Zahl so wichtig?
Was bedeutet das für Tesla?
Tesla verliert langsam seinen «Early Bird»-Bonus: Noch immer sind die Kalifornier weit führend bei Produktion und vor allem beim Marketing von reinen Elektroautos. Wer «Elektroauto» sagt, meint oft auch Tesla. Trotzdem wird der Pionier nicht länger nur an Ideen und Ankündigungen gemessen, sondern muss seinen Worten jetzt auch Taten folgen lassen.
Konkret heisst das: Wie viele Autos bringt Tesla tatsächlich auf die Strasse, wie viele Marktanteile können sie mit ihren rein elektrischen Autos erobern? Die Frage, wann sie ihr bestelltes Model 3 ausgeliefert bekommen, beschäftigt immerhin 420'000 Personen rund um den Globus.
Und nicht zuletzt: Die Umsetzung von Musks «Masterplan», elektrische Transportation einer breiten Zielgruppe zu ermöglichen, hängt stark davon ab, wie zuverlässig die Firma ihren «Tesla für alle» produzieren kann.
Für Tesla selbst bedeutet die nun erreichte Zahl viel: Noch nie zuvor hat der Elektroauto-Pionier in einem Quartal so viele Fahrzeuge hergestellt - im Vergleich zum vorigen Quartal ein Plus von 55% auf 53'339 kombinierte Model S, 3 und X innerhalb von drei Monaten.
Die Volkswagen-Gruppe mag mit seinen 122 Fertigungsanlagen rund um die Welt zwar fast 30'000 Autos täglich herstellen. Doch zum einen hatte VW schon deutlich mehr Zeit, ihre Fertigung aufzubauen, zum anderen baut Tesla reine Elektroautos, da werden komplett andere Komponenten gebraucht, um beispielsweise genügend Akku-Pakete zur Verfügung zu haben. Bis all die Zahnräder der Produktion bei Tesla ineinander griffen, brauchten sie rund 6 Monate länger, als Musk ursprünglich vorausgesagt hatte.
Musk gibt keine realistischen Deadlines vor
Wobei Musk sich gegenüber den Medien mit seinen Deadlines oft unglücklich ausdrückt: Ganz nach dem englischen Ausdruck «Aim to the Moon», peilt er oft extrem ehrgeizige Ziele an, um seine Teams zu Höchstleistungen anzuspornen. Wer diese Aussagen für bare Münze nimmt, wird vom Resultat , das einem «best case»-Szenario folgt, zwangsläufig enttäuscht sein, wenn der Speer statt des Mondes bloss einen Fisch aufspiesst.
Realistisch betrachtet ist Tesla nämlich im Schnellzugs-Tempo unterwegs: Von der Firmengründung 2010 zur Serienproduktion des mittlerweile vierten Automodells ging es gerade mal acht Jahre - und dies in einem Umfeld, das äusserst Start-Up-feindlich ist. Tesla ist seit Ford 1956 der erste neue Autohersteller in den USA, der an der Börse gelistet wurde. Ebenfalls bewegt sich Tesla in einem äusserst Ressourcen-intensiven Geschäft - dies zu einer Zeit, in der vor allem Internet- und Dienstleistungsunternehmen florieren. 7'000 Autos pro Woche herzustellen - dafür braucht es einiges an Ressourcen und Material, das zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss.
Wenn man bedenkt, dass die Auslieferungen von Tesla-Fahrzeugen am Anfang der Model S-Produktion 2012 etwa ein Jahr lang um die 5'000 Stück pro Quartal betrugen und sie heuer im 2. Quartal einen bisherigen Höchststand von über 40'000 Auslieferungen erreicht haben, ist das ein klarer Indikator dafür, dass es bei Tesla vorwärts geht.
Wie geht's jetzt weiter bei Tesla?
Möglich, dass bei den Auslieferungen die Zahlen nächstes Quartal nochmal kräftig zulegen, da Tesla die Auslieferung des 200'000sten Autos in den USA möglicherweise in den Juli (3.Quartal) retten wollte, sozusagen mit angezogener Handbremse auslieferte, damit die Kunden noch 3 Monate länger in den vollen Genuss der US-Kredite für Elektroautos kommen.
Doch kann Tesla die neue Fertigungsrate auch halten - oder war das nur ein letztes Aufbäumen? Die Firma meint, dass die Zahlen nachhaltig sind und schon Ende Juli 6'000 Model 3 vom Fliessband rollen könnten. 20% der Autos seien nämlich auf der Fertigungsstrasse 4, dem «Zelt», entstanden. In Zukunft würden die klassichen Bänder in der Fabrik selbst 5'000 Fahrzeuge herstellen können, während Band 4 dann noch zusätzliche Kapazität schaffen soll.
Im Zuge dieser Entwicklungen bei Produktion und Auslieferung zeigt sich Tesla auch zuversichtlich, das dritte Quartal (Juli-Sept.) mit einem Gewinn abzuschliessen und auch mehr Geld zu verdienen, als sie investieren. Und dies, obwohl bezüglich Trumps neuer Import- und Exporttaxen weiterhin Unsicherheit herrscht.
Dass die Produktion jetzt flutscht, ist wichtig: Noch immer warten über 400'000 Vorbesteller auf ihr Auto - für eine Firma eigentlich ein Traum, wenn sie wissen, dass ihre Produktion auf Monate hinaus verkauft ist. In einem weiteren Schritt erwartet CEO Elon Musk noch mehr Interesse am Model 3, sobald es in den Tesla Stores ausgestellt wird und testgefahren werden kann.
