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Allrad und Akku Tesla im Winter-Test: Wie fährt sich der Stromer auf Schnee und Eis?
Pascal Landolt
18.2.2018
Fahren auf Schnee und Eis ist für alle Autofahrer eine Herausforderung. Was gilt es dabei zu beachten? Und welche Vorteile haben Elektro-Autos wie ein Tesla unter Winter-Bedingungen? Antworten auf diese Fragen und drei wichtige Tipps erhält «Bluewin» bei einem Fahr-Training im Schnee.
Durch die Frontscheibe starre ich auf die weisse Wand vor mir, die bedrohlich näher kommt, während es in der Kabine rumpelt und schüttelt. Mit dem Fuss trete ich das Bremspedal voll durch, um 2700 Kilogramm Aluminium, Stahl und Batterien auf verschneiter Strasse zum Stillstand zu bringen. 20 Meter und eine gefühlte Ewigkeit, nachdem ich den Bremsbefehl erhalten hatte, ist es nun ganz still in der Fahrerkabine.
Die weisse Herausforderung auf der Strasse
Ich befinde mich im österreichischen Alpbachtal und sitze in einem Model X. Mit dem Geländewagen des Elektroauto-Herstellers Tesla nehme ich an einem Winterfahr-Training teil, das vom Österreichischen Automobil-Club (ÖAMTC) durchgeführt wird. Dabei werde ich in den Allrad-Modellen Model S und Model X von Tesla über verschneite Fahrbahnen und durch den Tiefschnee gehetzt - immer unter den wachsamen Augen der Profis.
Ziel des Kurses ist, ein Gefühl dafür zu erhalten, wie sich die Elektroautos auf Schnee verhalten und wie ich auch auf rutschigen Fahrbahnen sicher bleibe.
Galerie: Ein Tag mit Tesla Model S und Model X auf Eis und Schnee
Warum einen Tesla im Schnee testen?
Schweizer Auto-Käufer sind absolute Allrad-Fans, was wohl nicht zuletzt mit der Geographie unseres Landes und dem relativen Wohlstand zu tun hat.
Da Elektroautos in der Schweiz stark am kommen sind, sich die meisten Elektroauto-Käufer hierzulande für ein Modell von Tesla entscheiden und alle Tesla-Autos von Haus auf mit einem Allrad-Antrieb ausgestattet sind, wollen wir mit diesem Test in Erfahrung bringen, ob ein solches Elektro-Auto ein geeignetes Fahrzeug für Schweizer Ansprüche im Schnee ist.
Wie wohl fühlen sich Elektro-Autos im Schnee?
Elektroautos haben gegenüber Modellen mit Verbrenner-Antrieb einige Vorteile bei schwierigen Strassenverhältnissen. Zum Einen sorgt das höhere Gewicht durch den Akku dafür, dass sich das Profil der Räder gut in den Schnee eingraben kann. Wie bei allen modernen Autos sorgt das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) dafür, dass die Räder beim Anfahren nicht durchdrehen, auch wenn der Fahrer voll aufs Pedal tritt.
Bei einem drohenden Ausbrechen des Fahrzeugs bremst die Elektronik zudem einzelne Räder gezielt ab, was bei Elektroautos wie dem Tesla noch effizienter ist: Grund ist das digitale Allrad-System mit dem Front- und Heckmotor, das im Vergleich zum konventionellen Antrieb mit Kardanwelle deutlich schneller und präziser agieren kann. Bei Tesla-Motoren wird das Drehmoment rund 100 Mal pro Sekunde angepasst.
Zu guter Letzt hilft auch die verstellbare Fahrwerkhöhe bei Model S und Model X für Entlastung in unwegsamem Gelände und bei Tiefschnee.
Technik schützt vor Übermut nicht
Ganz ohne Zwischenfälle kommt auch dieser durch-organisierte Trainings-Tag nicht aus: Zuerst setze ich meine Model-S-Limousine in einer langsamen Spitzkehre in den Tiefschnee. Da ist kein Weiterkommen: Der Schneehaufen hat mich aufgebockt, die Räder drehen in der Luft.
Mit einem Pistenfahrzeug werde ich aus meiner misslichen Lage befreit. Später finde ich heraus, was mich hätte retten können: Hätte ich das Luft-Fahrwerk vor dem Losfahren auf «Extra hoch» gestellt, hätten die zusätzlichen paar Zentimeter Bodenfreiheit vermutlich gereicht, um diese Situation zu verhindern.
Und kurz vor Abschluss, auf einer der letzten Trainingsrunden, kracht es dann doch noch: Die spanischen Journalisten-Kollegen wollten für den Slalom im Schneetunnel die Bestzeit auf die iberische Halbinsel holen. Rasant kommen sie um die Kurve auf die Schlussgerade und bohren die rechte Seite ihres Model X in die Schneewand.
