Industriespionage Huawei soll über Jahrzehnte geklaut haben

dj

27.5.2019

Alles nur geklaut? Huawei soll über Jahrzehnte bei Konkurrenten abgeguckt haben.
Alles nur geklaut? Huawei soll über Jahrzehnte bei Konkurrenten abgeguckt haben.
Keystone

Der Aufstieg Huawei sei durch massenhafte Industriespionage ermöglicht worden, so der Vorwurf in US-Medien.

Huawei steht derzeit mächtig unter Druck seitens der US-Regierung. Wegen vorgeblicher Sicherheitsbedenken und Vorwürfen der Spionage für die chinesische Regierung haben die USA Huawei mit massiven Sanktionen belegt, die die Existenz Huaweis als global agierendes Tach-Unternehmen in Frage stellen könnten.

Doch den Chinesen wurde immer wieder auch Industriespionage vorgeworfen, nun nochmals in einem umfangreichen Artikel des «Wall Street Journals». Dessen Schlussfolgerung: Huaweis Aufstieg ist seit Jahrzehnten eng mit dem Diebstahl von Urheberrechten und Technologie anderer Unternehmen verbunden. Das «Wall Street Journals» erzählt dafür die Geschichte Huawei nach und liefert zahlreiche Beispiele für mindestens dubioses Verhalten.

Rechtschreibfehler übernommen

Bereits 2003 gab es die erste Klage gegen Huawei wegen Urheberrechtsverletzungen. In Router-Software und -Handbücher von Huawei wurden teilweise wortwörtlich Passagen von Cisco übernommen, inklusive Rechtschreibfehler. Als Cisco-Manager den Huawei-Gründer und CEO Ren Zhengfei damit konfrontierten, antwortete dieser nur mit einem Wort: «Zufall». In einem gerichtlichen Vergleich räumte Huawei später ein, Teile von Cisco-Software kopiert zu haben.

Ren Zhengfei ist Gründer und CEO von Huawei. Seine Tochter kämpfte gerade in Kanada gegen eine Auslieferung an die USA. 
Ren Zhengfei ist Gründer und CEO von Huawei. Seine Tochter kämpfte gerade in Kanada gegen eine Auslieferung an die USA. 
Keystone

Das nächste Beispiel stammt auch dem Sommer 2004. Bei einer Fachmesse in Chicago wurde eine Huawei-Mitarbeiter dabei erwischt, wie er abends durch die fast verlassenen Messehallen lief, dort ausgestellte Tech-Geräte öffnete und Fotos von ihrem Innenbau machten. Der Mann sagte danach, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass Fotografie nicht erlaubt sei.

In 2007 wurde eine Mitarbeiterin von Motorola festgenommen, weil sie Geschäftsgeheimnisse an Huawei verraten haben soll. 2012 wurde sie dafür zu vier Jahren Haft verurteilt. Motorola selbst verklagte Huawei deswegen, zog die Klage aber später zurück. Zuvor hatte das chinesische Handelsministerium einen Verkauf von Motorolas Netzwerksparte genehmigt — nachdem man diesen über lange Zeit hinweg blockierte.

Abhörsicherer Raum

Auch wenn es darum ging, neue Mitarbeiter mit Wissen über relevante Technologien zu gewinnen, ging Huawei ziemlich aggressiv vor. In Stockholm beispielsweise etablierte Huawei Anfang der Nullerjahre seine Niederlassung direkt gegenüber dem Sitz von Ericsson, dem einstweiligen Marktführer bei Netzwerktechnologie. Das erwies sich als besonders praktisch für Huawei.

Falls es mal wieder Entlassungen bei Ericsson gab, wurden Huawei-Manager mit Geldbündeln in Kneipen in der Umgebung geschickt, um sich mit den nun ehemaligen Ericsson-Mitarbeitern zu verbrüdern und sie vielleicht zu rekrutieren. Als es 2010 bei Ericsson in Lund Massenentlassungen gab, eröffnete Huawei wenige Monate später ein eigenes Forschungzentrum in der südschwedischen Stadt.

In seinen ausländischen Niederlassungen hatte Huawei aber häufig einen speziellen abhörsicheren Raum im Keller, den nur die chinesischen Mitarbeiter betreten durften. Das «Wall Street Journal» insinuiert, dass diese Räume für die Industriespionage genutzt wurden, um dort etwa Produkte von Konkurrenten auseinanderzunehmen.

Auch beim «kleinen Mann» gestohlen?

Aber nicht nur bei grossen Tech-Unternehmen soll Huawei abgeguckt haben. Der portugiesische Ingenieur Rui Oliveira stellte Huawei 2014 sein Design für eine externe Smartphone-Kamera vor. Es kam zu keiner Zusammenarbeit aber drei Jahre später lancierte Huawei eine Kamera, die laut Oliveira quasi identisch zu seinem Design war. Der Rechtsstreit in diesem Fall ist noch am laufen.

Ein Hobby-Musiker wiederum wirft Huawei vor, ein von ihm komponiertes Lied ohne Genehmigung mit Geräten ausgeliefert zu haben. Der Song «A Casual Encounter», den der Kindergarten-Erzieher Paul Cheever unter seinem Künstlernamen The Cheebacabra veröffentlichte, wurde von Huawei auf Millionen Smartphones und Tablets gepackt. Auch hier ist der Rechtsstreits noch offen.

Huawei sieht die ganzen Vorwürfe freilich als haltlos an und verweist auf die eigene Entwicklungsabteilung, deren Budget nur noch Apple und Samsung nachstehen würde. Ausserdem geht Huawei nun auch offensiv an die Öffentlichkeit, um die eigenen Positionen darzustellen, etwa mit dem Twitter-Account «@HuaweiFacts». Dort teilte das Unternehmen auch ein Interview mit Ren, in dem dieser sagt, dass es wahrscheinlicher sei, dass die USA von China stehlen würden als umgekehrt.

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