Tesla und die Börse: Eine Hassliebe
Teslas Beziehung zu Investoren und Anlegern ist sehr volatil. War die Tesla-Aktie wegen ihrer starken Kursgewinne von Anfang an «Everybody's Darling», kann die Situation jetzt als «es ist schwierig» bezeichnet werden.
Firmenchef Elon Musk verfolgt nach eigener Aussage einen langfristigen Plan und opfert dafür auch gerne mal kurzfristige Gewinne: Autos zu bauen, eine Batteriefabrik in der Wüste zu errichten und in Solarenergie zu investieren, kommt schliesslich mit einem hohen Preisschild. Sehr zum Missfallen der Aktionäre, die gerne mehr Dividenden hätten und der Investoren, die ob des finanziellen Aufwands des «Projekts» auch mal nervös werden.
Andererseits sieht Musk mittlerweile auch, dass er den Wagen nicht alleine fährt und es im Sinne seiner Mission ist, wenn seine Efforts für eine «bessere Welt» sich auch finanziell lohnen.
So stieg die Tesla-Aktie zuerst stark an, als die aktuellen Produktionszahlen bekannt wurden, brach aber gleich danach wieder ein, als ein Finanz-Analyst die Zahlen als «nicht nachhaltig» bezeichnete. Auch das ist Tesla: Genau so viele Leute, wie Musk den Erfolg wünschen, haben auch auf einen Totalverlust gesetzt und sähen nichts lieber, als das Experiment zu scheitern. Frei nach Mark Twain: «Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben», wird Tesla in den nächsten sechs Monaten viel zu beweisen haben und könnte dabei die Weichen auf Erfolg stellen. Für Musk wäre es nur schon ein Upgrade, wenn er nicht wieder seinen Geburtstag auf dem Firmensofa feiern müsste.
Tesla-Gründer im Interview: «Die Schweiz leistet Beeindruckendes»
Martin Eberhard, einer der zwei Gründerväter von «Tesla Motors» mit seinem «Baby» in der Hand: Das erste Tesla-Modell namens Roadster wurde 2003 anfänglich noch in Handarbeit und äusserst limitierten Stückzahlen hergestellt. 15 Jahre später gilt das Elektroauto-Startup als wichtigste Autofirma der USA.
Bild: Bluewin
Mit einer Idee in den frühen 2000er-Jahren begann alles: «Wie verhelfen wir dem Elektroauto zum Durchbruch?», fragte sich der kalifornische Ingenieur.
Bild: Tesla
Das fragten sich die beiden Jugendfreunde Marc Tarpenning (links) und Martin Eberhard (rechts). Sie wussten: Schön muss es sein, ihr Elektroauto - und sportlich!
Bild: Tesla
2003 gründeten die beiden dann «Tesla Motors» - ein Elektroauto-Startup, benannt nach dem serbsichen Erfinder des elektrischen Induktionsmotors - Nikola Tesla.
Bild: Stanford University
Um der Firma zu Wachstum zu verhelfen, holten die beiden Firmengründer dann den Unternehmer Elon Musk an Bord: Er sollte dem Startup mit wichtigen finanziellen Mitteln zur Seite stehen.
Bild: Tesla
Musk wurde zum Firmenchef ernannt und er steuerte die junge Firma durch die finanziellen Turbulenzen, die am Anfang jedes Start-Ups stehen. 2500 Stück des «Roadster» stellte Tesla zwischen 2008 und 2012 her.
Bild: Tesla
Die gewonnenen Erfahrungen aus der Roadster-Produktion setzte Tesla dann ein, um 2012 sein erstes richtiges Serien-Fahrzeug zu lancieren: Das Tesla Model S. Die elektrische Limousine entwickelte sich zum weltweiten Verkaufsschlager.
Bild: Tesla
2015 folgte dann - auf der selben Technologie aufbauend - das Tesla Model X: Der erste Elektro-Geländewagen. Mit seinen nach oben öffnenden Flügeltüren sorgt es auf den Strassen für viel Aufsehen. Doch die Entwicklung geht weiter:
Bild: Tesla
2017 markiert den Produktionsbeginn eines «günstigen» Tesla: Seit diesem Jahr wird das «Model 3» hergestellt. Es soll mit einem Einstiegspreis von rund 35'000 Franken die Elektromobilität für mehr Menschen erschwinglich machen - und dabei ein «Tesla» bleiben.
Bild: Tesla
Begonnen hatte Martin Eberhards Tech-Karriere zwar schon mit Batterien, aber in einem anderen Berufsfeld: Schon früh faszinierte ihn das Konzept der e-Books. Mit dem «Rocket Book» lancierte er die Gerätekategorie.
Bild: Keystone
Tesla-Gründer Martin Eberhard kam im September für einen Besuch am «Digital Festival» nach Zürich. Hier stellte er sich auch einer Podiumsdiskussion und beantwortete Fragen zu den frühen Tagen von Tesla, seiner jetzigen Arbeit und der Notwenigkeit, auf alternative Antriebe umzustellen.
Bild: Bluewin
«Tesla»-Gründer Martin Eberhard (links) im Interview mit «Bluewin»-Redaktor Pascal Landolt.
Bild: Bluewin
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2015 folgte dann - auf der selben Technologie aufbauend - das Tesla Model X: Der erste Elektro-Geländewagen. Mit seinen nach oben öffnenden Flügeltüren sorgt es auf den Strassen für viel Aufsehen. Doch die Entwicklung geht weiter:
Bild: Tesla
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