Da klopft Hakan Nilsson, ein saisonierter schwedischer Auto-Experte, an mein Fenster: «Lass dich nicht verrückt machen: Die waren zu schnell unterwegs und haben dann viel zu spät erst in der Kurve gebremst. So ist das Auto einfach weiter geschlittert, weil die Räder keinen Vortrieb hatten.» Ich atme druch: Wieder etwas gelernt und in der letzten Kurve behalte ich dann einen kühlen Kopf, auch wenn's wohl für den Rundenrekord nicht reicht. Sebastian Vettel muss ja auch nicht auf Schnee fahren.
Drei goldene Regeln fürs Fahren im Schnee
Manuel Reheis, Instruktor beim ÖAMTC, gibt uns die drei wichtigsten Punkte auf den Weg, die ein Fahrer auf Schnee und Eis beachten muss:
1. Geschwindigkeit anpassen: Der wichtigste Faktor bei nasser oder rutschiger Fahrbahn und auch die Variable, die sich am schnellsten vom Fahrer beinflussen lässt.
2. Gefühlvoll lenken: Keine wilden Lenkbewegungen, sondern die Reifen ihren Weg im Schnee finden lassen.
3. Richtige Reifenwahl: Die wohl wichtigste Entscheidung, die man vor der Fahrt treffen kann. Gerade bei Winterreifen lohnt sich die Investition in hochwertige Reifen, wobei Markenhersteller oft solide Qualität liefern.
Ins Reich der Legenden verbannt hingegen sein Kollege Werner Tschertscheck den Tipp, Luft abzulassen, um die Reifen weicher zu machen und damit mehr Grip zu erhalten: «Der Reifendruck sollte immer den Empfehlungen des Herstellers entsprechen. Alles Andere sind Experimente.»
Ebenfalls kompensiere auch ein Allrad-Antrieb keine schlechten Reifen. «Auf der Fläche der Grösse deiner Handfläche spielt sich der ganze Kontakt zwischen Auto und Boden ab. In gute Reifen zu investieren ist das Mindeste, was du tun kannst», so Tschertscheck weiter.
Die beliebtesten Elektro-Autos in Europa:
Und sonst - Elektro im Schnee: Tut das weh?
Elektroautos - sind das nicht einfach nur Schönwetter-Fahrzeuge? Das mag früher zugetroffen haben, als Elektroautos noch wie Golf-Karts aussahen. Viele Modelle bieten heute aber beispielsweise die Möglichkeit, die Fahrerkabine vorzuheizen - ein Segen bei kalten Aussentemperaturen. Die Energie dafür kommt aus dem grossen Akku-Pack, was den Vorgang einfacher macht als bei Verbrennermotoren. Im Praxistest mit einem Tesla Model S 85D kostet das 20-Minütige Vorheizen der Kabine auf angenehme 21 Grad bei -3 Grad Aussentemperatur etwa 3 Kilometer Reichweite.
Stichwort Reichweite: Moderne Elektroautos verfügen über ein Batterie-Temperatur-Management, damit der Akku weder zu heiss noch zu kalt wird. Das Warmhalten der Batterie braucht natürlich Energie, weswegen ein Tesla, der im Winter draussen in der Einfahrt steht, pro Tag etwa Strom für 6-8 Kilometer Fahrt verbraucht. Ist die Batterie aber auf Betriebstemperatur, ist der Energieverbrauch nicht spürbar höher als bei mildem Klima.
Österreich - Schweiz in einer Akkuladung
Bei unserem Test-Tag im Schnee stieg der Energieverbrauch der Autos zwar zeitenweise von den üblichen 200-300 Wh/km beim Driften und Racen mit Kabinenheizung und allen Sitzwärmern an schon mal auf 1700, doch alle Autos schafften es mühelos durch einen ganzen Tag voll Action auf Schnee und Eis. Das ist vor allem den grossen Akku-Packs mit 100 Kilowattstunden (KWh) Kapazität zu verdanken. Keine Angst muss man sich übrigens vor nassen Akkus im Tiefschnee oder Kurzschlüssen machen: Das Batterie-Pack ist bei Tesla wasserdicht und stossfest versiegelt.
Für die 350 Kilometer weite, knapp über vier Stunden lange Rückfahrt von Alpbach nach Zürich berechnete der Bordcomputer unseres Model X übrigens bei voll geladenem Akku eine Rest-Reichweite von 17% bei Ankunft am Zielort. Wäre die österreichische Küche auf dem Weg nicht so verlockend gewesen, hätten wir die Heimfahrt ohne Unterbrechung geschafft.
Hinweis: Die Teilnahme von «Bluewin» am Winter-Sicherheitstraining im österreichischen Alpbachtal wurde durch Tesla Schweiz ermöglicht.
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